Kurs der Aktie um 40 Prozent gestiegen

Gerüchte um ein Stühlerücken bei den Bull-Gesellschaftern

14.05.1999
PARIS (CW) - Der französische Computerkonzern Bull bekommt möglicherweise einen neuen Großaktionär. Darauf deuten Äußerungen von Vorstandschef Guy de Panafieu hin.

Erste Spekulationen über den bevorstehenden Einstieg eines neuen Investors kursieren seit Anfang vergangener Woche an der Pariser Börse. Verstärkt wurden die Gerüchte dann noch durch Äußerungen des Bull-Chefs im französischen Wirtschaftsblatt "Tribune". "Der Staat will sich von seinen Anteilen trennen und bemüht sich intensiv um den Einstieg eines neuen Partners bei Bull", gab de Panafieu dort in einem Interview zu Protokoll.

Die Einlassungen des Bull-Chefs sind an sich nichts Neues. Seit längerem steht fest, daß sich der französische Staat im Zuge der 1995 eingeleiteten Privatisierung des Konzerns auch von seinen restlichen 17,4 Prozent des Bull-Kapitals trennen wird. Interessant ist daher nicht daß, sondern an wen der Fiskus in Paris im Zweifel verkaufen wird. Im Gespräch waren immer wieder die anderen drei Großaktionäre France Télécom, NEC und Motorola, die derzeit ebenfalls je 17,4 Prozent der Bull-Anteile halten. Die zuletzt wenig berauschenden Ergebnisse der Japaner und Amerikaner lassen jedoch ein solches Investment als eher unwahrscheinlich erscheinen. Auch die noch halbstaatliche France Télécom gilt angesichts der jüngsten Turbulenzen im Bündnis mit der Deutschen Telekom sowie den damit verbundenen Umwälzungen im europäischen und weltweiten TK-Markt nicht gerade als heißer Tip.

Vieles spricht also dafür, daß ein neuer Großaktionär die Bühne betritt. De Panafieu selbst verstärkte eine entsprechende Erwartungshaltung, indem er in besagtem Interview eine "Erweiterung des bestehenden Gesellschafterkreises" nicht ausschloß. Die Börse in Paris quittierte die Bemerkungen des Bull-Chefs mit entsprechender Kursphantasie; die Aktie legte binnen drei Handelstagen um rund 40 Prozent zu.

Wer der große Unbekannte ist, scheint noch offen. Während man in Börsenkreisen offenbar von einem neutralen Investor, etwa in Gestalt eines angelsächsischen Pensionsfonds, ausgeht, dürfte dem Bull-Management wohl eher an einem neuen strategischen Partner gelegen sein. Auch, weil sich die Gerüchte mehren, Motorola und NEC wollten sich von einem Teil ihres Bull-Kapitals wieder trennen. Noch immer gilt das Unternehmen, das in den vergangenen zwei Jahren versucht hat, sich von einer Hardware- zu einer Software- und Service-Company zu wandeln, als für den globalen Wettbewerb zu klein. Allerdings konnten die Franzosen, nachdem der Umsatz im vergangenen Jahr mit umgerechnet rund 1,9 Milliarden Mark im Vergleich zu 1997 nahezu stagniert hatte, im ersten Quartal 1999 mit Einnahmen in Höhe von knapp 400 Millionen Mark ein gut zehnprozentiges Wachstum hinlegen.