Geruechte um Big Blue und Intel Angeblich plant IBM Produktion von Intel-kompatiblen Prozessore

03.09.1993

MUENCHEN (CW) - Informationen zufolge, die das "Wall Street Journal" von Offiziellen aus der Industrie erhalten hat, plant IBM, Intel-Prozessoren zu klonen.

Nach den Aussagen der Brancheninsider gibt es aber noch keine Details dazu, wann die IBM-Prozessoren auf den Markt kommen sollen. In den USA aeusserten sich weder Big Blue noch Intel zu der Angelegenheit. Die Sprecherin der Intel Semiconductor GmbH in Feldkirchen bei Muenchen, Birgit Fischer, liess sich nur zu der Bemerkung herbei: "Wir wissen, dass IBM immer wieder Interesse verlauten liess, die zwischen uns getroffene Lizenzvereinbarung zu lockern."

Nach diesem Abkommen ist Big Blue berechtigt, Intels X86- Prozessoren sowie die SLC386 und 486LC und den "Blue-Lightning"- Chip (mit Taktrate bis zu 100 Megahertz) zu bauen. IBM ist bei der Produktion fuer den Eigenbedarf an eine limitierte Stueckzahl gebunden. Brancheninsider sprechen von zehn Prozent, allerdings bestaetigen weder IBM noch Intel diese Angabe.

Big Blue darf auch Veraenderungen an den CPUs vornehmen. Auf die Technologie hat wiederum Intel Zugriffsrechte. Die Armonker sind, wie Unternehmenssprecher Gerhard Feucht mitteilte, ferner berechtigt, diese Prozessoren auf Modulen an dritte Hersteller, mit denen OEM-Vereinbarungen bestehen, zu vertreiben. Feucht, der sich zu den Geruechten nicht weiter aeusserte, betonte, die Vereinbarung mit Intel gestalte sich "zur beiderseitigen Zufriedenheit".

Sollten sich die kursierenden Geruechte bestaetigen, hat IBM moeglicherweise rechtliche Probleme zu gewaertigen, die sich aus der Entwicklung eines Intel-kompatiblen Prozessors ergeben, der nicht auf das Design des Prozessormarktfuehrers zurueckgreift. Firmen wie Advanced Micro Devices (AMD), Chips & Technologies sowie Cyrix haben wiederholt vor Gericht erfahren muessen, dass Intel nachdruecklich Wert auf die Achtung seiner Patentrechte legt.

Ausserdem startet Big Blue Mitte September eine weitere Offensive, wenn die ersten mit dem RISC-Prozessor Power-PC ausgestatteten Rechnersysteme auf den Markt kommen. Den von Motorola und IBM produzierten Power-PC-Chip positionieren die Unternehmen direkt gegen Intels Pentium-CPU, sei er doch mindestens ebenso leistungsfaehig wie dieser, koste jedoch erheblich weniger. Power- PC-Systeme koennten, so die Ueberlegung von Brancheninsidern, negativ auf IBMs Geschaeft mit den angeblich in der Planung befindlichen eigenen Intel-kompatiblen Prozessoren einwirken.