Risikominimierung beim Leasing durch Dritte:

Geringe Haftungsbasis verlangt Sicherheiten

26.04.1985

Dipl.-Betriebswirt Wolfgang Nahlik*

Leasinggeschäfte sind immer mit Risiko beladen. Was geschieht, wenn der Leasingnehmer den Gang zum Konkursrichter antreten muß? Eine Frage, die bei der heutigen Insolvenzwelle gar nicht so unpopulär ist. Hier wird der Versuch unternommen, die in der Praxis vorkommenden Möglichkeiten der Sicherheitenstellung durch Dritte näher auszuleuchten. Den rechtlichen, wirtschaftlichen und bilanziellen Gesichtspunkten wird dabei Rechnung getragen.

Die Insolvenzstatistik der vergangenen Jahre zeigt deutlich, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen tendenziell verschlechtert haben. Insgesamt 12018 Betriebe offenbarten im Jahre 1984 dem Amtsrichter ihre aussichtslose Finanzlage, davon rund drei Viertel GmbHs und GmbH & Co. KGs.

Besonders gefährdet sind mittelständische Unternehmen, da diese im Vergleich zu Großbetrieben nicht die Möglichkeit einer differenzierten Arbeitsteilung haben. Die Komplexität des wirtschaftlichen Tätigseins äußert sich in steigender Vielfalt interdependenter Einflußfaktoren, wobei die Führung häufig nicht rechtzeitig und richtig reagiert, da meist ein entscheidungsorientiertes Rechnungswesen fehlt.

Neben Betriebsführungsproblemen gibt es auch finanzielle Probleme, wobei dem Eigenkapital eine Schlüsselfunktion zukommt. Ohne ausreichende Eigenkapitalausstattung ist keine Übernahme wirtschaftlicher Risiken und Sicherung vorhandener Arbeitsplätze gegeben, bei eingeschränkter Möglichkeit der Fremdfinanzierung. Nach der Unternehmensbilanzstatistik der Deutschen Bundesbank hat sich die Eigenkapitalquote trendmäßig von 1965 = 30 Prozent auf inzwischen 18 Prozent zurückgebildet.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Qualität des Managements und die Beschaffung zukunftsorientierter Informationen, ein Überblick über die Angebotspalette, den Umsatz- und Ergebnisanteil der Produkte, deren Lebenszyklus, die Absatzchancen und Beschaffungsrisiken sowie Finanzplanungsrechnungen für einen überschaubaren Zeitraum, an Bedeutung. Anhand von Frühindikatoren, die sowohl aus Vergangenheits- als auch Gegenwartszahlen abgeleitet werden, läßt sich eine zusätzliche Risikoeinschätzung vornehmen.

Zusätzliche Sicherung bei geringer Haftungssubstanz

Ist die Haftungssubstanz und Ertragskraft zu gering beziehungsweise der Planungshorizont zu unsicher, stellt sich gerade beim Computerleasing die Notwendigkeit nach einer zusätzlichen Besicherung. Denn hier haben wir es mit Produkten zu tun, die einen sehr begrenzten Verwertungsmarkt haben. Die Mehrzahl der Produkte kann aufgrund der raschen und schnellen technischen Entwicklung häufig schon nach einigen Jahren nicht mehr zu den Restbuchwerten veräußert werden, die Laufzeit der Leasingverträge - bis zu 72 Monaten - läßt kaum noch einen Überblick über die zukünftige Ertragslage eines Unternehmens

gegen Ende der Vertragslaufzeit zu.

Aus der Palette der in Frage kommenden Sicherheiten kommt den Grundschulden, der Sicherungsübereignung von Gegenständen des Umlaufvermögens sowie der Abtretung der Rechte und Ansprüche aus Lieferungs- und Leistungsforderungen keine größere Bedeutung zu, so daß wir diese vernachlässigen können.

Insbesondere bei Rechtsformen mit einer abgeschlossenen Vermögensmasse (GmbH und GmbH & Co. KG) ist es aufgrund der häufig zu geringen Haftungsbasis vonnöten den Haftungsumfang durch die Stellung von Gesellschafterbürgschaften zu erweitern, zumal durch vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten wesentliche Teile der Gewinne in den Privatbereich transferiert werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß das Bürger-Vermögen nur in seinem wechselnden Bestand als Sicherheit dient und andere Gläubiger des Bürgen die gleichen Zugriffsmöglichkeiten haben.

Üblicherweise beinhalten die Bürgschaftsurkunden den "Verzicht der Einreden der Vorausklage, Aufrechnung und Anfechtung". Die üblichen "selbstschuldnerischen Bürgschaften" werden meist als Höchstbetragsbürgschaften hereingenommen", mit zusätzlicher Haftung für noch anstehende Zinsen, Provisionen, Spesen und Kosten. Dabei können sich auch eine Mehrheit von Bürgen für dieselbe Hauptschuld - sei es gemeinschaftlich oder unabhängig voneinander - verbürgen.

Eine besondere Form der Bürgschaft stellt die Ausfallbürgschaft dar, bei der der Bürge dem Gläubiger nur für den Ausfall einsteht, den der Gläubiger einer Forderung definitiv erleidet. Der Gläubiger muß in diesem Falle zunächst vom Hauptschuldner Befriedigung suchen und kann sich erst dann an den Bürgen halten, wenn er nachgewiesen hat, daß ein Ausfall definitiv feststeht.

Bankbürgschaften decken beim Leasing nicht alles ab

Auch die Stellung von Bankbürgschaften ist Usance, deckt jedoch meistens nur einen Teil des Leasingengagements ab. Aus Kostengründen kann zudem vereinbart werden, daß mit Abbau des Leasingengagements sich die von der Bank gestellte Bürgschaft ebenfalls quotal ermäßigt, so daß die Avalprovision sukzessive absinkt.

Im Gegensatz zur akzessorischen Bürgschaft ist der Garantievertrag gesetzlich nicht geregelt, dennoch im Schuldrecht ein gleichwohl zulässiges Rechtsinstitut. Der Garantievertrag unterscheidet sich von der Bürgschaft insoweit, als er nicht die Haftung für eine fremde Schuld begründet, sondern völlig unabhängig von einer solchen den Ersatz eines Schadens oder die Gewährleistung eines bestimmten Erfolges verspricht. Werden Bürgschaften und Garantien von Ausländern hereingenommen, muß eine Vereinbarung über die anzuwendenden Rechtsordnungen getroffen werden, wobei stets auch das jeweilige Recht im Heimatland des Bürgen berücksichtigt werden muß, will man keine unliebsamen Überraschungen erleben.

Mitunter, zum Beispiel bei Betriebsaufspaltungen, kommt es zur Begründung von Gesamtschuldverhältnissen, wobei es im Interesse der Beteiligten liegen muß, daß die gesamtschuldnerische Mithaft rechtsverbindlich vereinbart wird. Sofern sämtliche Mithaftende Mieter sind, genügt die Vereinbarung, daß der Leasingvertrag absprachegemäß unter der Haftung der Mieter als Gesamtschuldner als abgeschlossen gilt. Ist dagegen nur einer der Hai; wenden Mieter, so ist die vertragliche Vereinbarung aufzunehmen, daß der Nichtmieter für die Leasingforderung die gesamtschuldnerische Haftung übernimmt und sein Einverständnis erklärt, daß alle Rechtshandlungen gegenüber dem Mieter auch ihm gegenüber - ohne weitere Erklärung - Gültigkeit habe.

Mit "Patronatserklärung" findet man in der Praxis eine Vielzahl von Erklärungen bezeichnet, die - bei unterschiedlichem Rechtsgehalt - ihre Gemeinsamkeit regelmäßig darin haben, daß eine Muttergesellschaft einem Kreditgeber ihrer Tochter zur Förderung oder Erhaltung der Kreditbereitschaft Maßnahmen und Unterlassungen in Aussicht stellt oder zusagt. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, mit dem eine Gewährleistung bezweckt wird, beispielsweise das Einstehen für einen Erfolg oder eine Leistung oder für den Nichteintritt eines bestimmten Nachteils oder Schadens.

Die Patronatserklärung ist deshalb stets daraufhin zu prüfen, ob durch sie in vorstehendem Sinne Gewähr geleistet wird. Bei der Vielzahl der Erscheinungsformen der Patronatserklärung dürfte es nahezu ausgeschlossen sein, ein alle Formen abdeckendes Ordnungssystem zu finden. Die gebräuchlichsten Patronatserklärungen lassen sich auf fünf Grundformen zurückführen:

- das Gesellschaftsverhältnis mit der Tochter beizubehalten,

- den Unternehmensvertrag mit der Tochter nicht zu ändern, aufzuheben oder zu kündigen,

- die Tochter dahin zu beeinflussen, daß sie ihren Verbindlichkeiten nachkommt, die Tochter finanziell so ausgestattet zu halten, daß sie ihren Verbindlichkeiten (aus dem Kreditvertrag) nachkommen kann,

- eine bestimmte Kapitalausstattung bei der Tochter aufrechtzuerhalten .

Probleme mit ausländischen Patronatsgebern

Während die Grundformen 1 und 2 in der Regel keine Gewährleistungspflicht auslösen, sind die Grundformen 4 und 5 mit einer Gewährleistung verbunden. Die Grundform 3 hat ebenfalls Gewährleistungscharakter, wenn die Muttergesellschaft das Versprechen der Einflußnahme mit der Zusage verbindet, die Tochter in die Lage zu versetzen, den Verbindlichkeiten nachkommen zu können oder dafür sorgen zu wollen, daß die Tochter ihre Verbindlichkeiten erfüllt.

Ist die Patronatserklärung bezüglich ihrer rechtlichen Substanz im Inland noch relativ gut auszuleuchten, ist dies bei Patronatsgebern mit Sitz im Ausland wesentlich komplexer. In diesem Zusammenhang darf auch auf die Ausführungen zu Garantien Bezug genommen werden. Patronatserklärungen sind insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine Gesellschaft nicht mit einer Obergesellschaft aufgrund eines Unternehmensvertrages verbunden ist.

Da Beteiligungsunternehmen auch von der Obergesellschaft beeinflußt werden, ist deren Ertragskraft häufig eine Auswirkung dispositiver Einflußnahmen. Derartige Einflußnahmen können faktisch oder aber durch den Abschluß von Unternehmensverträgen vorgenommen werden. Die wesentlichen Unternehmensverträge sind im Artikel 291 AktG. geregelt, Unternehmensverträge sind dabei als Verträge charakterisiert, durch die eine Aktiengesellschaft oder KGaA die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag) .

Besteht ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag, so hat der andere Vertragsteil jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, daß den freien Rücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer eingestellt worden sind. Diese Verlustübernahme, die in Artikel 302 AktG. geregelt ist - und auch für Verträge mit einer GmbH Gültigkeit haben dann - , gibt bei Engagements mit den entsprechenden Untergesellschaften eine gewisse Sicherheit, wenn vereinbart wird, daß die Aufhebung des Beherrschungs- beziehungsweise Ergebnisübernahmevertrages nicht ohne Zustimmung der Leasinggesellschaft erfolgt.

Es ist darauf hinzuweisen, daß die Haftung des Organträgers nach Beendigung eines Gewinnabführungsvertrages für Schulden der Tochter je nachdem, ob es sich bei dieser um eine Aktiengesellschaft oder KGaA auf der einen Seite oder GmbH auf der anderen Seite handelt, unterschiedlich ist. Der Gläubigerschutz nach Aktienrecht greift nicht ein, wenn eine nicht in der Form der AG oder KGaA betriebene Gesellschaft, "beherrscht" wird. Um auch für diese Fälle einen der aktienrechtlichen Regelung entsprechenden Gläubigerschutz darzustellen, ist von der Obergesellschaft eine separate Erklärung abzugeben.

Diese Erklärung sollte die Verpflichtung zum Inhalt haben, daß bei Beendigung des jeweiligen Unternehmensvertrages oder im Falle der Liquidation/Abwicklung der Untergesellschaft für die dann bestehenden Ansprüche gegen diese Gesellschaft entsprechend der Regelung des Artikel 303 AktG. Sicherheit geleistet wird. Ferner ist die Aufhebung des Unternehmensvertrages von der Zustimmung der Leasinggesellschaft abhängig zu machen.

In Einzelfällen ist es sicherlich möglich, eine Rückkaufs-Verpflichtung des Produzenten zu erhalten, jedoch stellt dies eher die Ausnahme dar, ebenso wie die Abtretung von Rückkaufswerten aus

Lebensversicherungen oder Depotverpfändungen.

Die Stellung von Zusatzsicherheiten durch Dritte erstreckt sich in der Regel auf deren persönliches Engagement, wobei nach dem geltenden Aktienrecht Eventualverbindlichkeiten, wenn ihre Passivierung nicht erfolgte, in der Bilanz in voller Höhe gesondert zu vermerken sind. Solche Verbindlichkeiten resultieren unter anderem aus Gewährleistungsverträgen.

Pflicht zur Berichterstattung nach neuem Bilanzrecht

Nach dem vorgesehenen neuen Bilanzrecht auf Basis der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtliniegesetz) besteht für offenlegungspflichtige Unternehmen ebenfalls eine Berichterstattungspflicht für die Sicherheiten und die Haftungsverhältnisse.

Die aktienrechtliche Unterscheidung zwischen Haftungsverhältnissen, die in der Bilanz zu vermerken oder im Geschäftsbericht anzugeben sind, wird aufgegeben, da Bilanz und Anhang gleichwertig nebeneinander stehen. Somit sind Bürgschaften aller Art auszuweisen, auch Rückbürgschaften, Ausfallbürgschaften sowie Kreditaufträge und bürgschaftsähnliche Rechtsverhältnisse. Als Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten sind Grundpfandrechte, Sicherungsübereignungen, Verpfändung beweglicher Sachen und Rechte auszuweisen.

Letztlich sei auch noch bemerkt, daß das Bilanzrichtliniegesetz im Artikel 272 EHGB vorschreibt, daß prüfungspflichtige Unternehmen im Anhang den Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz erscheinen oder anderweitig anzugeben sind - sofern diese Angaben für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung sind - , im Anhang anzugeben haben. Dazu gehören auch mehrjährige Verpflichtungen aus Miet- und Leasingverträgen.

*Wolfgang Nahlik ist Direktor im Firmenkunden-Geschäft einer großen deutschen Bank in Frankfurt .