Status der IT-Freiberufler rechtlich ungeklärt

Gerichte urteilen über Wettbewerbsverbote widersprüchlich

19.01.2001
Widersprüchlich sind die jüngsten Gerichtsurteile zur Frage, ob nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit IT-Freiberuflern in Form von Kundenschutzklauseln wirksam vereinbart werden dürfen. Während Gerichte im norddeutschen Raum IT-Freiberufler wie Arbeitnehmer einstufen, ist in Süddeutschland die Rechtsprechung genau umgekehrt: Hier sieht man in ihnen selbständige Unternehmer. Von Meinhard Erben*

Vor einem knappen Jahr berichtete die COMPUTERWOCHE (siehe CW 8/00, Seite 144) von einer Kehrtwende in der Rechtsprechung: Zu diesem Zeitpunkt wurden Wettbewerbsverbote mit IT-Freiberuflern von der damaligen Rechtsprechung überwiegend als wirksam eingestuft. Die neuesten Urteile weisen demgegenüber wiederum in eine andere Richtung, widersprechen sich jedoch zwischen den unterschiedlichen Gerichtshöfen und lösen so noch mehr Verwirrung aus, als ohnehin schon vorhanden.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat IT-Freiberufler mit folgender Begründung als arbeitnehmerähnliche Personen eingestuft: Die Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse als Einzelverträge mit Verlängerungsoptionen stelle sich rechtlich wie ein unzulässiges Kettenarbeitsverhältnis dar. Das sei höchstrichterlich geklärt. Genau umgekehrt bewertete das Oberlandesgericht Nürnberg den Sachverhalt. Hier wurde der IT-Freiberufler nicht als arbeitnehmerähnliche Person eingestuft. Dieses Gericht hat die höchstrichterliche Überprüfung nicht zugelassen, weil die Rechtsfrage nach seiner Auffassung bereits abschließend geklärt sei.

Die Entscheidungen der Gerichte enthalten einen unauflöslichen Widerspruch: Wenn die Sache höchstrichterlich geklärt wäre, hätte das Oberlandesgericht Nürnberg eine höchstrichterliche Entscheidung dazu zulassen müssen.

Tatsächlich ist die Sache jedenfalls für den IT-Freiberufler nicht höchstrichterlich geklärt: Es gibt zwar zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zum so genannten Eismann-Fall, der unter bestimmten Aspekten mit dem des IT-Freiberuflers verglichen werden kann. Allerdings wurde der Eismann beziehungsweise Eisverkäufer in die Selbständigkeit getrieben, während der IT-Freiberufler sich freiwillig für den Status des Selbständigen entschieden hat. Deshalb ist es nicht schlüssig, den IT-Freiberufler mit dem Eismann in einen Topf werfen.

Das Landesgericht Düsseldorf hat ebenso wie das Landesgericht Köln entschieden, dass der Freiberufler eine arbeitnehmerähnliche Person sei, und das Wettbewerbsverbot mangels Zusage einer Karenzentschädigung als unwirksam eingestuft. Anderer Ansicht waren das Landgericht München II sowie das Landgericht Stuttgart: Beide haben dem Antrag, der IT-Freiberufler möge seine wettbewerbswidrige Tätigkeit beim Endkunden unterlassen, stattgegeben.

Wenn man versucht, die verschiedenen Urteile miteinander zu vergleichen, kann man lediglich ein Nord-Süd-Gefälle erkennen: Die Gerichte in Norddeutschland, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, neigen dazu, den IT-Freiberufler als sozial schutzbedürftig wie einen Arbeitnehmer einzustufen und deshalb das Wettbewerbsverbot für unwirksam zu halten, wenn es keine Zusage einer Karenzentschädigung beinhaltet. Die süddeutschen Gerichte sehen den IT-Freiberufler eher als selbständigen Unternehmer, für den die Zusage einer Karenzentschädigung zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht erforderlich ist. Somit ist eine einheitliche Rechtsprechung bisher nicht gegeben.

*Meinhard Erben ist Rechtsanwalt in Neckergemünd.