Streit um Filesharing

Gericht stoppt Abmahn-Unwesen

11.07.2012
Von  und
Bettina Dobe war bis Dezember 2014 Autorin für cio.de.


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Bestreiten mit Nichtwissen

Im Übrigen gesteht der Senat dem Betroffenen auch zu, die Tatsache, dass Musikdateien über seinen Internetanschluss getauscht wurden, mit Nichtwissen zu bestreiten. Dies stellt eine erhebliche Erleichterung für die spätere prozessuale Beweisführung dar. Bislang gingen die Gerichte davon aus, dass die Betroffenen detailliert beschreiben müssen, wer, wann und wo Zugang zu ihrem Internetanschluss hatte. Teilweise gingen die Gerichte - so zuletzt das Amtsgericht München (Urteil vom 23.11.2011 Az. 142 C 2564/11) vgl. http://www.wbs-law.de/abmahnung-filesharing/kein-computer-kein-wlan-trotzdem-muss-rentnerin-abmahnkosten-wegen-filesharing-tragen-17951/ - sogar so weit, dass die Betroffenen nachweisen mussten, welche Fehler im Rückverfolgungsprozess denn aufgetreten sind bzw. wie sie wohl ins Visier der Ermittlungen gekommen sein können.

Betroffene könnten gezahlte Abmahngebühren zurückfordern

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke kommentiert dem Beschluss:

"Die Entscheidung führt in der Konsequenz dazu, dass Tausende Filesharing Abmahnungen als unwirksam anzusehen sind. Das Oberlandesgericht geht in seiner Entscheidung sogar so weit, dass selbst die unterzeichnete vorformulierte Unterlassungserklärung unwirksam ist, da sie den Schuldner - also den Tauschbörsen- Nutzer - unangemessen benachteiligt. Theoretisch könnte diese Entscheidung auch dazu führen, dass jetzt einige Betroffene bereits gezahlte Abmahngebühren wieder zurückfordern können. Explizit äußert sich das Oberlandesgericht Düsseldorf zu dieser Frage allerdings nicht.

Im Übrigen muss noch im Einzelfall geprüft werden, ob die Zahlung nicht im Wege der vergleichsweisen Einigung erfolgte. Zumindest ist jedoch klar, dass von denjenigen Tauschbörsen- Nutzern, die bislang die Zahlung verweigert haben, jetzt keinerlei Abmahngebühren mehr verlangt werden können. Seit einiger Zeit nennt die Hamburger Kanzlei Rasch in ihren Abmahnungen die getauschten Titel, bezieht die vorgefertigte Unterlassungserklärung aber nach wie vor auf das gesamte Werkrepertoire des jeweiligen Rechteinhabers. "

Weitreichende Folgen

Die Entscheidung aus Düsseldorf könnte also weitreichende Folgen für zukünftige Filesharing-Verfahren haben. Wichtig ist aus Sicht der Betroffenen vor allem die Feststellung, dass die Anforderungen an eine wirksame Abmahnung und vorformulierte Unterlassungserklärung gestiegen sind. (oe)

Das komplette Urteil ist hier zu finden:
http://www.wbs-law.de/abmahnung-filesharing/abmahnkanzleien/abmahnung-rasch-rechtsanwaelte/oberlandesgericht-dusseldorf-bezeichnet-filesharing-abmahnung-als-vollig-unbrauchbare-anwaltliche-dienstleistung-az-i-20-w-13211-19029/
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Informationen und Kontakt:

Christian Solmecke, LL.M., Rechtsanwalt, Partner in der Kölner Kanzlei Wilde, Beuger & Solmecke und Spezialist für Internetrecht. c/o Wilde, Beuger & Solmecke Rechtsanwälte, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672, Köln, Tel.: 0221 951563-23, E-Mail: solmecke@wbs-law.de, Internet: www.wbs-law.de