Rechtsinstrument wird zur Landplage

Gericht erlaubt Abmahnungen per E-Mail

26.10.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Abmahnung nur per E-Mail zugegangen, aber von Firewall abgefangen

Der Fall wurde bereits im Juli 2009 vor dem Landgericht Hamburg verhandelt (Urteil vom 07.07.2009, Az.: 312 O 142/09). Dabei ging es um die Frage, ob eine Abmahnung per E-Mail ausgesprochen werden darf und wann diese Mail als zugegangen angesehen werden kann.Der Sachverhalt des Rechtsstreits war folgender: Der Kläger mahnte ein Internet-Branchenportal wegen der rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Bezeichnung "Fachanwalt für Markenrecht" ab.

Die Besonderheit war, dass die Abmahnung einzig und allein per E-Mail an das Branchenportal verschickt wurde. Eine Kopie des Schreibens schickte der Anwalt per Blindkopie an einen Sozietätskollegen. Dort kam die E-Mail auch an. Der Beklagte behauptete allerdings, die E-Mail nicht erhalten zu haben, da sie durch die hausinterne Firewall abgefangen worden sei.

Das Urteil

Die Kläger erwirkten eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte. Anschließend stritten die Parteien aber über die Kosten des Verfahrens. Das Landgericht Hamburg entschied, dass die von einer Firewall abgefangene E-Mail als "zugegangen" zu beurteilen sei und das Risiko, dass eine solche E-Mail verloren gegangen sei, ganz bei dem Abgemahnten liege. Dem Gerichtsurteil nach sah das Gericht keine Probleme darin, dass die Abmahnung lediglich per E-Mail versandt worden war.

Problematisch in unseren Augen ist, dass das Gericht eine solche Abmahnung auch als zugegangen ansieht, wenn der Empfänger sie aufgrund widriger Umstände gar nicht bewusst wahrgenommen hat. Eine Firewall, ein überaktiver Spamfilter oder ein nicht abgerufener E-Mail-Account reichen da bereits aus, um zu verhindern, dass der Abgemahnte Kenntnis nimmt und Fristen einhalten kann.Es ist deshalb ratsam, sich vor Abmahnungen zu schützen, die nur per E-Mail verschickt werden, und die E-Mail-Post täglich zu sichten. Das gilt sicherheitshalber auch für den Inhalt des Spam-Filters. (oe)

Kontakt:

Christian Solmecke, LL.M., ist Rechtsanwalt, Partner in der Kölner Kanzlei Wilde, Beuger & Solmecke Rechtsanwälte, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672, Köln, Tel.: 0221 951563-23, E-Mail: solmecke@wbs-law.de, Internet: www.wbs-law.de