Überraschende Wendung in den Übernahmeverhandlungen:

Geplante Fusion Sperry-Burroughs geplatzt

21.06.1985

NEW YORK (cmd) - Schneller als erwartet sind die Fusionsgespräche zwischen Sperry und Burroughs geplatzt: Nur fünf Tage nach der gemeinsamen Ankündigung der beiden Unternehmen, man verhandele über einen Aktientausch, was de facto einer Übernahme von Sperry durch Burroughs gleichgekommen wäre, kam jetzt die Nachricht, man habe sich nicht über die Bedingungen einigen können.

Marktbeobachter in den USA prognostizieren vor allem für die Sperry Corp. äußerst negative Konsequenzen: Das Scheitern der Verhandlungen mit Burroughs ist nach dem Abbruch der Gespräche mit der ITT vor März dieses Jahres der zweite mißglückte Versuch, sich an einen Partner anzulehnen. Dementsprechend groß ist die Verunsicherung unter den Kunden. Die Börse reagierte umgehend mit einer deutlich niedrigeren Notierung der Sperry -Aktie. Der Kurs fiel um 4,125 Dollar und lag damit bei 51,375 Dollar. Dagegen stieg das Burroughs-Papier wieder leicht auf 56,125 Dollar an.

Die geplante Liaison der beiden Mainframer-Burroughs ist die Nummer Drei (Umsatz 1984: 4,876 Milliarden Dollar) und Sperry die Nummer Sieben (Umsatz 1984: ca. 3,5 Milliarden Dollar) im DV-Markt galt von Anfang an als im Grunde widersinnig, da beide Unternehmen mit erheblichen Problemen zu kämpfen haben. Erst vor kurzem waren Entlassungen und Werksstillegungen angekündigt worden. Beide agieren zudem vornehmlich im Großrechnersektor, dem derzeit am langsamsten wachsenden Marktsegment des DV-Marktes; da für zwei Mainframe-Serien kein Platz gewesen wäre, hätte Sperry seine 1100-Reihe oder Burroughs seine A-15-Prozessorenfamilie aufgeben müssen. Ihre Produktlinien sind nicht kompatibel zu denen des Marktführers IBM, der in den letzten Jahren zunehmend erfolgreich in den Gefilden der nichtkompatiblen Konkurrenz, der "BUNCH"-Gruppe operierte.

Schließlich hätte auch eine Fusion Sperry-Burroughs ein wesentliches Manko der beiden nicht behoben: Beiden fehlt es auf dem immer wichtiger werdenden Kommunikations- und Netzwerksektor an Know-how. So mußte Burroughs als Hauptlieferant des Bankennetzes "SWIFT" die geplante Konvertierung von Version I in Version II um drei Jahre auf 1988 verschieben, da die Kommunikationsprozessoren nicht ausreichend getestet waren. In Börsenkreisen und in der US-Fachpresse wurde daher immer angeführt, daß aus dem Kreis der DV-Unternehmen höchstens die ebenfalls zur BUNCH-Gruppe gehörende NCR Corp. ein adäquater Partner für Sperry sei.

Für viel wahrscheinlicher hält man es aber in den Staaten, daß sich die eigentlichen Interessenten an der Sperry Corp. bisher bedeckt gehalten haben, um den Preis und die Übernahmekonditionen so günstig wie möglich zu gestalten. Gehandelt werden seit längerer Zeit beispielsweise die beiden Automobilgiganten General Motors und Ford Motor Corp., die ihre Aktivitäten stark in Richtung DV-, Rüstungs- und Raumfahrtindustrie lenken, oder auch der stark auf dem Verteidigungssektor engagierte Konzern Martin Marietta.

Von Ford und von Marietta war allerdings bisher bekannt, daß sie nicht Sperry insgesamt, sondern nur Teile des Unternehmens auf ihrer Wunschakquisitionsliste haben. Ford soll, wie es heißt, Interesse an den Landmaschinen-Aktivitäten der New Holland Division bekundet haben, die mit mehr als zwölf Prozent zum gesamten Sperry-Umsatz beiträgt, sowie an der Raumfahrt- und Elektroniksparte, mit etwa 38 Prozent das zweite Standbein von Sperry neben dem Mainframe-Bereich. Martin Marietta sei dagegen nur bereit, sich zu engagieren, wenn vorher die New Holland Division aus dem Sperry-Verbund herausgelöst werde. Weitere Spekulationen ranken sich um Namen wie General Electric, AT&T und trotz der im März geplatzten Gespräche auch wieder ITT.