Personalarbeit in einem E-Unternehmen

Gelbe Quietsch-Enten als Maskottchen zum Einstieg

10.11.2000
Die Multimedia-Branche gilt als jung, dynamisch und dem Trend voraus. Allerdings herrscht auf dem Markt chronischer Mitarbeitermangel. Seit März diesen Jahres leitet Nieke Gelber als Director of Human Resources die Personalabteilung der Concept AG in Wiesbaden. In einem Gespräch mit der CW erläutert sie die Anforderungen an die Personalarbeit in einer stetig wachsenden Multimedia-Agentur. Von Ingrid Weidner*

CW: Die Concept AG hat im letzten Jahr neben der Eröffnung zahlreicher neuer Standorte vor allem viele neue Mitarbeiter rekrutiert. Wie viele weitere Kollegen suchen Sie derzeit?

GELBER: Momentan sind 262 Mitarbeiter bei Concept beschäftigt. Wir suchen für dieses Jahr noch weitere 100 neue Kollegen. Für 2001 erwägen wir ungefähr 250 Neueinstellungen.

CW: Welche Rekrutierungsmöglichkeiten nutzen Sie, um genügend Personal zu finden?

GELBER: Neben regionalen Stelleninseraten annoncieren wir in Fachzeitschriften und Online-Stellenbörsen. Viele Bewerbungen kommen direkt über unsere eigene Homepage, wir wollen aber verstärkt an die Hochschulen gehen. Neben Plakaten, einer Roadshow und einem Jobtruck möchten unsere Experten in Vorträgen und als Ansprechpartner an den Hochschulen über die Jobmöglichkeiten einer Multimedia-Agentur informieren. Außerdem haben wir an der Wissenschaftlichen Hochschule in Vallendar einen Studienplatz pro Jahr gestiftet. Das achtsemestrige Wirtschaftsstudium mit dem Schwerpunkt Multimedia und E-Commerce ist interdisziplinär angelegt. Drei Praktika und drei Semester im Ausland gehören dazu.

CW: Kommen Green-Card-Bewerber für Sie in Frage?

GELBER: Grundsätzlich begrüße ich die zusätzliche Möglichkeit. Allerdings ist die Akquise sehr aufwändig. Ich kann mir nicht vorstellen, jemanden über eine Videokonferenz und ohne persönliches Vorstellungsgespräch einzustellen. Außerdem ist das Verfahren immer noch recht bürokratisch. Wir stellen demnächst eine Green-Card-Bewerberin aus den USA ein. Allerdings haben wir sie durch einen persönlichen Kontakt kennen gelernt.

CW: Einige Unternehmen bieten inzwischen eigene Rekrutierungspartys an. Gibt es bei Ihnen ähnliche Überlegungen?

GELBER: Im November möchten wir 120 Studendenten und Young Professionals zu einem Recruiting-Wochenende einladen. Nach einem Empfang in Wiesbaden werden wir mit den Teilnehmern im Schlosshotel Montabaur acht Fallstudien aus dem E-Commerce-Bereich bearbeiten. 30 Concept-Mitarbeiter stehen den Teilnehmern in dieser Zeit für die fachliche Betreuung und Gespräche zur Verfügung.

CW: Welche allgemeinen Anforderungen stellen Sie an die Bewerber?

GELBER: Die Soft Skills und die Persönlichkeit des Bewerbers müssen zu uns passen. Darüber hinaus sollten die Bewerber eine positive Haltung gegenüber dem Internet mitbringen, denn das ist unser Geschäft.

CW: Wie können Sie in einem Vorstellungsgespräch diese "weichen" Faktoren erfragen?

GELBER: Wir führen die Vorstellungsgespräche grundsätzlich mit einem Kollegen aus der Fach- und Personalabteilung. Um die Soft Skills zu testen, lasse ich mir beispielsweise Situationen schildern, in denen es auf Teamarbeit ankommt, wie die Ziele des Bewerbers aussehen oder was seine Freunde über ihn sagen würden. So kann ich abklären, ob jemand sowohl persönlich als auch fachlich zu uns passt.

CW: Suchen Sie in erster Linie Hochschulabsolventen?

GELBER: Nein. Für manche Positionen brauchen wir allerdings Mitarbeiter mit guten Vorkenntnissen. Wenn ich Leute für das Projekt-Management suche, dann sollten die Bewerber genau wissen, wie sie einen Projektplan erstellen, die Budgetierung beherrschen, über kommunikative Fähigkeiten verfügen und thematisch fit sein. Erfahrungen im Multimedia-Geschäft sind hier unerlässlich. Solche Positionen sind nur in Ausnahmefällen für Quereinsteiger geeignet.

CW: Finden Sie genügend Bewerber mit diesen Kenntnissen?

GELBER: Fachleute, die in diesem Bereich ihr Geschäft verstehen, sind sehr umkämpft. Aber bei uns gibt es viele Freiräume und spannende Projekte. Allerdings ist der Arbeitstag nicht geregelt. Bewerber, die einen vorgegebenen Tagesablauf bevorzugen, sind bei uns falsch. In einer heißen Projektphase kann es schon mal spät werden. Dafür können die Mitarbeiter an anderen Tagen einen halben Tag freinehmen. Die Branche ist sehr schnell, deshalb erwarten wir das auch von unseren Mitarbeitern.

CW: Wie integrieren Sie die neuen Mitarbeiter in das Unternehmen?

GELBER: Jeder bekommt einen Paten, der in den ersten drei Monaten für alle Fragen zur Verfügung steht. Darüber hinaus haben wir jeden Monat eine Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiter. Bei dieser Gelegenheit stellen der Vorstand und die Fachabteilungen neue Projekte vor. Jeder Kollege erhält ein Startpaket mit Informationen zum Unternehmen, Visitenkarten und allem, was für den Einstieg notwendig ist.

CW: Allgemein klagt die Branche über zu wenig gut ausgebildete Mitarbeiter. Wie gehen Sie mit diesem Problem um?

GELBER: Wir haben für das kommende Ausbildungsjahr acht Plätze, darunter ein Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung, fünf Mediendesigner und zwei Auszubildende für Bürokommunikation. Alle Bewerber haben das Abitur, und wir denken, dass sich die Ausbildungsdauer auf zwei Jahre verkürzen lässt. Nächstes Jahr möchten wir mehrere Fachinformatiker ausbilden. Außerdem haben wir ein eigenes Trainee-Programm für zehn Hochschulabsolventen aufgelegt. Das Programm dauert ein Jahr, und die Bewerber kommen aus den Bereichen Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaft. Das Berufsziel der Trainees ist der Consulting-Bereich.

CW: Wie können sich die Beschäftigten bei Concept weiterbilden?

GELBER: Neben den projektbezogenen Möglichkeiten stehen dem Personal interne und externe Schulungen zur Verfügung. Manche Technologien und Anwendungen sind so neu, dass es dafür noch keine standardisierten Kurse gibt. Oft übernimmt ein Kollege, der mit den Tools vertraut ist, die interne Weiterbildung.

CW: Gibt es neben dem Gehalt und Aktienoptionen zusätzliche Incentives?

GELBER: Ja, beispielsweise mieten wir an den einzelnen Standorten Wohnungen für neue Mitarbeiter an, damit sie schnell einsteigen können und nicht die ersten Wochen im Hotel verbringen müssen. Für mich sind Incentives aber nicht unbedingt für die Mitarbeiterbindung relevant. Wir bieten keine Massage am Nachmittag, sondern ein Klima, in dem eine ungezwungene und professionelle Arbeitsatmosphäre herrscht.

*Ingrid Weidner ist freie Journalistin in München.