G-10-Novelle stärkt auch die Betroffenen

Geheimdienste erhalten neue Befugnisse

02.02.2001
MÜNCHEN (CW) - Das Bundeskabinett hat in der vergangenen Woche die Neufassung des G-10-Gesetzes ("Lauschangriff") beschlossen. Zwar werden in einigen Punkten die Rechte der Betroffenen gestärkt, allerdings können die Geheimdienste künftig auch Glasfaserleitungen abhören.

Die Novelle des Gesetzes, mit dem der Grundgesetzartikel 10 (Post- und Fernmeldegeheimnis) eingeschränkt wird, war durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1999 nötig geworden. Das höchste deutsche Gericht hatte einige Bestimmungen im Bereich der vom Bundesnachrichtendienst (BND) vorgenommenen "strategischen Fernmeldekontrollen" für verfassungswidrig erklärt. Mit der Neufassung trage das Kabinett nun "diesen Beanstandungen Rechnung", hieß es lapidar in einer Erklärung des Innenministeriums.

Künftig werden die "Anforderungen an den Umgang der beteiligten Behörden mit personenbezogenen Daten verschärft". So soll beim Lauschen protokolliert werden, welche Informationen die Ämter und Geheimdienste untereinander austauschen. Außerdem müssen sie jetzt alle sechs Monate prüfen, ob die Daten noch benötigt werden, andernfalls sind sie sofort zu löschen. Dies gilt nicht nur für die "strategische Fernmeldekontrolle", sondern auch für Lauschangriffe auf Einzelpersonen. Darüber hinaus müssen Behörden jeden Belauschten über die Aktion unterrichten, wenn die Daten gespeichert werden. Bislang gab es eine Frist von drei Monaten, um die Informationen geheim zu verwerten.

Auf Kritik trafen Veränderungen in der Novelle, mit denen das Kabinett eigenen Angaben zufolge "Lücken" im alten G-10-Gesetz geschlossen hat. Nach dem Entwurf sollen Geheimdienste künftig auch Telefonate und E-Mails über Lichtwellenleiter mitschneiden beziehungsweise lesen dürfen. Bislang war lediglich der Lauschangriff auf Richtfunk- und Satellitenstrecken möglich. Dadurch solle mit der technischen Entwicklung Schritt gehalten werden, erklärte das Innenministerium, denn schließlich laufe der Großteil der Kommunikation heute über Glasfaser.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob kritisierte die neuen Lauschkompetenzen. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" gab er an, dass die Zahl der Überwachungen seit geraumer Zeit ansteige. So sind 1999 rund 12500 Telefonate in Deutschland mitgehört worden, rund 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Jacob forderte, neben den einzelnen Maßnahmen künftig auch deren Erfolg zu protokollieren.