Gehaltsrunde '93: Unterm Strich bleibt wenig uebrig Regionale Unterschiede praegen Bild der DV-Verguetung

11.06.1993

Schlechte Karten haben die Datenverarbeiter in diesem Jahr, wenn es um die Erhaltung ihrer Bezuege geht. Stiegen die Gehaelter in der DV bereits 1992 um nur vier Prozent, so ist in diesem Jahr nochmals mit einem "Abflachen

der Zuwaechse" zu rechnen, wie die Kienbaum-Verguetungsberatung in ihrer juengsten DV-Gehaltsstudie feststellt. Nur in einigen Grossstaedten koennen DV-Profis noch mit einem Zuschlag um fuenf bis zehn Prozent rechnen.

Betraechtlich bleiben indes die Gehaltsspannen bei den einzelnen Positionen. So liegt laut Studie beim DV-Leiter das kleinste Jahresgehalt bei 59 000 Mark, das Maximum bei 190 000 Mark. Hinter der durchschnittlichen Hoehe des Einkommens einer Position stuenden Gehaelter, die von einer Vielzahl von Einflussfaktoren bestimmt werden. Neben der Funktion und dem Alter (Berufserfahrung) wirkten sich unter anderem die Groesse der DV-Abteilung, die Rechnerart, Groesse und Ertragslage des Unternehmens sowie die hierarchische Einstufung auf das Gehalt aus.

Beim Systemprogrammierer betrage das Minimum 52 000 Mark Jahresgehalt, das Maximum 133 000 Mark. Je tiefer die Position hierarchisch angesiedelt ist, so Erhard Schmidt, bei Kienbaum zustaendig fuer die DV-Gehaltsuntersuchung, um so dichter liegen diese beiden Werte zusammen, da eventuelle tarifliche Einbindungen auch eine engere Gehaltsspanne zur Folge haben. Um Ausreisser nach oben und unten zu eliminieren, gebe die Studie Gehaltsspannen an, die von dem oberen und unteren Quartailswert begrenzt werden. Diese beiden Werte liegen beim Systemprogrammierer bei 81 000 Mark beziehungsweise 108 000 Mark pro Jahr.

Untersucht man die Gehaelter nach dem Sitz des Unternehmens, so ist fuer Schmidt keine eindeutige Verteilung nach Bundeslaendern erkennbar: "Wichtig dagegen ist die Struktur der Region, zum Beispiel in Ballungsraeumen von Industrie, Banken und Versicherungen sowie Grossstaedten oder laendlichen Strukturen". Wie auch in den Vorjahren werden die hoechsten Gehaelter in den Grossstaedten erzielt. 1993 liege Stuttgart mit neun Prozent, Duesseldorf mit acht, Muenchen mit sieben und Frankfurt mit fuenf Prozent ueber dem Durchschnitt. "Eine hoehere Lebensqualitaet sowie eine angespannte Angebots- und Nachfragesituation nach qualifizierten DV-Spezialisten treiben die Verguetung in die Hoehe", analysiert der Gummersbacher Verguetungsexperte. Damit sei zugleich ein Aequivalent fuer die hoeheren Lebenshaltungskosten gegeben.

Die Ertragslage der Vergangenheit habe einen - je nach Hierarchieebene - mehr oder weniger grossen Einfluss auf die Gehaltshoehe. In Unternehmen mit im Vergleich zur Branchenkonkurrenz unterdurchschnittlicher Ertragslage werde auch unter dem Mittel verdient. Die hoechsten Gehaelter bezahlen Unternehmen mit ueberdurchschnittlicher Ertragslage.

Diese Tendenz zeigt sich fuer Kienbaum nicht nur bei den Gesamtbezuegen, deren Hoehe wesentlich durch die variablen, erfolgsabhaengigen Verguetungselemente, wie sie in Fuehrungspositionen verbreitet sind, bestimmt wird. Das gelte auch fuer die Abstufung der Grundgehaelter: Kurzfristige Ertragseinbussen machten sich zwar in aller Regel lediglich bei den variablen Verguetungskomponenten bemerkbar, "die langfristige Ertragslage wirkt sich aber sehr wohl auf das gesamte Verguetungsniveau eines Unternehmens aus", weiss Schmidt.

Die Unternehmensgroesse, gemessen am Umsatz oder an der Beschaeftigtenzahl, sei bei den DV-Beschaeftigten nicht so gehaltsbestimmend wie vielleicht angenommen. Grosse Unternehmen zahlten jedoch tendenziell besser und haetten zumeist die attraktiveren Zusatzleistungen.

Das Alter, also auch zwangslaeufig die Berufserfahrung, und die Beschaeftigtenzahl der DV-Abteilung sind laut Untersuchung fuer die Verguetungshoehe bestimmende Faktoren. Zusaetzlich habe die Groesse der DV-Abteilung Einfluss auf die Bezahlung der Fuehrungsposition, da hier das Element der Personalverantwortung zum Tragen komme. Kienbaum hat fuer den Org./DV-Leiter mit zehn Mitarbeitern ein Jahressalaer von 103 000 Mark errechnet, fuer den DV-Chef mit ueber 150 Mitarbeitern ein um 40 000 Mark hoeheres Einkommen.

Ein Anwendungsprogrammierer mit 30 Jahren bezieht 67 000 Mark Jahresgehalt, sein Kollege mit 48 Jahren dagegen kann 27 000 Mark mehr auf seinem Konto verbuchen - so ein weiteres Beispiel aus der Befragung.

Ein zusaetzlicher wichtiger Faktor ist die Groesse und Rechnerart der DV-Anlage. Hier unterscheidet die Untersuchung folgende Klassen:

- Arbeitsplatzrechner,

- lokale Netze,

- Abteilungsrechner sowie

- Gross-DV.

Tendenziell werden in der Grossrechnerwelt die hoechsten Gehaelter gezahlt, "da hier in der Regel zusaetzliche Spezialkenntnisse erforderlich sind, wogegen in kleineren Unternehmen ein breiteres Fachwissen gefordert wird", so die Begruendung aus Gummersbach. Lege man die monatlichen Wartungskosten zugrunde, so erhaelt ein Leiter DV-Betrieb, der an einer Anlage mit 20 000 Mark Wartungskosten pro Monat arbeitet, rund 103 000 Mark. 26 000 Mark mehr verdient sein Kollege, der an einer Anlage arbeitet, die ueber 300 000 Mark im Monat Wartungsdienst kostet.

Eine gute Schulung zahlt sich immer mehr aus. Es laesst sich, so Schmidts Beobachtung, bei den Fuehrungs- und Fachkraeften in der DV sowie auch in anderen Wirtschaftsbereichen ein Trend zur Hoeherqualifizierung erkennen.

Dem komme eine Beruhigung auf dem DV-Arbeitsmarkt entgegen, so dass die Unternehmen gezielter qualifiziertere Mitarbeiter einkaufen koennen. 1988 hatten bei den Systemanalytikern 13 Prozent mittlere Reife als hoechsten Bildungsabschluss und 47 Prozent Hoch- und Fachhochschule; 1993 sind DV-Mitarbeiter mit mittlerer Reife auf zwoelf Prozent zurueckgegangen und die Hoch- und Fachhochschueler bereits mit 59 Prozent vertreten.

Die qualifiziertere Ausbildung habe einen weiteren Vorteil: naemlich ein hoeheres Einkommen. Die Kienbaum-Studie ergab ein um zirka 16 Prozent hoeheres Einkommen von Hochschuelern gegenueber Volksschuelern in den Fuehrungspositionen. Die Promotion bringe dann noch einmal bis zu 10 000 Mark pro Jahr zusaetzlich.

"Alles spricht fuer eine qualifiziertere Ausbildung", meint der Kienbaum-Berater. Schon im Hinblick auf die weiter steigenden Studentenzahlen und den damit zwangslaeufig verbundenen Verdraengungswettbewerb werde das Studium immer mehr Voraussetzung, um ueberhaupt Karriere machen zu koennen.

Die DV bleibt weiterhin eine Domaene des Mannes. Bis 1990 sind die Werte des Frauenanteils in der DV annaehernd gleich geblieben, konstatiert Schmidt. So lag 1990 der Anteil in den Fuehrungspositionen bei vier Prozent, in den Fachpositionen bei 18 Prozent. 1993 seien diese Werte auf fuenf Prozent beziehungsweise 20 Prozent gestiegen. Den hoechsten Frauenanteil verzeichnen folgende Positionen: Datentypistinnen: 100 Prozent, Mitarbeiterin Informationssysteme: 67 Prozent und Benutzerservice: 38 Prozent. Aber auch als qualifizierte Arbeitskraft erhalte die Frau in der DV ein um durchschnittlich 15 Prozent geringeres Einkommen als ihr maennlicher Kollege in gleicher Position.

Ein Drittel aller DV-Mitarbeiter sind in irgendeiner Form am Unternehmenserfolg beteiligt, sei es durch Tantiemen, Praemien, Boni etc. In den Fuehrungspositionen betraegt gemaess Befragung der durchschnittliche Anteil etwa sechs Prozent und in den Fachpositionen vier Prozent des Gesamteinkommens. Mit fortschreitender Geldentwertung und steigender Steuerprogression wachse die Bedeutung nichtmonetaerer Zusatzleistungen. An erster Stelle stehe die betriebliche Altersversorgung: "Fast 90 Prozent aller Mitarbeiter kommen bereits in den Genuss einer solchen Firmenrente", weiss Schmidt. In Grossunternehmen sei die Finanzierung der Pensionszusagen ueber Positionsrueckstellungen die am meisten verbreitete Form. In kleineren Unternehmen dominiere die Direktversicherung.

Die Gewaehrung von Dienstwagen werde - anders als frueher - immer weniger von dienstlichen Erwaegungen bestimmt. Man sehe hier eher eine gute Moeglichkeit, vor allem Fuehrungskraeften ein steuerguenstiges Extra zukommen zu lassen. Die Vergabe von Firmenwagen in der DV beschraenke sich ausschliesslich auf Fuehrungsfunktionen und sei bis zu einem gewissen Grad von der Unternehmensgroesse unabhaengig. Insgesamt erhalten 50 Prozent der Leiter Organisation und Datenverarbeitung einen Dienstwagen. Bevorzugte Typen sind BMW 520i und Audi 100.

293 Unternehmen lieferten gemaess Kienbaum Daten von DV- Mitarbeitern aus 30 typischen DV-Berufen. Dargestellt ist die Hoehe der Jahresgesamtbezuege, die Struktur, die Entwicklung sowie alle wichtigen Zusatzleistungen.

Diese Jahresgesamtbezuege setzen sich aus dem Bruttomonatsgehalt pro Jahr, Weihnachts- und Urlaubsgeldern, variablen Extras wie Praemien, Tantiemen, Boni oder sonstigen Jahresabschlussverguetungen zusammen.

Darin nicht enthalten sind geldwerte Vorteile, wie sie den Berechtigten beispielsweise durch die private Nutzung von Dienstwagen entstehen.