Gehälter 2005: Projektleiter verlieren

07.03.2005
Auch in diesem Jahr steigen die Einkommen der IT-Führungskräfte um rund drei Prozent - mit Ausnahme der Projektleiter, wie Towers Perrin im Auftrag der COMPUTERWOCHE ermittelte.

Die Frankfurter Unternehmensberatung Towers Perrin hat gemeinsam mit der computerwoche zum dritten Mal die IT-Management-Gehälter in Deutschland unter die Lupe genommen. Unternehmen der Hightech-Branche wurden ebenso nach den Einkommen ihrer Führungskräfte befragt wie Anwenderfirmen zu den ihrer IT-Chefs. An der Untersuchung beteiligten sich 114 Firmen, die zu 90 Prozent aus dem IT- und TK-Sektor kommen und zu zehn Prozent aus dem Anwenderumfeld. Bei den IT-Unternehmen unterteilt die Studie in die Branchen Telekommunikation, Halbleiterindustrie, Softwarehäuser, Hardware und IT-Dienstleistungen. Auf der Anwenderseite berücksichtigt die Studie vor allem Betriebe der Automobil- und Zulieferindustrie, aus dem Maschinen- und Anlagenbau, Finanzdienstleister sowie Chemie- und Medienunternehmen. Abgefragt werden die Gehälter der Unternehmens-, Bereichs-, Abteilungs- und Gruppenleiter, zusätzlich noch die der Key-Account-Manager, Vertriebler und Projektleiter.

Auch wenn die Signale für eine Erholung des IT-Marktes klar erkennbar sind, wird an den Mitarbeitern weiter gespart, beobachtet Towers-Perrin-Vergütungsexperte Dirk Ewert. Obwohl die Firmen wieder höhere Budgets aufbringen als in den letzten drei Jahren, finden viele ihr Personal immer noch zu teuer. In international agierenden Unternehmen herrscht laut Ewert nach wie vor ein Trend zur Zentralisierung und damit "eine Schwächung der lokalen Personalabteilung, auch in puncto Vergütung". Mehr und mehr würden Budgetentscheidungen auf europäischer oder gar globaler Ebene gefällt. Die bisherigen Tendenzen zur Variabilisierung und Differenzierung, also das Zulassen von größeren Gehaltsunterschieden innerhalb eines Betriebes, setzten sich fort. "Durch die Differenzierung der Gehälter sollen vor allem die Leistungsträger gefördert werden", weiß Ewert.

Schlusslicht Anwender

Pauschale Erhöhungen kämen immer seltener vor. Um die schwer ersatzbaren Spezialisten an das Unternehmen zu binden, werde das Budget für Gehaltserhöhungen insbesondere auf diese Gruppe verteilt. "Je qualifizierter der Mitarbeiter, desto höher der Gehaltsanstieg", folgert der Vergütungsexperte.

In der Halbleiterindustrie verdienen Bereichsleiter mit 115000 Euro das höchste Grundgehalt - hier und im Folgenden handelt es sich um Durchschnittswerte. Es folgen ihre Kollegen in den Softwarehäusern, den IT-Dienstleistern und in der Telekommunikationsindustrie mit 108000 Euro Jahresgehalt. Schlusslicht sind die Hardware- und Anwenderfirmen, die ihren Bereichsleitern 100000 Euro im Jahr bezahlen. Anders sieht die Reihenfolge aus, wenn neben dem Grundgehalt auch die variablen Anteile eingerechnet werden (siehe Kasten "Grund- und Zielgehalt"). Beim Zielgehalt liegen die Bereichsleiter der Softwareindustrie mit 144000 Euro Jahresgehalt vorn, gefolgt von denen der Halbleiterbranche mit 139000 Euro und den IT-Dienstleistern mit 137000 Euro; Schlusslicht sind die Anwenderunternehmen, wo ein Bereichsleiter auf 118000 Euro Zielgehalt im Jahr kommt.

In der Gruppe der Abteilungsleiter sind die Gehaltsunterschiede deutlich größer: Die Zahlen liegen zwischen 73000 Euro Grundgehalt beim Anwenderbetrieb und 94000 Euro in der Halbleiterindustrie. Abteilungsleiter verdienen also deutlich weniger als Bereichsleiter und können sich auch, wenn sie den vollen variablen Anteil bekommen, nicht so stark verbessern. Entsprechend geringer fällt für Abteilungsleiter der variable Anteil aus.

Der Gruppenleiter, eine Hierarchiestufe unterhalb des Abteilungsleiters, bewegt sich mit seinem Grundgehalt im Durchschnitt zwischen 64000 Euro (Anwender) und 77000 Euro (IT-Dienstleister). Er verdient damit etwa zehn (Hardware) bis 20 Prozent (Halbleiter) weniger als sein direkter Vorgesetzter.

Je niedriger der Mitarbeiter in der Hierarchie steht, desto geringer fällt der variable Anteil seines Gehaltes aus. Im Durchschnitt haben etwa Gruppenleiter einen variablen Anteil von zehn Prozent, Ausreißer ist die Softwareindustrie, in der der variable Anteil rund ein Viertel des Zieleinkommens ausmacht.

Zehn Prozent weniger

Eine Überraschung gibt es bei den Gehältern der Projektleiter. Bewegten sich diese im Vorjahr auf dem Niveau der Gruppenleiter, müssen sie in diesem Jahr beispielsweise in der Softwareindustrie mit Einbußen bis zu zehn Prozent rechnen. Die Spanne reicht von 61000 Euro in Anwenderfirmen bis zu 70000 Euro in der Hardwarebranche. Unter zehn Prozent liegt der variable Anteil.

Ewert kann sich dieses Einkommensminus nur so erklären, dass die Projektleiter zu den Hauptschuldigen der in den letzten Jahren gescheiterten Projekte gemacht und teilweise ausgetauscht wurden. Und auch die Gehälter der Verbliebenen gelten mittlerweile als zu hoch. Interessant ist allerdings, dass die Gehälter der jungen Projektleiter dennoch gewachsen sind. Wer in dieser Berufsgruppe nicht älter als 30 ist, kann sich über einen kleinen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr freuen, Älteren müssen dagegen Abstriche machen.

Vorteil Konzern

Vergleichweise niedrig sind traditionell die Grundgehälter der Key-Account-Manager und der Vertriebler, dafür erreichen sie hohe Zieleinkommen. Erstere verdienen grundständig zwischen 54000 Euro bei einem Telecom-Anbieter und 70000 Euro in der Halbleiterindustrie, können aber, wenn sie alle variablen Vergütungen erhalten, ihr Einkommen mehr als verdoppeln, beispielsweise im Softwarehaus. Die Verkäufer verdienen weniger als die Key-Accounter. Im Grundgehalt macht sich dieser Unterschied kaum bemerkbar, im Zieleinkommen sind jedoch Differenzen von über 30 Prozent in der Halbleiter- und Hardwarebranche zu beobachten.

Towers Perrin hat zusätzlich die Gehälter der Führungskräfte in Unternehmen mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro denen mit einem Umsatz von weniger als 300 Millionen Euro gegenübergestellt. In dieser Auswertung konnten auch die Unternehmensleiter berücksichtigt werden. Der Firmenchef im Mittelstand darf 151000 Euro Grundgehalt nach Hause nehmen, was einem Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Sein Kollege im Konzern erreicht im Durchschnitt 265000 Euro im Jahr. Gewaltig ist der Unterschied vor allem beim variablen Gehalt. Im Mittelstand macht er rund 40 Prozent aus, das heißt, der Chef kann sein Salär auf 210000 Euro aufbessern. Im Großunternehmen beläuft sich der durchschnittliche Aufschlag auf 70 Prozent, so dass Topmanager bis zu 450000 Euro kassieren.

Im mittleren Management unterscheiden sich die Gehälter zwischen großen und kleinen Unternehmen weniger. Während die Spanne beim Bereichsleiter noch 60 Prozent ausmacht, liegt sie beim Abteilungsleiter bei 20 und beim Projekt- und Gruppenleiter bei rund zehn Prozent.

Keine Überraschung dürfte sein, dass ältere Manager in der gleichen Position mehr verdienen als ihre jüngeren Kollegen. Indes wird derjenige "bestraft", der auf der Karriereleiter stehen bleibt. Auf Bereichsleiterebene macht der Unterschied zwischen einem 30-Jährigen (Grundgehalt 81000 Euro) und einem 50-Jährigen 25 Prozent aus.

Frankfurt vor Düsseldorf

Untersucht wurde auch die Frage, in welcher Stadt die höchsten Gehälter gezahlt werden. Hier liegt Frankfurt am Main knapp vor Düsseldorf und München. Bereichsleiter in der Bankenmetropole müssen sich beim Grundgehalt mit zehn Prozent weniger zufrieden geben als im Vorjahr, dafür gibt es jedoch ein höheres Zielgehalt von 151000 Euro (Vorjahr: 141000). Es folgen die Städte Düsseldorf mit 108000 Euro Grundgehalt (140000 Euro Zielvergütung) und München mit 107000 Euro (Zielgehalt 140000 Euro).

Im europäischen Vergleich steht Deutschland gut da. Ewert spricht von einem Vier-Klassen-System. Topverdiener sind die Schweizer. Ein eidgenössischer Unternehmensleiter darf sich auf ein Grundgehalt von 272000 Euro (Zielgehalt 404000 Euro) freuen, der Abteilungsleiter erreicht noch 95000 Euro Jahressalär (Zielgehalt 122000 Euro). Zur zweiten Klasse zählt Towers Perrin die Länder Deutschland und Dänemark, in denen ein Abteilungsleiter-Grundgehalt bei 82 000 bis 85 000 Euro im Jahr liegt. Schlechter gestellt sind die Franzosen, Österreicher und Holländer, die Ewert zur dritten Kategorie zählt. Die Abteilungsleiter in diesen Ländern kommen auf 73000 Euro Jahresgehalt. Zur vierten Kategorie zählen die neuen osteuropäischen EU-Mitglieder wie Tschechien und Polen. In diesen Regionen erreichen die Abteilungsleiter Saläre von rund 45000 Euro im Jahr.

Die Vergütungsberater von Towers Perrin empfehlen Kandidaten, sich für das Bewerbungsgespräch auf das Thema Gehalt gut vorzubereiten. Es gilt zu berücksichtigen, dass in den letzten drei Jahren die Einkommen im Durchschnitt um drei Prozent gestiegen sind. In der Krisenzeit hatten 25 Prozent der IT-Firmen in Deutschland Nullrunden eingeführt. Dieser Trend sei rückläufig, wie Ewert versichert. Immer mehr Unternehmen ließen Ausnahmeregelungen für ihre Leistungsträger zu: "Diese Leute möchte man nicht verärgern, um sie nicht zu verlieren, wenn die Konjunktur wieder anzieht." Darum könnten etwa zehn bis 20 Prozent der Belegschaft, wenn die Zeiten besser würden, mit einer ordentlichen Gehaltserhöhung rechnen.