Gegendarstellung zu "Tu nix mit Unix"

08.02.1991

Mit der ironisch gemeinten Aufforderung "Tu nix mit Unix!" (CW Nr. 19 vom 4. Mai 1984) hat es der Kolumnist, wie er mehrfach erfahren konnte, zu einer gewissen Berühmtheit gebracht - bei den falschen Leuten freilich, nämlich den Unix-Befürwortern, die das Zitat allzu wörtlich nahmen. Auf die Gefahr hin, erneut richtig mißverstanden zu werden, hier das damalige Fazit: "Die Anwender fragen sich nun, welchen Unix-Maßstab Big Blue anlegen wird. Solange dies nicht beantwortet ist, geht im Büro (nachträglich gesperrt) nix mit Unix."

Der Mainframe-Monopolist ist die Antwort bis heute schuldig geblieben. Oder haben wir womöglich etwas überhört? Das DV-Szenario hat sich gleichwohl verändert - massiv mittlerweile der Druck, im X/Open User Council etwa, den große Anwender auf die Anbieter proprietärer Systeme ausüben (Seite 1). Bis auf eine einzige Ausnahme - IBM natürlich - reagierte der Markt, haben die Hersteller, wenn auch widerwillig, die richtige Antwort gegeben. Das deutliche Votum für offene Systeme hat indes nichts mehr mit Taktiererei zu tun - den IBM-Konkurrenten bleibt gar keine andere Wahl. Und was wird die IBM tun, nicht tun? Das Kaffeesatzlesen überlassen wir anderen.

Der Computermarkt befindet sich in einem revolutionären Wandel. Bisher lag das Hauptgewicht auf proprietären Systemen, die inkompatibel waren. Dies hat zu einer Lähmung geführt. Die Krise muß überwunden werden - im Interesse der Anwender und der Hersteller. Denn der Einsatz der Informationstechnik beeinflußt heute maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit und Risikoanfälligkeit der Unternehmen - sie sind von der Informationstechnik abhängig.

Aus machtpolitischen Erwägungen (siehe X/Open User Council) beschäftigen sich deshalb immer mehr Unternehmen, die in ihren jeweiligen Märkten Vorsprung-orientiert agieren wollen, mit offenen Systemen wie Unix, Posix, OSI etc., anstatt einem Hersteller proprietärer Systeme die Kontrolle über die Firma zu geben. Diese Entscheidung war überfällig - alle DV-Anbieter werden sie respektieren müssen. Daß die Einführung offener Systeme gewiß nicht einfach sein wird, steht auf einem anderen Blatt.

P.S.: Die COMPUTERWOCHE versteht sich als "Open Systems"-Zeitung - sie reflektiert und unterstützt diesen Trend, indem sie ausführlich über die "Welt der offenen Systeme" berichtet, über entsprechende Produkte, Hardware-Plattformen, herstellerneutrale Standards, offene Architekturen und Interoperabilität - immer unter dem Aspekt, dem Anwender, der offene Systeme fordert, Orientierungshilfen zu liefern. Insofern sind wir bewußt Partei - auch auf die Gefahr hin, richtig mißverstanden zu werden.