Interessante Positionen für Hochschulabsolventen in Beratungsunternehmen:

Gefordert werden Kompetenz in Technik und Markt

28.10.1988

Beratungsunternehmen bieten sich als Berufseinstieg für besonders qualifizierte Hochschulabsolventen an. Einmal durch eine besonders anspruchsvolle Tätigkeit, andererseits aber auch durch eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufgabenstellungen, die in kurzer Zeit bearbeitet werden müssen und deshalb die Grundlage einer breiten Basis an Berufserfahrung bieten können.

Viele Unternehmen und Organisationen sind gerade im Bereich von DV-Systemen häufig auf die Dienstleistungen von Beratungsunternehmen angewiesen. Dabei haben diese Unternehmen oft nicht die gleiche Routine in der Beschaffung dieser Dienstleistungen entwickelt wie in der Beschaffung materieller Güter.

Der Grund ist offensichtlich. Was der Kunde von dem Berater kauft, ist das Versprechen, in der Zukunft ein Datenverarbeitungssystem zu liefern, das die Wettbewerbsfähigkeit des Kunden stärken und seine Kosten reduzieren wird. Dieses Versprechen basiert nur auf den Darstellungen des Beraters. Das Produkt ist erst bei Lieferung sichtbar. Die Gewinne daraus liegen in der Zukunft. Der Kunde ist sich über das endgültige Ergebnis und die Rentabilität seiner Investitionen nicht sicher.

Strategische Informationssysteme

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einem Datenverarbeitungssystem und einem strategischen Informationssystem. Während beide unter dem Oberbegriff Datenverarbeitungssystem laufen, handelt es sich bei dem ersteren um ein System, das auf der Grundlage der DV-Technologie entwickelt wurde, um bestehende Abläufe zu rationalisieren, während das zweite auf einem Geschäftskonzept (business concept) basiert und zukunftsorientiert die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verbessern soll.

Dieser Unterschied findet seinen Niederschlag in der Durchführung eines solchen Projektes. In einer strategischen Informationsplanung wird durch die Interaktion zwischen Berater und Kunden ein Gleichklang aller Schichten eines Unternehmens entwickelt. Es müssen Ziele, Strategien, Organisation, Informationsflüsse und Systeme in Einklang gebracht werden. Das bedeutet häufig sowohl Änderungen in der Ablauf- als auch in der Aufbauorganisation und die Neuausrichtung bestehender manueller Systeme oder als gut angesehener DV-Systeme.

Die Komplexität und die Bedeutung derartiger Projekte erfordert eine gute Kommunikation und eine solide, gut etablierte und lange Beziehung zwischen Berater und Kunden - vor, während und nach der Bearbeitung des Projekts.

Auf dieser Basis ist dann auch das Vertrauen gegeben, auf dem die Vereinbarung zukünftiger Projekte beruht. Zu einer langfristigen Beziehung kommen aber gerade bei neuen Kunden noch wesentliche Komponenten hinzu.

- Ein Berater muß die volle Verantwortung bezüglich der inhaltlichen und zeitlichen Steuerung eines Projektes übernehmen.

- Ein Berater sollte unabhängig sein, von Hardware- und Softwareherstellern.

- Die finanzielle Basis, beziehungsweise Größe und Geschäftserfolg sichern die langfristige Existenz des Beratungsunternehmens.

- Der konsequente Einsatz von Methoden und festgelegte Vorgehensweise sichern die Qualität der Ergebnisse aus Beratungsprojekten.

- Eine 100prozentige Kundenorientierung bedeutet, daß Projekte so abgewickelt werden, daß Qualität nicht vom Berater definiert wird, sondern vom Kunden als solche erlebt werden muß.

Ein Beratungsunternehmen muß deshalb ein Projektmodell entwerfen, das diesen Grundsätzen Rechnung trägt. Ziel bei jedem Projekt sollte sein, daß unabhängig vom Auftrag stets das Interesse des Kunden im Vordergrund steht, der Zweck der angebotenen Dienstleistung analysiert wird und herausgefunden wird wie mit der Arbeit die Geschäftsidee des Kunden am besten unterstützt werden kann. Die Größe eines Beratungsunternehmens gewährleistet neben der finanziellen Sicherheit insbesondere, daß immer professionelle spezialisierte Mitarbeiter bereit stehen, die sich in jedem Fall auf die Bedürfnisse der Kunden einstellen.

Die moderne Beratungspraxis zeigt, daß reines DV-Fachwissen auch bei sogenannten DV-Projekten keineswegs ausreichend ist. Der Kunde erwartet zu Recht, daß der Berater zusätzlich über einschlägiges Markt- und Branchenwissen beziehungsweise Anwendungswissen verfügt.

Ein Beratungsunternehmen, das bereit ist, alle Projektphasen von der ersten Analyse bis zur Umsetzung der empfohlenen Lösungen anzubieten hat dabei immer Vorteile gegenüber den Unternehmen, die nach einer Analysephase aufhören oder erst in der Realisierungsphase einsteigen.

Aufträge sind Projekte im spezifischen Rahmen

Ein Beratungsunternehmen sollte jeden Auftrag als ein Projekt definieren, "eine einmalige Aufgabenstellung, die innerhalb eines spezifischen Rahmens ausgeführt wird, und zum Beispiel dazu dienen kann, die Wettbewerbsfähigkeit des Kunden zu stärken".

Die wichtigste Phase eines jeden Projekts ist die

"Vorbereitung". Auf dieser Stufe wird die Grundlage für den Erfolg des Projekts gelegt. "Wann, wo und wie" - alles was Beziehungen, Produkt und Ressourcen beinhaltet - wird zu diesem Zeitpunkt definiert. Schließlich werden Form und Bedingungen für die Akzeptanz des Produktes durch den Kunden für den Arbeitsabschluß formuliert.

Während jeder Phase eines Projekts, müssen obligatorische Aufgaben vorgenommen und verbindliche Dokumente vorbereitet werden. Gemeinsam bilden sie die Basis für die Übernahme der Verantwortung für Ergebnisse durch das Beratungsunternehmen.

Die Offenlegung der Vorgehensweise gegenüber dem Kunden mit ständigen Checks der Qualität der Arbeitsergebnisse des Projekts und Berichten über den Projektfortschritt sorgen für Vertrauen auf seiten des Kunden.

Ein eindeutiger frühzeitig definierter Abschlußtermin sichert die termingerechte Beendigung des Projekts. Zu diesem Abschlußtermin werden in der Regel eine Abschlußpräsentation durchgeführt und die Dokumentation der Ergebnisse beziehungsweise das erstellte Produkt übergeben.

Neben diesem obligatorischen Rahmen muß immer noch genügend Freiraum vorhanden sein für die in jeder Produktentwicklung wichtige Kreativität und Flexibilität. Letztlich zeigt sich dann aber der Erfolg eines Beratungsunternehmens in langfristigen Beziehungen. Zum einen auf der Seite der Mitarbeiter in geringen Fluktuationsraten und zum anderen auf der Kundenseite in einer Vielzahl von Folgeaufträgen.

*Klaus-Olaf Zehle ist Leiter Marketing/Vertrieb bei der Enator Deutschland GmbH. Enator ist als internationales Unternehmen mit 700 Mitarbeitern in den Bereichen Managementberatung und EDV-Beratung tätig. Dieser Beitrag ist dem UNI-Service entnommen.