Benutzerservice funktioniert nicht nur bei den Großen:

Gebrauchsanweisung hilft bei PC-Bedienung

08.11.1985

MÜNCHEN (ih) - Benutzerservice-Zentren scheinen nur etwas für die großen Unternehmen zu sein. Zumindest gewann Walter Pröbe IS-Leiter bei der Herta KG, diesen Eindruck, als er die Thema-der-Woche-Beiträge (CW vom 5. 10. 1985 Seite 10) las. Beschwert sich DV-Profi Pröbe: "Benutzerservice klappt auch bei kleineren Firmen." Als Beispiel dafür beschreibt er die Situation in seinem Unternehmen.

Beim Lesen der CW-Beiträge bekommt man den Eindruck, daß "Benutzerservice" nur etwas für die ganz Großen ist. Da muß mindestens eine 308X dahinterstehen, sonst hat das Ganze von vornherein keinen Sinn. Da ist vom "Benutzer-lnformations-Zentrum" die Rede, das es aufzubauen gilt, das mit hervorragend qualifizierten Fachleuten besetzt werden muß - sonst bringt es nichts. Eine schöne Abkürzung (BIZ) ist für diese Institution auch schon zur Hand.

Aber was machen die Kleinen, die macht über ein so großzügig ausgestattetes DV-Budget verfügen, die auch nicht die Mitarbeiter mit der erforderlichen Qualifikation für die sachkundige Beratung der Fachabteilungen haben? Was ist, wenn nur eine 4341 Modell 1 dahintersteht? Bleibt diesen Kleinen der Weg in die Zukunft versperrt?

Die Herta KG hat schon 1981 das IV-Werkzeug APL-ADRS kennengelernt und darin eine Chance gesehen, den oft und heiß diskutierten Anwendungsstau wirksam abzubauen. Es ging ja nicht in erster Linie um die umfangreichen, komplexen Programme für die Stapelverarbeitung, die da in der Warteschlange standen. Sie waren längst realisiert. Es waren insbesondere die kleinen, überschaubaren Aufgabenstellungen, die in ihrer Gesamtheit den Fachabteilungen das Leben schwermachten. Statistiken und Übersichten, Gegenüberstellungen und Zusammenfassungen, von denen man bis gestern noch nichts wußte, die aber spätestens morgens 10 Uhr vorliegen sollten, versetzten die Fachabteilungen regelmäßig in Panik.

Uns stand seinerzeit lediglich eine 370/138 mit 500 KB zur Verfügung, die mit traditionellen Batch- und Dialoganwendungen bereits "voll" war. Deshalb mußten wir sehr vorsichtig beginnen und dabei das Systemverhalten sorgfältig beobachten. Es fehlte noch der Beweis, daß wir auf dem richtigen Weg waren: Eine spürbare Beeinträchtigung der Tagearbeiten konnten wir uns gar nicht erlauben. Es war von vornherein klar, daß wir die Entwicklung von APL-ADRS-Anwendungen nicht einfach der Fachabteilung überlassen konnten. Sie hätte den Rechner mit Sicherheit blitzschnell zugeschaufelt. Die Ausbreitung des IV-Bazillus mußte sich in kontrollierbaren Grenzen halten.

Schon sehr bald hatte es sich im Haus herumgesprochen, daß die "Computerfritzen" eine Möglichkeit der schnellen Problemlösung gefunden hatten. Nach dem Motto: Erst viele kleine, dann die größeren Aufgaben! haben wir in relativ kurzer Zeit den Fachabteilungsmitarbeitern helfen können. Das Zauberwort "APL" und die inzwischen erzielten, sichtbaren Erfolge schufen die Voraussetzung für ein DV-Nachtragsbudget. Damit konnten wir eine zweite 370-138 und einige Bildschirme, die 1981 auf dem Second-hand-Markt recht preiswert zu bekommen waren, anschaffen. Dieses zweite System wurde ausschließlich für APL-Anwendungen eingesetzt.

Der eigentliche Benutzerservice besteht auch heute noch aus nur einem Mitarbeiter, der außer APLADRS und APLDI keine DV-Kenntnisse hat. Er ist aber auf Grund seiner in vier Jahren gesammelten Erfahrungen in der Lage, auch komplexe Aufgaben in kurzer Zeit mit den genannten IV-Werkzeugen zu lösen. Heute gibt es keine Fachabteilung in unserem Hause, die ihre Tagesarbeit ohne IV-Unterstützung bewältigt. Das betriebliche Berichtswesen, Budgetkontrolle für Investitionen und Reparaturen, Kapazitätsplanung für die Produktion, Geburtstagslisten, Telefonverzeichnis, Pflege der Preislisten, Adreßlisten, Abrechnung des Hilfsstofflagers und vieles mehr gehören heute zum selbstverständlichen Werkzeug der Fachabteilungen. Die Zusammenarbeit zwischen Benutzerservice und dem für die Bereitstellung der Basisdaten zuständigen Datenservice im Rechenzentrum funktioniert heute auf Zuruf.

Inzwischen sind wir von der 370 auf die 4341-1 umgestiegen und haben 1984 die zweite 4341-1 angeschafft, die ausschließlich APL-Anwendungen vorbehalten ist. Die Verlagerung der IV-Anwendungsentwicklung in die Fachabteilung ist auch in überschaubarer Zeit noch nicht vorgesehen, da sich die zentrale Entwicklung bisher bestens bewährt hat und die Zusammenarbeit mit den Endbenutzern in den Fachabteilungen keine Wünsche offenläßt. Heute sind über 40 Bildschirme ausschließlich für die IV installiert, an weiteren 20 Bildschirmen werden sowohl herkömmliche Dialoganwendungen als auch IV-Probleme bearbeitet.

Bei der Einführung der PC haben wir uns zunächst auch für die zentrale Softwareentwicklung und die zentrale Betreuung der Benutzer (PC-Benutzerservice) entschieden. Für die einzelnen Aufgaben werden "Gebrauchsanweisungen" erstellt, die die Benutzung der PC auch für den computerängstlichen Mitarbeiter leichtmacht. Die Menü-Technik ist auch hier ebenso selbstverständlich wie bei den APL-Anwendungen.

Die Richtigkeit unserer Strategie wird durch Null-Anwendungsstau und zufriedene Endbenutzer bestätigt. Benutzerservice ist also nicht nur etwas für die Großen.