GDPdU: Software nicht für jeden geeignet

20.07.2005
Von Groß und Kampffmeyer 
Es liegt nahe, das von Betriebsprüfern verwendete Tool "Idea" zur Auswertung steuerrelevanter Informationen auch in den Unternehmen selbst einzusetzen. Doch die Software eignet sich nicht für jede Firma.

Die Diskussion rund um die "Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen" (GDPdU) war bislang sehr theoretisch geprägt. Inzwischen haben jedoch die ersten digitalen Betriebsprüfungen stattgefunden, so dass Erfahrungen aus unterschiedlichen IT-Landschaften vorliegen. Im Mittelpunkt der Projekte stand die Frage, welche Anforderungen an die Auswertbarkeit von älteren Daten gestellt werden, die nicht mehr im Produktivsystem vorliegen und separat archiviert wurden. Den technischen Maßstab dafür bildet die Idea-Software, die der Betriebsprüfer für die Auswertung verwendet.

Fazit

• Die GDPdU-konforme Auswertung von steuerrelevanten Daten über einen so genannten Idea-Client berücksichtigt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist für all jene Unternehmen geeignet, die eine übersichtliche IT-Struktur mit einer begrenzten Anzahl an Daten und Verknüpfungen aufweisen.

• Je komplexer die Datenstrukturen sind, je mehr Vor- und Nebensysteme zu berücksichtigen sind und je größer das zu prüfende Datenaufkommen ist, desto mehr stößt Idea an seine Grenzen. Alternativ sollte über ein universelles Auswertungsprogramm nachgedacht werden, das den steuerrechtlichen Vorgaben sowie den technischen und finanziellen Gegebenheiten eines Unternehmens entspricht.

Grenzen von Idea

• Große Datenmengen (Praktikabilitätsgrenze 2 GB);

• diverse Vor- und Nachteile mit steuerrelevanten Daten;

• datenschutzrechtliche Gründe (Spalten lassen sich nicht vordefiniert ausblenden);

• kein Benutzerberechtigungskonzept (im Prüfungsfall keine Reduktion der Datenbestände auf bestimmte Tabellen und Auswertungen);

• keine automatisierte Datenvalidierung und Fehlerkorrektur.

Aufgaben des Archivs

Ein Archivsystem dient der langfristigen, sicheren und unveränderbaren Speicherung von Informationen und nicht der Verarbeitung der dort abgelegten Daten. Bleibt also die Frage nach den GDPdU-konformen Auswertungsmöglichkeiten und deren Bereitstellung im Archivsystem. Die Abgabenordnung selbst trifft zur Gestaltung und zum Umfang der Auswertung keine Aussage. Doch der als Erläuterung zum Datenzugriff veröffentlichte Fragen- und Antwortenkatalog der Finanzverwaltung (Fassung vom 1. Februar 2005) fordert für archivierte Daten Auswertungsmöglichkeiten, die quantitativ und qualitativ jenen des Produktivsystems entsprechen.

Zur Lösung dieses Konflikts entstanden Ideen wie zum Beispiel die der "IT-Museen", die in Unternehmen alte Systeme zur Datenauswertung über Jahrzehnte lauffähig vorhalten. Auch die Vorstellung, alte Datenbestände nach einem Jahrzehnt einfach in die laufende Anwen-dung zurückzuladen, ist unrealistisch. Im Sinne einer praxistauglichen und wirtschaftlich angemessenen Lösung sind solche Szenarien abzulehnen.

Für das Kriterium der quantitativ und qualitativ gleichen Auswertungsmöglichkeiten gilt es vielmehr, spezifische Lösungen zu finden. Jedes Unternehmen arbeitet anders, benutzt andere betriebswirtschaftliche Software und hat andere steuerrelevante Informationen. Allein der Umstand, dass sich in den Unternehmen verschiedene operative Systeme (ERP, kaufmännische Software, Materialwirtschaft etc.) befinden, bedeutet letztlich, dass je nach Produkten, Versionen und Konfigurationen bereits im produktiven IT-Bereich völlig unterschiedliche Auswertungsmöglichkeiten vorliegen. Eine Lösung sollte also immer auf die Unternehmenssituation abgestellt sein und hinsichtlich ihrer Auswertungsintensität die Mindestanforderungen an archivierte Datenbestände mit steuerlicher Relevanz erfüllen.

Lösung muss zumutbar sein

Dabei sind grundsätzlich zwei Dimensionen einzubeziehen: die steuerrechtliche sowie die informationstechnische. Für die steuerrechtliche Sicht gilt es den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten. Es wird also berücksichtigt, was man den Unternehmen aufgrund ihrer technischen und finanziellen Gegebenheiten abverlangen kann. Hier bietet sich als Mindestmaßstab die Auswertung mit Idea selbst an, vorausgesetzt, die technischen und finanziellen Restriktionen des Unternehmens rechtfertigen diese Einschränkung. Aus IT-Sicht stellt die Kombination von Idea mit einem beliebigen Archiv zwar eine Möglichkeit dar, doch die GDPdU-Praxis lehrt, dass dieser Weg mit zunehmender Komplexität der DV-Strukturen sowie wachsender Datenmenge regelmäßig an seine Grenzen stößt. Ein weiteres technisches Problem ist, dass sich gerade sensible Tabelleninformationen, die aus datenschutzrechtlichen Gründen vom Zugriff des Betriebsprüfers ausgenommen werden müssen, über eine reine Idea-Lösung wenn überhaupt nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ausgrenzen lassen. Sollten also technische Gründe gegen den Idea-Einsatz sprechen, muss über Alternativen nachgedacht werden.

Um dem Ziel der "quantitativ und qualitativ gleichen Auswertungsmöglichkeiten" unternehmensspezifisch näher zu kommen, und zwar jenseits der Mindestanforderungen von Idea, bietet sich der in der Fachliteratur bereits anerkannte Weg auf Basis eines universellen, vom Produktiv- und Archivsystem unabhängigen und übergeordneten Auswertungsprogramms an. Dieser Ansatz sieht vor, dass die steuerrelevanten Daten inklusive ihrer Strukturinformationen aus den Produktivsystemen auswertbar in einem externen Speicher-, einem Archiv- oder einem Datensicherungssystem abgelegt werden. Ein der Archivierung vorgeschalteter Validierungslauf ermöglicht es zudem, die steuerrelevanten Daten vor dem Löschvorgang im Produktivsystem auf ihre Auswertbarkeit und auf Vollständigkeit zu prüfen. Bei Bedarf können diese Daten dem Betriebsprüfer über das übergeordnete Auswertungsprogramm zur Verfügung gestellt werden.

Benötigte Funktionen

Um dem Anspruch der quan- titativen und qualitativen Gleichwertigkeit zu genügen, sollte das Programm Funktionen wie zum Beispiel standardisierte Auswertungen und Analysen bieten, die denen des Produktivsystems entsprechen. Die Lösungen, die sich hieraus ergeben, basieren bei kleineren bis mittleren Datenbeständen auf der Kombination von Produkten wie Idea oder ACL mit einem Archiv. Größere Datenmengen und komplexere IT-Strukturen erfordern jedoch ein datenbankgestütztes, unabhängiges Auswertungssystem wie beispielsweise "AIS Tax Mart", das ebenfalls mit einem revisionssicheren Archiv kombiniert werden kann. (ue)