IT-Agenda für 2015

Gartner heißt CIOs willkommen im dritten IT-Zeitalter

19.11.2014
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
CIOs weltweit stellen fest: Wir müssen unseren Führungsstil in den kommenden drei Jahren ändern, wenn wir für das digitale Business vorbereitet sein wollen. So eine Umfrage von Gartner unter 2800 IT-Verantwortlichen, darunter etwa 1000 aus dem EMEA-Raum (Europa, Mittlerer Osten, Afrika).

Rund drei Viertel der CIOs, die das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen befragt hat, sind dieser Ansicht. Und Gartner pflichtet ihnen darin bei. Dave Aron, Vice President und Gartner Fellow sowie federführend hinsichtlich der Studie, erläuterte: "Nach dem IT-Handwerk und der Industrialisierung erleben wir mit der Digitalisierung nun quasi das dritte IT-Zeitalter. Ein Führungsstil nach dem Motto ‚Befehl und Kontrolle‘ passt nicht dort hinein." Stattdessen brauche ein CIO, der ein "Digital Leader" sein wolle, Visionen und die Fähigkeit, andere zu inspirieren.

Dave Aron stellte die Ergebnisse der CIO-Befragung vor.
Dave Aron stellte die Ergebnisse der CIO-Befragung vor.
Foto: Gartner

Doppelt so viele Digital-Chef

CIOs sind aber keineswegs die unumstrittene Speerspitze der digitalen Revolution. Nur 15 Prozent der Geschäftsführer und Vorstände sehen in ihren IT-Chefs die Digital Leaders, als die sich fast die Hälfte der CIOs selbst begreift. Hier konkurrieren die IT-Verantwortlichen häufig mit den Marketing-Chefs und mit dedizierten Chief Digital Officers (CDOs), die direkt an die Geschäftsführung berichten. Diese Position gibt es laut Gartner mittlerweile in zwölf Prozent der Unternehmen. Das bedeute eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr.

Im Gegensatz zu diesen CDOs gelten CIOs gemeinhin als Bedenkenträger. Diese Einschätzung untermauern auch die von Gartner ermittelten Zahlen: Im EMEA-Raum äußerten 91 Prozent der befragten IT-Executives die Ansicht, Digitalisierung führe zu neuen oder größeren Risiken; nur ein Bruchteil der Studienteilnehmer fühlt sich darauf vorbereitet. 69 Prozent der CIOs räumen ein, dass ihr Risiko-Management nicht mit den Unwägbarkeiten Schritt halten könne. Aber das will auf Seiten der Geschäftsführungen wohl kaum jemand hören, wenn er sich gerade entschlossen hat, neue Wege zu gehen, um ein auslaufendes Geschäft wieder auf Trab zu bringen.

Salto vorwärts in die Digitalisierung

Doch die IT-Chefs dürfen sich nicht nur als Warner, sondern auch als Innovatoren positionieren. "Es reicht nicht, wenn sie einfach nur härter arbeiten, sie müssen sich grundsätzlich neu erfinden und alte Glaubenssätze über Bord werfen", so die Gartner-Botschaft. Denn jetzt - und nur jetzt - hätten sie eine historische Chance: Grundsätzlich ist das Topmanagement den IT-Themen gegenüber gerade besonders aufgeschlossen. Dadurch steigen auch die Chancen des CIO, Einfluss auf die Unternehmenslenker zu nehmen.

In EMEA berichten 40 Prozent der CIOs (wieder) an den CEO. Das sah in den vergangen Jahren deutlich schlechter aus - als über eine steigende Zahl von CIOs der Finanzchef wachte. Andererseits bedeutet das auch, dass immer noch 60 Prozent der CIOs erst auf der dritten Hierarchieebene angesiedelt sind. Wer das ändern will, muss laut Gartner einen Salto vorwärts ("Flip") vollbringen: Der vor zwei Jahren von den Marktauguren propagierte "Nexus of Forces" (Mobile, Cloud, Social, Big Data) sei heute Alltag, nicht der "Event Horizon".

Häufig ist Cloud erste Wahl

Wer bei diesem Begriff an Schwarze Löcher im All denkt, liegt gar nicht so falsch: Es geht um Anziehungskraft und Beschleunigung. Mehr Anziehungskraft haben beispielsweise Cloud-Services als Sourcing-Option gewonnen: Für etwa 14 Prozent der im EMEA-Raum Befragten ist Software as a Service (SaaS) mittlerweile die erste Wahl, wenn es um Anwendungen geht. 52 Prozent sehen darin eine von mehreren in Frage kommenden Möglichkeiten.

Die Studienergebnisse zeigen einen deutlichen Trend zur Cloud.
Die Studienergebnisse zeigen einen deutlichen Trend zur Cloud.
Foto: Gartner

Etwas kritischer betrachten die CIOs das Thema Infrastructure as a Service (IaaS). Aber für jeden zehnten Studienteilnehmer gibt es dazu keine Alternative mehr. Und mehr als 40 Prozent ziehen diese Option zumindest ernsthaft ins Kalkül. Als Aufgabe für 2015 gibt Aron den CIOs mit: "Trainieren Sie sich eine Warum-eigentlich-keine-Cloud-Einstellung an."

Mobil ist das neue Normal

Beschleunigt hat sich auch die Akzeptanz mobiler Zugriffstechniken, insbesondere am Kunden-Frontend: Ein Viertel der CIOs im Raum EMEA berücksichtigt den Mobile-Aspekt immer, wenn sie neue Anwendungen planen, 38 Prozent ziehen die mobile Kunden-Schnittstelle zumindest in Betracht. Hinsichtlich der nach innen, sprich: auf die Mitarbeiter, gerichteten Applikationen ist Mobile nur in jedem zehnten Unternehmen die Norm. 36 Prozent der CIOs sehen die Mobilisierung aber als Option. Aron rät den IT-Chefs, neue mobile Möglichkeiten zu nutzen: "Bauen Sie die Verwendung von kontextsensitiven Anwendungen aus."

Mobile wird zunehmend bereits in der Projektplanung berücksichtigt.
Mobile wird zunehmend bereits in der Projektplanung berücksichtigt.
Foto: Gartner

Von den "Post-Nexus"-Techniken setzt sich vor allem das Internet der Dinge zunehmend durch: 20 Prozent der Befragten experimentieren damit - ein Drittel davon bereits im praktischen Einsatz. Von den restlichen 80 Prozent plant ein knappes Drittel, mittel- oder langfristig in diese Technik einzusteigen. Es bleiben allerdings 55 Prozent, die keine diesbezüglichen Pläne hegen. Andere "Smart Technologies" wie Thinking Machines, Augmented Human, 3D-Printing und Robotics sind noch deutlich weiter von ihrem praktischen Einsatz entfernt. (sh)