Gartner Group raet zu neuem Datenbankkern Wachstumsfolgen: Sybase muss in USA herbe Kritik einstecken

16.09.1994

MUENCHEN (ua) - Die Sybase Inc. geraet ins Kreuzfeuer der Kritik. Die Firma hielt Auslieferungstermine nicht ein und lieferte einen fehlerhaften SQL-Server aus. Doch die deutschen Anwender reagieren gelassen.

Schuld an der Sybase-Schwaeche ist nach Meinung amerikanischer Analysten ein allzu schnelles Wachstum, dem die Entwicklung nicht mehr nachkam: Weltweit wuchs der Sybase-Umsatz 1993 um 61 Prozent gegenueber dem Vorjahr. Insgesamt belief er sich auf 427 Millionen Dollar.

"Sybase hat dabei offensichtlich einige seiner Ziele aus den Augen verloren", zitiert die CW-Schwesterpublikation "Network World" die Marktbeobachter. So benoetigte das kalifornische Unternehmen rund sechs Monate, um die Fehler im Release 10 seiner Datenbank auszubuegeln. "In einigen Faellen waren Nachbesserungen notwendig", raeumt Juergen Rosenhagen, Produkt-Marketing-Manager bei der Duesseldorfer Sybase GmbH, ein. "Solche Fehler passieren allerdings jedem grossen Softwarehersteller mal."

Auch Berichte ueber Performance-Schwaechen und Zusammenbrueche bei der Replikationskomponente weist Rosenhagen zurueck: "Mit dem Replication-Server gibt es keine Probleme".

Die Auslieferung

wurde verschoben

"Build Momentum", ein Werkzeug fuer die Client-Server-Entwicklung, sollte bereits Ende 1993 auf den Markt kommen. Doch befinden sich die Tools immer noch im Betastadium. Auch der "Navigation Server", eine Unix-basierte Software zur Unterstuetzung von Parallelverarbeitung (IBM Powerparallel System SP2 und AT&T/NCR 8600) sollte urspruenglich schon im November des vergangenen Jahres ausgeliefert werden. Nun wurde er fuer Anfang 1995 angekuendigt. "Wer setzt schon Cluster-Technologien ein? In der Unix-Welt macht das kein Mensch. Parallelverarbeitung ist erst in drei, vier Jahren aktuell", entschuldigt Rosenhagen die Saeumigkeit des Herstellers.

Eine kuerzlich erschienene Studie der Gartner Group stellt die These auf, die Sybase-Datenbank-Engine wuerde niemals in der Lage sein, mehr als vier Prozessoren zu bedienen. Das Marktforschungsunternehmen empfahl dem Hersteller, die Engine neu zu schreiben.

Dafuer sieht Sybase bislang keine Notwendigkeit. Aber immerhin soll das naechste Release staerker skalierbar sein. Sybase spricht von Erweiterungen fuer das symmetrische Multiprocessing.

Die Analysten sehen jedoch ein weiteres prinzipielles Problem: Waehrend die Konkurrenz Turnkey-Systeme anbietet, besteht System 10 aus einer Reihe integrierter Module. Dieses Konzept sei zu kompliziert, konstatieren die Marktbeobachter.

Jens Timmermann, Vorstandsmitglied der deutschen Sybase User Group, widerspricht vehement: "Dem stimme ich ueberhaupt nicht zu. Der SQL-Server 10 laesst sich leicht zum Laufen bringen. Ausserdem benoetigt nicht jeder weitere Komponenten des Systems, so dass sich die Modularitaet als Vorteil erweist." Auch Kai Mueller, stellvertretender Leiter des Projekts DV-Versand bei Mercedes Benz, ist mit seiner Sybase-Datenbank zufrieden. Vor einem Monat fand die Umstellung von der Version 4.9.2 auf Release 10.0 statt.

Allerdings hat Sybase, so raeumt Mueller ein, seine deutschen Kunden bis in den Juni von Monat

zu Monat vertroestet und die Auslieferung insgesamt um ein halbes Jahr verzoegert. Diese Taktik "unzureichender Informationspolitik" habe mehr Unmut hervorgerufen als die tatsaechlichen Fehler, urteilt Timmermann. Er zeigt sich allerdings versoehnlich: "Ich hoffe, dass Sybase daraus lernt."