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Gartner: Europäische IT-Budgets stagnieren

28.03.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Gartner hat bei einer Befragung von 415 Unternehmen in acht europäischen Ländern Unerfreuliches herausgefunden: Die IT-Investitionen in Europa haben die Talsohle erreicht - und werden dort bis mindestens Mitte 2003 verweilen. "Keine guten Nachrichten für die IT-Industrie", kommentiert Vice President und Research Director Stephen Prentice.

Stephen Prentice: "In Zukunft werden die Leute die IT-Ausgaben genau so behandeln wie alle anderen auch."
Stephen Prentice: "In Zukunft werden die Leute die IT-Ausgaben genau so behandeln wie alle anderen auch."

Zwar will rund ein Viertel der von den Marktforschern befragten Firmen im kommenden Jahr seine IT-Budgets aufstocken, aber ebenso viele wollen ihre Investitionen kürzen. Die verbleibenden 50 Prozent erwarten keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr. Ein Grund für die Stagnation ist steigender Druck von Seiten der Finanzchefs, nur noch IT-Projekte mit messbarem RoI (Return on Investment) aufzusetzen. Deswegen schreckten die Anwender vor neuen Techniken zurück, deren finanzieller Nutzen noch unklar sei. "Es gibt ein Backlog bei interessanten Dingen wie GPRS (General Packet Radio Service) und UMTS (Universal Mobile Telecommunication System)", konstatiert Prentice.

Ganz oben auf der Liste der befragten IT-Chefs stehen für dieses Jahr die Integration und Konsolidierung bestehender Projekte mit 13,1 Prozent, gefolgt von Systemarchitektur und -planung mit 12,62 Prozent. Es gebe Anzeichen, dass die DV-Leiter eine Verschnaufpause einlegten und zunächst einmal diejenigen Projekte zum Abschluss brächten, bei denen noch kein RoI ersichtlich ist.

Kein Glück haben laut Prentice Hersteller, die auf "das nächste große Ding" warten: Es gebe keine "Killer-Technik", auf die die Anwender ihre Ausgaben fokussierten. "Die Antworten waren ausgesprochen unterschiedlich", erklärte der Gartner-Mann. "Einen konkreten Schwerpunkt wie das Problem 2000 gibt es gegenwärtig nicht." Während viele US-Kollegen sich zurzeit auf das Thema Sicherheit kaprizierten, sei dies für ihre europäischen Kollegen kein besonderes Thema - es gehöre schlicht als integraler Bestandteil zur Infrastruktur und werde nicht gesondert behandelt.

Prentice weist ferner darauf hin, dass die Pläne der IT-Chefs möglicherweise nicht die ganze Geschichte erzählten. Ein wachsender Anteil von IT-Ausgaben falle außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der IT-Abteilungen, weil Unternehmen IT-Budgets in andere Geschäftsbereiche verlagerten. Es kommt laut Prentice außerdem ebenfalls vor, dass eigentlich für andere Dinge aufgestellte Budgetposten trotzdem für IT ausgegeben würden.

Grundsätzlich habe sich aber das Investitionsverhalten verändert. In der Vergangenheit habe die Meinung vorgeherrscht, alle Ausgaben für IT seien notwendigerweise gut angelegt. "In Zukunft werden die Leute die IT-Ausgaben genau so behandeln wie alle anderen auch, mit den gleichen Kontrollen und Abwägungen", glaubt Prentice. Um ihre IT-Ausgaben in den Griff zu bekommen, empfiehlt Gartner den Anwendern, aus ihrer Vorbereitung auf die Jahr-2000-Probleme zu lernen, eine gründliche Prüfung ihrer IT-Ressourcen und -Bedarfe vorzunehmen und lediglich gehypte Techniken ohne klaren RoI zu meiden.

Weitere Ergebnisse der Befragung würden noch ausgewertet, erklärte Prentice weiter. Detailliertere Resultate werde Gartner auf seinem Symposium in Florenz vom 8. bis 10. April vorstellen. (tc)