Unternehmen werden im Lauf der nächsten fünf Jahre stark auf Firmen-interne Netzwerke setzen. Sie werden die primären Plattformen sein, über die Informationen gesammelt und verarbeitet werden, über die also alle Projekte ablaufen. So sieht die nahe Zukunft aus, glauben die Analysten von Gartner. Im "Report Predicts 2013: Social and Collaboration Go Deeper and Wider" stellen sie vor, wie die Zukunft für Social Business aussieht. Und die ist am Anfang noch nicht sehr rosig.
Soziale Firmen-Netzwerke
In drei Jahren werden die Hälfte der großen Unternehmen Facebook-ähnliche Netzwerke entwickelt haben. Etwa ein Drittel der Unternehmen betrachtet diese Art der Interaktion so wichtig wie E-Mail und Telefon. In den nächsten fünf Jahren, rechnen die Analysten von Gartner, werden Social, Mobile und Gamification zu einer Einheit verschmelzen. Die Endnutzer wird das freuen: Sie kommen mit Enterprise Content Management (ECM) kaum noch in Kontakt und können sich so auf das Wesentliche konzentrieren.
Der Vorteil der Sozialen Firmennetzwerke: Über sie könne die Kommunikation effizienter ablaufen, heißt es in der Analyse. Relevante Informationen kommen schneller da an, wo sie hingehören, Projektgruppen können sich schneller und effizienter organisieren. Aber die Einführung gestaltet sich schwierig, denn viele fürchten die Umstellung und die potenziellen Risiken, wie etwa fehlende Standardisierung, Mitarbeiter in Verweigerungshaltung und Sicherheitsrisiken.
- Mit Teamwork Wissen sammeln und sparen
Mit Social-Business-Software und der Integration von Anwendungen können Unternehmen ihre Effizienz und Gewinne steigern. Allerdings nur dann, wenn "Social Collaboration" von den Mitarbeitern akzeptiert wird. Tipps zur Planung und Softwareauswahl finden Sie hier. - Akzeptanz für Teamarbeit schaffen
Bei zahlreichen Unternehmen und ihren Mitarbeitern konnte das Prinzip der Enterprise 2.0 aufgrund der schnelleren und geradlinigeren Kommunikation sowie einer größeren, geteilten Wissensbasis schon hohe Akzeptanz erlangen. Überzeugt hat ferner die kostensensible Kopplung verschiedener Funktionen, die früher in separaten Lösungen parallel gepflegt werden mussten. - Modulare Softwarelösungen sind von Vorteil
Ist dieser Punkt geklärt, empfiehlt es sich, Anbieter zu vergleichen und eine Social-Softwarelösung auszuwählen, die modular zusammengestellt werden kann. Auf diese Weise ist die Lösung nicht nur maßgeschneidert, sondern zudem jederzeit um zusätzliche Module erweiterbar. - Anwendungsgebiete für den Mittelstand
Eine "Rundum-Sorglos-Lösung", die wirklich jeden Unternehmensbereich abdeckt, ergibt für kleine und mittelständische Betriebe sicherlich erst ab einer gewissen Größe Sinn. So wäre es beispielsweise bei wenigen Mitarbeitern, die alle an demselben Standort arbeiten, eine Lösung überdimensioniert, die Buchhaltung oder Urlaubsverwaltung über eine Enterprise-2.0-Lösung zu betreiben. Hingegen kann es bereits in kleinen Teams sehr sinnvoll sein, Wissen zu sammeln und zu speichern, eine Datenbank zu pflegen und Dokumente zu verwalten. - Positive Gruppenbildung für mehr Kommunikation und Wissen
So greifen in einer Intranet-Enterprise 2.0-Lösung beispielsweise Kommunikationsbausteine ineinander, die ansonsten parallel gepflegt werden müssten. Der Austausch kann über Chats oder Messaging-Funktionen ebenso erfolgen wie über persönliche Nachrichten innerhalb des Systems, die der E-Mail ähnlich sind. - Activity Streams halten auf dem Laufenden
Social-Software-Angebote haben ihren Ursprung oft in Funktionalitäten, die sich an Social-Media-Netzen orientieren. So kann ein mittelständisches Unternehmen seine Mitarbeiter mit sogenannten Activity Streams auf dem Laufenden halten: Direkt auf der Portalstartseite eines Mitarbeiters blendet der Activity-Stream neue Postings oder Aktionen der Organisationsmitglieder ein, auch Aktivitäten in Gruppen werden angezeigt. - Wissens-Pool hilft Zeit und Geld sparen
Wikis, Blogs und Foren, die ihren Ursprung ebenfalls im sozialen Netz haben, können sich auf dieselbe Weise positiv auf die Kommunikation in mittelständischen Firmen auswirken. Klassische Anwendungsbeispiele sind hier Nachfragen zu einem Projektstatus, die für jeden Beteiligten einsehbar sind, Fragen zu Problemen oder Vorgängen, die über diese Wege direkt geklärt werden können, oder der Austausch zu fachspezifischen Themen. - Kundendaten verwalten und Projekte abwickeln
In einer Social-Software-Lösung können Kundenkommunikation, interner Austausch, organisatorische Aufgaben und vieles mehr gleichzeitig abgewickelt werden. So verfügen einige Anbieter über ein integriertes CRM-System, in dem alle Kontakte angelegt und verwaltet werden. Damit werden erforderliche Ansprechpartner über eine Suchfunktion inklusive aller Kontaktdaten schnell gefunden. - Dokumenten-Management integrieren
Auch in der Koordination von Projekten kann Social-Business-Software den Mittelstand unterstützen, und zwar auch über die bereits erwähnten Gruppen hinaus. Zum Beispiel führt ein in die Social-Software integriertes Dokumenten-Management-System dazu, dass Dateien und Dokumente sicher ausgetauscht und versionsgetreu oder parallel bearbeitet werden können. - Buchhaltung, Reisekosten, Urlaubs- und Projektplanung inklusive
Mittelständler, die ihre Buchhaltung intern abwickeln, können die Fibu bei einigen Anbietern direkt mit der Social-Business-Software verknüpfen - wovon auch Mitarbeiter über die Finanzabteilung hinaus profitieren. Dazu legen einige Lösungen zum Beispiel Personalakten je Mitarbeiter an, die jeweils die vertraglich geregelten Arbeitszeiten sowie Urlaubstage dokumentieren.
Anfangs laufen Investitionen ins Leere
Aber so richtig in die Gänge kommt das Social Business erst mal nicht, glauben die Analysten von Gartner. Die meisten Investitionen, 80 Prozent nämlich, verpuffen sinnlos. Erst ab 2016 würde sich das Social Business lohnen, obwohl allen klar ist, dass eine offenere Kommunikation nur zu besseren Ergebnissen führen kann. Den Grund dafür sehen die Berater in unfähigen Chefs, die sich nicht an Neues anpassen wollen, und darin, dass zu viel Wert auf die Technologie gelegt wird.
Doch die meisten Unternehmen unterschätzen, wie sehr Social Media auch eine Veränderung in der Firmenorganisation braucht, wenn die Netzwerke tatsächlich erfolgreich eingesetzt werden sollen. Denn ganz so simpel ist die Umstellung nicht. Das Social Business muss schließlich die komplette Infrastruktur der Firma einbezogen werden, schreiben die Analysten von Gartner. Nicht die einzige Hürde, die Unternehmen überwinden müssen.
Kaum Führungskompetenz
Noch hapert es: Nur elf Prozent aller Unternehmen bezieht die Anstrengungen, ein Social Business zu werden, überhaupt in ihre Strategie mit ein, schreibt Gartner-Analystin Carol Rozwell. Noch legen die Firmen viel zu großen Wert auf die Inhalte, anstatt sich auf eine ordentliche Führungskompetenz in diesem Bereich zu einigen. Das Problem: Ein Social Business führt sich ganz anders.
Bisher gab es, etwa für ERP und ECM- Software, einen "Rollout": Die Mitarbeiter bekamen ein Training und dann mussten sie mit dem Programm arbeiten, egal, ob sie wollten oder nicht. Das funktioniert nur leider mit Social Business nicht, glaubt Rozwell. "In den meisten Fällen können die Mitarbeiter nicht dazu gezwungen werden, Social Apps zu verwenden - sie müssen sich freiwillig dazu entscheiden", schreibt sie in ihrer Analyse. Für Firmen-interne Netzwerke gilt eher der "pull"- als der "push" Ansatz.
Das verlangt auch den Chefs einiges an Führungskompetenz ab. Sie müssen herausfinden, wie sich Netzwerke positiv auf die Arbeitsweise der Kollegen auswirken könnten und sie müssen wissen, wie ihre Mitarbeiter mit den Kollegen zusammen arbeiten und was sie für eine erfolgreiche Zusammenarbeit brauchen können. Erst dann können sich solche Investitionen auch lohnen.
- 6 Wege zu besserer Zusammenarbeit
Mit einem Appell zu "Extreme Collaboration" rufen die Analysten zu intensiverer Kommunikation auf - etwa mittels Crowdsourcing und Social-Media-Analysen. - 1. Web-basierter Collaboration einen Platz verschaffen:
Der Einsatz virtueller und web-basierter Collaboration im Arbeitsalltag der Mitarbeiter sollte nach Gartner-Einschätzung aktiv befördert werden. Die Analysten raten dabei zum Experimentieren. Ein Ansatz sei die gezielte Auswahl einer bislang auf traditionellem Wege – also durch persönliche Meeting oder E-Mail – erledigten Aktivität. Die Mitarbeiter sollten dazu ermuntert werden, diese Tätigkeit künftig möglichst via web-basierter Collaboration zu erledigen. - 2. Near-Real-Time-Communication nutzen:
Stimuliert werden sollte laut Gartner auch die fast in Echtzeit verlaufende Kommunikation in den sozialen Netzwerken – also das Bloggen, Twittern oder Updaten von Facebook-Seiten. „Das Etablieren von Real-Time Communication-Gewohnheiten am Arbeitsplatz ermöglicht einen freieren Informationsfluss und proaktivere Mitteilungen, so dass die Leute schneller auf unerwartete Ereignisse und Störungen antworten können“, so die Analysten. - 3. Crowdsourcing und populäre Social-Media-Tools nutzen:
Als Trigger für einen dynamischen Gedankenaustausch zu einem aktuellen Problem empfiehlt Gartner, einen “Tweet Jam” ins Leben zu rufen. Man müsse nur einen Zeitrahmen und ein Thema festlegen und die Mitarbeiter zur Teilnahme am Brainstorming animieren. „Anders als bei Diskussionen im Meeting Room wird die Kommunikation festgehalten“, so Gartner. - 4. Belohnungssysteme verändern:
Statt alleine individuelle Leistungen und punktuelle Erfolge zu honorieren komme es bei XC darauf an, auch kollaboratives Handeln im Team zu belohnen, das zur Lösung komplexer Probleme beiträgt. „Der Einsatz von Collaboration-Technologien macht es auch einfacher, gemeinschaftliches Verhalten nachzuverfolgen und direkt mit den erreichten Resultaten zu verknüpfen“, so Gartner. - 5. Messungen mit Social Network Analysis:
Mit Social Network Analysis (SNA) und manchen Social-Media-Seiten lässt sich der Einfluss bestimmter Menschen in sozialen Netzwerken beobachten. Eine XC-Kultur basiere auf Offenheit, Vertrauen und gegenseitigem Respekt, erläutert Gartner. SNA sei eine Technik, die bei der Identifizierung starker sozialer Netzwerke mit dieser Grundlage helfe. - 6. Kick-Start durch Gruppen-Events:
Mit Hilfe weniger einfacher Schritte kann man laut Gartner Mitarbeiter aus der Komfortzone holen und zum Ausprobieren neuer Arten von Collaboration und Interaktion bewegen. Ein Beispiel sei es, interne Experten via mobiler Videos in Meetings zu holen. E-Mail könnte für eine bestimmte Zeitspanne intern abgeschaltet werden. Auch Gamification – also der Einsatz Computerspiel-basierter Techniken – sei eine Möglichkeit, alte Gewohnheiten aufzubrechen, so Gartner.
So lohnt sich die Investition
"Es reicht nicht, das Projekt bloß zu sponsern", mahnt Rozwell an. Chefs müssten eine Umgebung schaffen, die eine Zusammenarbeit fördert. Manager müssten, so Rozwell, mit gutem Beispiel vorangehen, um eine offene und transparente Arbeitsweise, wie sie das Social Business erfordert, zu fördern. Und noch etwas kommt hinzu: Die Betonung liegt auf Social, nicht auf Business. Das heißt, glaubt Gartner, dass der Inhalt zunächst mal Nebensache ist. "Die Leute mögen vergessen, was jemand gesagt hat, aber nicht, welche Meinung sie von ihm hatten", heißt es in der Analyse. Erst wenn Führungskräfte das alles beachten, rechnen sich die Investitionen ins Social Business.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.de. (mhr)