Controlling

Gamification - Level Up im Report

04.12.2014
Von Eric Schreyer
Darf man den Spieltrieb des Menschen in betriebswirtschaftliche Bahnen lenken? Eric Schreyer formuliert es anders: Darf Controlling plötzlich Spaß machen?

Das Wesen eines guten Spiels zeichnet sich durch drei Faktoren aus: Eine spannende Herausforderung, Relevanz der zu erledigenden Aufgaben sowie die Freiheit, jenseits der Regeln des Spiels zu experimentieren. Und ein gutes Spiel kann viel mehr, als einfach nur Belohnungen durch Punkte und Auszeichnungen zu liefern.

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Ein gutes Spiel fördert die Zusammenarbeit, führt schneller zum Ziel und es macht Spaß. Ersetzt man Spiel durch Unternehmen, gelangt man schnell zu der alten Erkenntnis, dass sich Mitarbeiter nicht allein durch Gehaltserhöhungen, Boni und Firmenwagen motivieren lassen. Außerdem wissen Soziologen, dass Gedanken- und Strategiespiele der Entspannung dienen und die Konzentration fördern.

Insbesondere im Zuge der Verbreitung sozialer Netzwerke, sind Spiele allgegenwärtig geworden. M2 Research prognostiziert, dass der Markt für Gamification bis zum Jahr 2016 ein Volumen von rund 3 Milliarden US-Dollar erreichen wird - siehe gamesindustry.biz. Bis dahin werden etwa 40 Prozent der weltweit wichtigsten Unternehmen bei der Einführung von Innovationen auf die Methode der Gamification setzen, meint Gartner Research.

Im Grunde geht es darum, durch spielerische Elemente das Verhalten von Mitarbeitern zu ändern. Gamification schafft Gewohnheiten und zielt darauf ab, das berufliche Engagement zu stärken. Dahinter steckt das im betrieblichen Alltag häufig vernachlässigte Prinzip der Rückmeldung, nämlich Anerkennung, Evaluation und Coaching. Feedback fehlt den meisten Mitarbeitern entweder vollständig oder sie erhalten es zu spät - und wenn sie es bekommen, ist es nicht datenbasiert und deshalb für den Mitarbeiter schwer nachvollziehbar. Es gibt also durchaus interessante Aspekte, die durch Gamifizierung in den Geschäftsprozess eingebracht werden können.

Noch in den Kinderschuhen

Sobald ein Thema gamifiziert ist, macht es plötzlich Spaß. Das soll nun auch für das Controlling gelten. Im herkömmlichen Controlling wird sehr viel Zeit darauf verwendet, Zahlen aufzubereiten, Sachverhalte zu bewerten und zu hinterfragen. Das Ergebnis ist ein Report, der häufig zu komplex ist, um auf Anhieb verstanden werden zu können. Fehlinterpretationen und falsche Entscheidungen sind oft die Folge.

Die geringe Akzeptanz dieser Berichte ist hauptsächlich auf ihre Form der Darstellung durch unübersichtliche Tabellen und komplizierte Texte zurückzuführen. Welche Alternativen gibt es? Es liegt durchaus nahe, sich an Smartphone-Apps zu orientieren. Gute Anwendungen haben Charakteristiken, die sich möglicherweise auf ein modernes Controlling übertragen lassen:

  • Visualisierung von Daten und Informationen,

  • Kombination von Desktop- mit mobilen Anwendungen,

  • einfache Bereitstellung von Daten und Informationen sowie

  • Gamification.

Mechanismen, die bei der Gamification im Controlling eingesetzt werden können, unterstützen die Visualisierung von Informationen: Transparenz, Grad der Zielerfüllung, Punkte oder Levels, Wettbewerb, Zusammenarbeit und Community. Nicole Jekel, Professorin an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin, befasst sich mit diesen Themengebieten, die allerdings noch in den Kinderschuhen stecken.

Software der Ausbeutung

Ian Bogost, Game-Designer und Professor für Interactive Computing am Georgia Institute of Technology, lehnt das Übertragen von Spielelementen auf spielfremde Kontexte ab. In seinem Essay Gamification is bullshit schreibt er:

"Anstatt für gute Arbeitsbedingungen und angemessene Gehälter zu sorgen und die Arbeit an sich attraktiver zu gestalten, greifen die Unternehmen zu extrinsischen Stimuli, die das Engagement für eine entfremdete, stressige und oft schlecht bezahlte Arbeit künstlich steigern soll. Weil die Motivation sich nur aus der attraktiven Belohnung und nicht aus dem Vergnügen speist, hat diese Software der Ausbeutung das Spiel eigentlich pervertiert."