Gängiger Trick

19.04.1984

Daß ihr kleiner Computer, Taufname "PC", in der Bundesrepublik bisher gegen den "MacDonald-Effekt" nicht ankommen konnte (der "Fast"-Trend scheint nicht so ohne weiteres übertragbar), muß für die US-Oberen der IBM besonders enttäuschend gewesen sein. Denn jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Mehr als 7000 PC-Systeme dürfte die IBM Deutschland im vergangenen Jahr nicht verkauft haben, wie sich aus dem Umsatz von rund 100 Millionen Mark leicht rückrechnen läßt (Seite 1: "1% des IBM-Umsatzes mit vermeintlichem Hit PC").

Zwar hört man aus Stuttgart, daß der PC-Knoten im ersten Quartal 1984 geplatzt sei, doch wird man die nächste Bilanz-Pressekonferenz im Frühjahr 1985 abwarten müssen, um statistisch saubere Daten zu erhalten.

Den DV/Org.-Chef in großen Organisationen mag die Zahlenspielerei um Shipments und Bookings eh kalt lassen. Ihn interessiert vielmehr, wie der PC in sein Konzept der verteilten Datenverarbeitung paßt, ob er sich nämlich in bestehende Online-Anwendungsumgebungen einfügen läßt. Das ist nun einmal keine Hardwarefrage, sondern eine harte Softwarenuß, die es zu knacken gilt.

Und hier hat nun in der Tat die "große" IBM, die IBM der SNA-Schau und der SNA-Schaubilder, den kleinen Springinsfeld eingeholt, der bisher als Stand-alone-System vermerktet wurde. Dazu ist relevant, daß der PC von einer "Independent Business Unit" (IBU) der IBM entwickelt wurde, einer autonomen Seilschaft, die auf Anweisungen aus dem Hauptlager keinerlei Rücksicht nehmen mußte. Dieser Tatsache, davon sind Branchen-Insider überzeugt, verdankt der PC seinen Durchbruch in den USA - ein Erfolg freilich, der sich nicht exportieren ließ.

Mit ihren neuesten Softwareprodukten für die Mikro-Mainframe-Verbindung (Seite 6) will die IBM an Jahrzehnterfolge im Datenstationsgeschäft wie "3270" anschließen: Der PC soll die "dummen" Bildschirmterminals am Arbeitsplatz ablösen. Ein gutes Geschäft, wenn es läuft, für Big Blue - auch für den Anwender?

Die Frage muß erlaubt sein, was der Mainframe-Marktführer zu dem hochexplosiven Thema "Informations-Management" zu sagen hat. Denn dabei geht's ans Eingemachte. Kein "normaler Datenverarbeiter", sagen wir es ganz offen, weiß doch bislang, wer, wann, wo weiche Informationen benötigt, wie Intelligenz zu verteilen ist. Hilfe bei dieser Grundsatzentscheidung, und das zeigen die jüngsten IBM-Announcements ganz deutlich, darf er von seinem Computerlieferanten nicht erwarten.

Was tut die IBM denn anderes, als Zahlen aneinander zu reihen, Nummern für irgendwelche Boxen, die ihrer Meinung nach geeignet sind, Hardwarelücken zu schließen. Diese Konfigurationsvorschläge als "Integrated Information Systems" zu bezeichnen, ist ein gängiger Trick, auf den der Anwender eigentlich nicht mehr hereinfallen sollte.