Im Vergleich: Wordperfect Suite 8, Smartsuite 97 und Office 97

Funktionsmenge schadet Absatz von Büropaketen

23.01.1998

Ein jahrelanger Wettlauf hat die Büropakete zu wahren Funktionsmonstern aufgebläht. Kaum ein Anwender braucht mehr als zehn bis 15 Prozent der angebotenen Funktionen. Mit dem Umfang wächst aber auch die Unlust, Geld für Updates auszugeben, deren Funktionen man sowieso nicht nutzen wird und die zudem die Festplatte füllen und wertvollen Speicherplatz belegen. Inzwischen haben das auch die Anbieter erkannt und ihre Entwicklungspläne darauf abstimmen. Sie wollen künftig die Bedien- und Wartbarkeit der Software in den Vordergrund stellen beziehungsweise neue Techniken, insbesondere Java-Komponenten, einführen (siehe Kasten).

Lohnt sich ein Wechsel?

Bis die neuen Versionen kommen, gilt es jedoch, eine Schneise in den Funktionsdschungel zu schlagen, um jene Eigenschaften freizulegen, die einen Herstellerwechsel rechtfertigen könnten. Die IDG-Schwesterpublikation "PC-World" hat diese Aufgabe durch einen Vergleich der Büropakete von Microsoft ("Office 97 Professional"), Lotus Development ("Smartsuite 97") und Corel ("Wordperfect Suite 8 Professional") in Angriff genommen. Im Vordergrund standen dabei weniger die Features als die Frage, ob sie einen deutlichen Zusatznutzen entweder im Vergleich zur Vorgängerversion oder zum Konkurrenzprodukt aufweisen.

Um ein zentrales Ergebnis vorwegzunehmen: Funktional nehmen sich die Produkte wenig. Für Anwender, die sich an ihre Software gewöhnt haben und keinen wirklichen Mangel verspüren, wäre ein Umstieg daher reine Geldverschwendung - zumal wenn sie ihr Büropaket als kostenlose Beigabe zum PC erhalten haben.

Dennoch gibt es einen Sieger, wenn auch mit knappem Vorsprung: Microsofts Office 97. Das hat jedoch weniger mit den durchaus überzeugenden Leistungsmerkmalen der Software zu tun als mit der Tatsache, daß Microsoft mit "Word" und "Excel" - den für die meisten Benutzer mit Abstand wichtigsten Anwendungen: Textverarbeitung und Tabellenkalkulation - unangefochtener Marktführer ist.

Microsoft ist zwar auch mit der Desktop-Datenbank "Access" und dem Präsentationsprogramm "Powerpoint" die Nummer eins, doch stören im ersten Fall die langsame Filterfunktion und im zweiten Fall die Schwierigkeiten, einen exakten Ausdruck der Dateien zu bekommen.

Auf dem zweiten Platz rangiert knapp hinter MS-Office die Smartsuite der IBM-Tochter Lotus, die unter Windows schneller läuft als das Paket des Betriebssystem-Herstellers. Besonderes Lob gebührt dabei dem Präsentationsprogramm "Freelance Graphics 97" und dem "Organizer 97 PIM". Auch die Workgroup- Tools zeigten sich den Konkurrenzprodukten klar überlegen. Den Vorsprung gegenüber der Wordperfect-Suite verdankt das Lotus-Paket jedoch der Tatsache, daß die Datenbank "Approach" auch zum Lieferumfang der Standardversion gehört.

Die Wordperfect Suite 8 Professional glänzt durch ihren Projekt-Manager, die Funktionen zur Verwaltung von Web-Seiten und die reichhaltige Sammlung von Corels Clipart-Bildern. In den Kernanwendungen jedoch hinkt das Paket zwar nicht deutlich, aber doch hinter denen von Office und Smartsuite hinterher. Ein K.o.-Kritierium könnte hierzulande sein, daß diese Produktvariante nur in englischer Sprache existiert.

Lohnt sich ein Upgrade?

Es zeigt sich, daß jedes Paket einen anderen Schwerpunkt setzt. Die Nachteile in den anderen Bereichen sind jedoch nie so gravierend, daß sich die Kosten für einen Wechsel auf das Konkurrenzprodukt und der Aufwand für das Erlernen der neuen Oberfläche rentieren.

Bleibt man seinem Hersteller treu, stellt sich immer noch die Frage, ob ein Update tatsächlich Zusatznutzen bringt. Mit einem eindeutigen Ja ist diese Frage dann zu beantworten, wenn für Inter- und Intranet-Umgebungen HTML-Seiten erstellt werden sollen. Alle drei Anbieter haben in diesem Bereich am meisten getan, Corel sogar Netscapes "Communicator-Suite" dazugepackt. Vor allem die Textverarbeitungen und Datenbanken wurden um Web-Funktionen erweitert.

Anwenderunternehmen, die sich noch nicht auf das Internet konzentrieren, werden wenig Anlaß für eine Update-Entscheidung verspüren. Betrachtet man die Einzelanwendungen, so gilt das insbesondere für Textverarbeitung und Datenbank, bei denen sich - sieht man von den Internet-Features ab - wenig geändert hat. Auch bei den Planern, den sogenannten Personal Information Managern (PIMs), hat sich nicht viel getan. Bei der Präsentationssoftware ist der Multimedia-Schnickschnack von Powerpoint hervorzuheben, bei Corels "Presentations" die Web-Funktionen. Freelance Graphics von Lotus glänzt mit vorgefertigten Inhalten für vielfältige Bereiche und einer einfachen Benutzerführung. Außerdem hat es als einziges eine Teamfunktion für Gruppenpräsentationen.

Am meisten hat sich bei den Programmen für die Tabellenkalkulation getan, insbesondere bei "Quattro Pro 8". Corel hat hier zur Konkurrenz aufgeschlossen. Bei den Arbeitsblattfunktionen übertrifft die Software sogar Microsofts Excel. Als einzige Applikation verfügt das Corel-Programm über eine Funktion zur Verwaltung mehrerer Spread- sheet-Versionen unter derselben Kennung. Für Lotus 1-2-3 spricht, daß die Software zum erstenmal nativ die 32-Bit-Architektur von Windows 95 unterstützt.

Hervorzuheben ist auch die Verwaltung von Szenarien durch den Versions-Manager von 1-2-3. Insgesamt gleichen sich die Spreadsheet-Programme in erstaunlicher Weise, wenn auch Mircosofts Excel bei den Analysewerkzeugen wie den Pivot-Tabellen einen Vorsprung hat. Außerdem kann Excel jetzt als einziges Programm nicht nur Dateien, sondern auch Charts im HTML-Format speichern.