Japanischer PCM-Anbieter wird quasi IBM-Lizenznehmer:

Fujitsu zahlt 1,4 Milliarden Mark für MVS

09.12.1988

MÜNCHEN/NEW YORK (CW) - Die jahrelange Auseinandersetzung zwischen IBM und Fujitsu um das PCM-Geschäft ist beigelegt. Zwei amerikanische Schlichter entschieden, daß der japanische Elektronikriese für insgesamt 100 Milliarden Yen Zugang zu den Schnittstelleninformationen über IBMs Mainframe-Betriebssystem MVS erhält.

Mit einem nichtanfechtbaren Schiedsspruch hat die American Arbitration Association (AAA), ein privates Schlichtungsinstitut in New York, den seit sechs Jahren andauernden Konflikt zwischen den beiden Konzernen beendet. Für umgerechnet 1,4 Milliarden Mark erkauft sich die Fujitsu Ltd. das Recht, legal im MVS-Markt mitzumischen.

Die zwei "Arbitrators", der Rechtsprofessor Robert H. Mnookin und der pensionierte DV-Experte John L. Jones, haben seit der Bekanntgabe der prinzipiellen Einigung im vorigen Jahr einen detaillierten Plan ausgearbeitet. Darin wird bestimmt, wie und für wieviel Geld Fujitsu an die Spezifikationen kommt, die nötig sind, um einen "MVS-Clone" auf den Markt zu bringen. Einen Großteil der fälligen Summe hat IBM über die Jahre schon stillschweigend kassiert; nun wartet der Branchengrößte noch auf einen Scheck über 237 Millionen Dollar aus Tokio.

Für den deutschen Großrechnermarkt kommt die Schlichtung allerdings viel zu spät. Die Siemens AG, Fujitsus deutscher Vertriebspartner, hat das Geschäft mit IBM-kompatiblen Mainframes (PCM) längst an ihre 33prozentige Tochterfirma Comparex abgegeben, die nur Hitachi-Rechner verkauft. Nur noch 23 europäische - vorwiegend deutsche - Anwender fahren auf ihren Siemens 7.8XX das "Corpus delicti": Fujitsus Betriebssystem MSP, das IBM einst als Plagiat ihres MVS inkriminiert hatte. Die übrigen PCM-Anwender tangiert die Entscheidung nicht. Sie haben eine Originallizenz der IBM für MVS und zahlen die Gebühren dafür direkt an Big Blue.