Im Bann der Behörden

Fujitsu steht auf britischer Blacklist

12.09.2012
Der IT-Konzern Fujitsu bekommt vorerst keine Aufträge von der öffentlichen Hand in Großbritannien mehr. Die Behörden stufen ihn als "hoch riskanten" Lieferanten ein.

Fujitsu wurde britischen Zeitungsberichten zufolge von den Behörden auf eine schwarze Liste mit Firmen gesetzt, die von künftigen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Die nicht öffentliche Liste ist Teil eines Programms, das die Projektrisiken minimieren soll. Die Einordnung der Lieferanten basiert aus vergangenen Erfahrungen. Fujitsu sowie ein weiterer nicht genannter Provider werden offenbar als "höchst riskant" eingestuft, berichtet die britischen Ausgabe der "Financial Times", die sich auf hochranginge Regierungsvertreter beruft. Weder Fujitsu noch die britische Regierung kommentierten die Meldung.

Foto: NHS

Zuletzt waren die Gesundheitsbehörde National Health Services (NHS) und Fujitsu aneinander geraten. Sie hatten um einen Auftrag in Höhe von 700 Millionen Pfund (rund 870 Millionen Euro) gestritten, der Teil des NHS-Mammutprojekts zur Modernisierung der IT-Austattung im Gesundheitswesen ist, das wiederum ein Gesamtvolumen von 12 Milliarden Pfund umfasst. Zuvor hatte das britische Arbeitsministerium (Department for Work and Pensions) einen Vertrag mit Fujitsu über das Desktop-Outsourcing im Wert von 300 Millionen Pfund gekündigt (370 Millionen Euro).

Fujitsu ist nicht nur ein landesweit bedeutender Anbieter im britischen Behördenmarkt, der Provider ist auch auf lokaler Ebene gut im Geschäft und beteiligt sich laut der CW-Schwesterpublikationen "Computerworld UK" derzeit an diversen Projekt-Ausschreibungen zum Ausbau der Breitbandnetze im Gesamtwert von mehreren hundert Millionen Pfund. Die Entscheidung, den Anbieter von Aufträgen der öffentlichen Hand auszuschließen, ist umstritten und wird von Kritikern als riskant gewertet. Sie stellt vor allem Regionen vor ein Dilemma, die ihre Netzinfrastruktur noch erweitern wollen und bei der Provider-Auswahl praktisch keinen Wettbewerb haben. Ein Fujitsu-Bann würde die ohnehin schon dominante Stellung von BT weiter festigen.

Francis Maude, britischer Minister für Kabinettsangelegenheiten, treibt die Idee einer Blacklist für Lieferanten in Großbritannien voran.
Francis Maude, britischer Minister für Kabinettsangelegenheiten, treibt die Idee einer Blacklist für Lieferanten in Großbritannien voran.
Foto: Cabinet Office

Die Blacklist geht auf Francis Maude, Minister für Kabinettsangelegenheiten, zurück. Er schickte seinen Kabinettskollegen im Juli 2012 einen Brief, in dem er ihnen detailliert den neuen Prozess für das Blacklisting hoch riskanter Lieferanten darlegte. Zuvor hatte sich Maude mit den 20 bedeutendsten Anbietern getroffen, um ihnen zu eröffnen, dass ihre Leistung künftig dokumentiert und die Beurteilungen beim Start und während des Ausschreibungsprozesses öffentlich gemacht werden. Kritiker befürchten nun, dass sich Provider aus dem Markt für öffentliche Aufträge zurückziehen werden, weil sie schon zu einem Zeitpunkt um ihre Reputation fürchten müssen, zu dem sie nicht wissen, ob sie Aussicht auf den Auftrag haben. Die Gefahr, dass Image mit Behördenaufträgen zu ramponieren, bestand zwar schon immer, weil solche Projekte häufig schwierig sind und zugleich von der Öffentlichkeit akribisch begleitet werden. Bislang galt laut Computerworld UK zwischen den öffentlichen und privaten Geschäftspartnern aber immer die stillschweigende Übereinkunft, dass neue Projekte in der Pipeline warten. Dieses Lockmittel endet mit der schwarzen Liste. (jha)