Aktienübernahme macht Japaner zum Anteilseigner bei US-PC-Anbieter:

Fujitsu erwirbt De-facto-Kontrolle über Amdahl

16.03.1984

MÜNCHEN - Neue Herren bestimmen offensichtlich in Zukunft die Geschicke des amerikanischen PCM-Anbieters Amdahl. Der japanische Hardwarehersteller Fujitsu übernahm ein Aktienpaket des US-Wagnisfinanciers Heizer Corporation, Chicago, und schob sich damit an einen 50-Prozent-Besitz seines Vertriebspartners heran. Welche Bedeutung der Nippon-Konzern, der bislang knapp über 30 Prozent des Amdahl-Anteils hielt, diesem Deal zuschreibt. ergibt sich aus zwei Werten: Die Aktie wurde zum Übernahmezeitpunkt an der New Yorker Börse mit etwas aber 17 Dollar gehandelt, die Japaner zahlen an Heizer um die 22 Dollar.

Erste Anzeichen für eine größere Umverteilungsaktion ergaben sich bereits Ende letzten Jahres, als Amdahl-Präsident John Lewis trotz eines guten Geschäftsergebnisses (Umsatz 777 Millionen Dollar, Vorjahr 462,2) 44 Prozent seines eigenen Aktienpaketes (65 000 Stück) zum damals notierten Börsenpreis von rund 18 Dollar verkaufte. Börsianer reagierten auf diese Transaktion jedoch gelassen. Kursschwankungen der Amdahl-Aktie, die an der New Yorker Stock Exchange gehandelt wird, lagen nach Experten-Meinung in normalen Grenzen. Ein ähnlich ruhiges Verhalten legten die Broker auch nach Bekanntwerden des Fujitsu/ Heizer-Deals an den Tag. So schloß die New Yorker Börse am 9. März über dieses Wertpapier mit 175/8 Dollar. Dennoch birgt dieses Geschäft, das weitreichende Auswirkungen auf das Amdahl-Busineß haben dürfte, Stoff für einige Verwirrung.

Es ist allgemein noch unklar, ob die Japaner sich bereits über die 50-Prozent-Hürde gehangelt haben oder sich noch knapp darunter bewegen. Nach offizieller Fujitsu-Erklärung beläuft sich der Besitzanteil an Amdahl bei 49,5 Prozent. Analytiker vermuten, daß sich die Japaner mit diesem Statement die Tür zu Regierungsgeschäften offenhalten wollen. Amerikanische Behörden bevorzugen bei der Auftragsvergabe bekannterweise einheimische Unternehmen. Dem widersprechen Amdahl-Angaben, wenn auch nur indirekt.

So habe der japanische Konzern vor der Übernahme des Heizer-Paketes 32,8 Prozent der Amdahl-Aktien gehalten. Fujitsu selbst bekundet im Jahresbericht vom März 1983 sein Interesse an einer Aufstockung der Anteile - damals 24,1 Prozent - auf 32,4 von Hundert. Angaben über die Paketgröße der Heizer Corporation variieren allerdings erheblich: Die Prozentwerte schwanken zwischen 18,7 Prozent (Börsenzeitung vom 9. 3. 84), 19 Punkten von Hundert (Standard & Poor's Corporation, New York), 19,5 Prozent (VWD) über 20,5 (IDB Daily Bulletin of Information Technology, London, Nr. 664) bis zu 22,4 (I. P. Sharp) und 22,8 Prozentpunkten (Amdahl).

Für Fujitsu selbst ergibt sich beider kleinsten vermuteten Anteilsgröße von 18,7 Prozent der Heizer Corporation bereits die Möglichkeit, über die 50-Prozent-Hürde zu springen und die Kontrolle über das US-Unternehmen zu gewinnen. Aus geschäftspolitischen Erwägungen allerdings erscheint US-Beobachtern eine direkte Beteiligung der Japaner von 49,5 Punkten am wahrscheinlichsten. Für diese Theorie spricht auch, daß Fujitsu von der Heizer Corporation, die sich am 28. Februar auf Eigner-Beschluß selbst liquidierte, nur rund sechs Millionen Shares übernommen hat - auf weitere knapp 2,5 Millionen Anteile soll, so verlautet, eine Option bestehen.

Börsenexperten sehen in der Heizer-Auflösung einen der Hauptgründe für das Übernahmegeschäft.

Die Liquidation des Chicagoer Unternehmens habe sich für die Japaner als gute Gelegenheit erwiesen, die Amdahl-Anteile zu übernehmen, um Fremdbesitzer auszuschalten. Amdahl gilt in Expertenkreisen als wichtiges strategisches Glied im Exportgeschäft des japanischen Computerherstellers.

Amdahl-Chef Lewis bewertet den Aktienkauf der Nippon-Manager dann auch als "freundlichen Akt" und verweist darauf, daß eine Vereinbarung in Arbeit sei, derzufolge die Japaner nicht in die Unternehmenspolitik eingreifen werden. Trotz der Beteuerung Lewi's glauben Marktanalytiker jedoch, daß die De-facto-Kontrolle jetzt in japanischen Händen liege.

Deal tendenziell positiv

So meint auch Dave Kutnick, Executive Director der Yankee Group, daß Fujitsu als

Mehrheits-Eigner dieser Größenordnung jetzt das absolute Sagen habe. Er allerdings wertet diesen Deal tendenziell positiv. Um weiterhin gegen die IBM bestehen zu können, benötigte Amdahl dringend Finanzmittel für Forschungs- und Entwicklungszwecke, die jetzt von den Japanern sicherlich flüssiggemacht würden.

Ändern werde sich dennoch die Rolle, die PCM-Anbieter in Zukunft spiele, meint Kutnick gegenüber der COMPUTERWORLD. So habe das Unternehmen nicht mehr den notwendigen Atem, weiterhin den Markt der Großsysteme ausreichend offensiv anzugehen, besitze aber auf der anderen Seite die Distributions- und Marketingkanäle sowie auch die Service-Einrichtungen, die Fujitsu dringend benötige, um auf dem US-Markt mithalten zu können.

Bereits vor der Aktien-Transaktion bekleideten drei Fujitsu-Manager Vorstandsposten bei Amdahl. Jetzt wird erwartet, daß die Japaner auch den Direktorenstuhl, der vorher von Heizer formell besetzt worden war, übernehmen werden. Allein die verstärkte Nippon-Repräsentanz im Amdahl-Board läßt Insider annehmen daß die Amdahl-Politik künftig kräftigere japanische Züge trage. Zunächst ist jedoch noch ungewiß, wie die US-Behörden auf den japanischen Vorstoß reagieren werden.