FÜR SIE GELESEN

22.02.1991

Achim Born in dem Unix-Magazin "Topix" anläßlich der Unix-Schelte der Gartner Group:

Seit dem Wallstreet Journal vom 7. Dezember im letzten Jahr wissen wir es genau: "Für viele Unternehmen heißt Unix Bankrott in Esperanto buchstabiert", wird dort der Gartner-Analyst Bruce Tangow zitiert. Wie viele andere Marktbeobachter stößt er sich an dem Problem, daß das Unix-Geschäft vor allen Dingen für etablierte Hersteller trotz einer Unix-Strategie heute Verluste einfährt.

Ein Paradoxum, dessen Gründe aber hinlänglich bekannt sind. Geringere Margen und verstärkter Konkurrenzdruck zwingen zum Abschied nehmen von liebgewonnenen Vertriebsgewohnheiten.

Es ist zum Haare raufen. Um die Jahreswende scheint die No-Future-Welle die Führungsetagen der Unternehmen erreicht zu haben. Selbst Softwarehäuser machen kaum mehr eine Ausnahme. Allenthalben Klagen über den "bösen" Unix-Markt. Dabei liegt gerade vor Software und Systemhäusern eine neue Bonanza. Erstmals werden Anwendungen möglich, von denen viele bisher nur träumten oder allenfalls sprachen.

Es sind oftmals gerade die Leute, die das Bild des Unternehmers hochhalten, die heute wie die Maus vor der Katze sitzen. Jetzt, wo sie wirklich etwas unternehmen müßten, wissen sie keinen Ausweg. Ihre bisherigen Strategie, im Sog der IBM mitzuschwimmen, greift nicht mehr. Dahinter verbirgt sich vor allen Dingen das mentale Problem, die neuen Chancen zu begreifen.

Dabei bieten Vertrieb und Marketing genügend Ansatzpunkte. Aber das allein reicht nicht aus. Die Umstellung muß in den Köpfen der Leute beginnen, will man Erfolg damit haben. Wer es nicht schafft, die eigene Mannschaft auf die neuen Ziele einzuschwören, wird gezwungenermaßen scheitern. Solch ein Umstrukturierungsprozeß ist kein leichtes Unterfangen.

In vielen Fällen muß ein Teil der Hausphilosophie über Bord geworfen werden. Trotzdem müssen die Hersteller begreifen, daß es keine andere Chance mehr gibt außer dem Markt der offenen Systeme.

Es sei denn, man hieße DEC oder IBM. Aber selbst diese haben die Zeichen der Zeit erkannt und sind hier aktiv geworden. Die Computerindustrie wandelt sich zu einer normalen Branche. Für Angsthasen ist da kein Platz mehr.

Informationen:Achim Born ist leitender Redakteur der Zeitschrift topix: Abteilungsrechner & Workstations