Für Nixdorf ist etwas "faul" im DW-Staat

31.01.1986

Es erinnert schon an das selbstgefällige "Früher, da haben wir

noch . . ." unserer Altvorderen, wenn Heinz Nixdorf seinem Herzen Luft macht. Während der letzten Hannover-Messe lag ihm die Bundespost auf der Seele, deren Angestellte und Beamte er schlicht zu Müßiggängern stempelte. Die spröde westfälische Diplomatie sorgte nicht nur für Verwirrung in den Amtsstuben, auch die Verkäufer Konzerns zweifelten an der Konzilianz ihres "Managers '85".

Die kernige Würdigung des blaugelben Monopolisten schien dem Träger der Ludwig-Erhard-Medaille für marktwirtschaftliches Engagement offensichtlich zu eng gefaßt. Vor Mitgliedern des Hamburger Arbeitgeberverbandes für Groß- und Außenhandel erklärte der Konzernherr jetzt unverblümt: "Wir sind zu faul geworden." So jedenfalls kolportierte das "Hamburger Abendblatt" Nixdorfs Begründung, warum wir mit den Asiaten beim Technologiewettlauf nicht mithalten können. Mit "wir" kann der Patriarch ja wohl nur die ganze Nation meinen - auch die Unternehmen.

Der ach so begehrte Erfolg ist gleichwohl nicht nur ein Resultat mangelnder Arbeitsmoral, sondern eben auch abhängig vom unternehmerischen Fortune bei der Produktinnovation, und an diesem gebricht es mitunter auch dem größten deutschen DV-Hersteller. Man denke hier nur an das Bürokommunikationssystem 88BK, das fehlertolerante System 8832 . . . Und was den Rechnerbereich anbelangt, hat Nixdorf gar die Sprache verloren. Gäbe es da nicht das BMFT als Gönner, die Post als Großkunden für die Kommunikationsprodukte sowie das einvernehmliche Geschäft mit den Banken - die rot-weiße Welt sähe ärmer aus. Auch in Paderborn gilt offenbar das Sprichwort: "Wer satt ist, lobt das Fasten."