Kfz-Branche setzt bei Händlerinformation auf optische Platten

Für kleinere Werkstätten ist das CD-ROM-System noch zu teuer

23.11.1990

MÜNCHEN (hp) - Automobil-Konzerne versorgen ihre Vertragspartner regelmäßig mit den neuesten technischen Informationen. Dabei fallen immense Papiermengen an. Jetzt wollen die Kfz-Hersteller ihren Händlern CD-ROMs anbieten. Ob die sich allerdings mit der neuen Technik anfreunden können, bleibt abzuwarten.

Rund 45 000 Seiten technische Literatur auf Papier oder Mikrofilm besitzen die Vertragspartner der VW AG. Jedes Jahr kommen rund 8000 Seiten dazu. Bei den anderen Automobilherstellern sieht es ähnlich aus. Viele Händler sind angesichts dieser Papierflut schlicht überfordert. "Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem der Händler schon beim Aktualisieren Probleme bekommt. Um die kundendiensttechnische Literatur auf dem laufenden zu halten, muß täglich eine Viertelstunde aufgewendet werden", beklagt Karl-Heinz Soffner, Abteilungsleiter im Bereich Kundendienst bei VW.

Das geplante System soll den Werkstätten Zeit und Mühe beim Auffinden der aktuellen Informationen ersparen. Die Suche in den Papierunterlagen erwies sich oft als schwierig und umständlich. "Viele Mechaniker fragen zuerst den Kollegen oder den Meister, bevor sie in der Literatur suchen, die bei diesem Seitenumfang nicht sehr benutzerfreundlich ist", meint Soffner.

Die Opel AG steht bereits kurz vor der Realisierung des Projekts: Im Frühjahr sollen die ersten CD-ROMs mit Technik-Informationen an Händler verschickt werden. Geplant sind sechs optische Platten pro Jahr. Bis jetzt hält Opel servicetechnische Literatur in zwölf Sprachen auf CD-ROM bereit. Demnächst sollen es 14 sein. Damit spekuliert der Kfz-Hersteller auf seine 7400 europäischen Vertragspartner.

Den Prototyp eines Werkstatt-Informationssystems hat BMW vorgestellt, an dessen Entwicklung EPS Bertelsmann und Siemens beteiligt waren. Wie bei dem System von VW steht am Anfang der Recherche die Fahrzeugidentifikation. Der Benutzer kann die Fahrgestellnummer direkt eingeben oder aus verschiedenen Listen Baureihe, Modell, Baujahr und Zulassungsmonat mit der Maus auswählen.

Die Recherche braucht weniger Zeit

Die Integration der elektronischen Informationssysteme in die vorhandenen Werkstatt-Infrastruktur soll durch das Betriebssystem Unix vollzogen werden. So lassen sich die bisherigen Bestell- und Auftragssysteme wie bisher nutzen. Die gesuchten Ersatzteile werden in einer Teileliste gesammelt und online an BMW weitergegeben. Durch diesen Informationsverbund hofft BMW, den Zeitaufwand für eine Recherche um den Faktor zehn zu verringern.

Auch VW hat sich für Unix entschieden. Die neuen Komponenten des Informationssystems werden unter diesem Betriebssystem entwickelt, bestehende Architekturen wurden auf Unix umgestellt. Ein elektronischer Teilekatalog ist seit 1990 im Einsatz. Die Komplettlösung mit der CD-ROM soll bis Herbst 1993 fertiggestellt sein. Geplant ist, die CD-ROMs alle acht Wochen an die Händler zu verschicken; dazwischen sollen Zwischenaktualisierungen online erfolgen.

VW rechnet damit, daß sich 40 Prozent ihrer 3300 Partner in der Bundesrepublik für die CD-ROM-Lösung interessieren. Momentan kostet das technische Equipment für eine Recherchestation rund 20 000 Mark. Deshalb kommt sie vorerst nur für größere Betriebe in Frage.

Die 50 Händler, die bei dem Pilotprojekt von Opel mit einem CD-ROM-Arbeitsplatz ausgerüstet wurden, waren überwiegend angetan. "Auch die Investition von 20 000 Mark sind für sie kein Schock gewesen. Sie interessierten sich vielmehr für die laufenden Kosten, und die belaufen sich auf ungefähr 1000 Mark im Jahr", erklärt Helmut Kersten, Leiter des Kundendienstes bei Opel.