IDC, Dataquest, Strategic Research: Desktops weiter sehr gefragt

Für deutsche Anwender gibt es nur zwei relevante PC-Hersteller

15.03.1991

MÜNCHEN (ciw) - Nach Stückzahlen ist der deutsche PC-Markt 1990 um 23 bis 27 Prozent gewachsen - dem Wert nach um 25 Prozent. Der gefragteste Prozessor war der 286, dicht gefolgt vom 386 und dem 386SX. Den größten Marktanteil - gemessen am Wert der ausgelieferten Rechner - hat nach wie vor IBM. Zu diesem Schluß zumindest kommen die jährlichen Untersuchungen von IDC Deutschland und Dataquest Europe.

Nicht aus der Hersteller- und Händlerperspektive, sondern aus der Sicht von Großanwendern untersuchte die Marktforschungs-Organisation Strategic Research & Information den europäischen PC-Markt. Sie fragte 1281 deutsche Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern nach ihren PC-Kaufplänen für das Jahr 1991. Danach wollen deutsche Großunternehmen in diesem Jahr rund 30 000 Personal Computer kaufen.

Dabei setzt sich die Einkaufsliste zu 19 Prozent aus Laptops und zu 81 Prozent aus 'Fischgeräten zusammen. Bei den Portablen stehen Toshiba mit 43 und Compaq mit 31,4 Prozent ganz oben.

Allerdings haben sich unter den potentiellen Compaq-Kunden bereits 60 Prozent definitiv entschieden, während sich die Toshiba-Klientel erst zu rund 40 Prozent sicher ist. Für den in der Kundengunst drittplazierten Hersteller Zenith konnten sich gerade noch fünf Prozent erwärmen.

Bei Desktops fällt das Ergebnis erstaunlich eindeutig aus: Für deutsche Großkunden gibt es offenbar nur noch zwei ernstzunehmende Anbieter: 36,5 Prozent wollen IBM-PCs kaufen, und 16,7 Prozent haben sich für Compaq-Maschinen entschieden. Die restlichen Hersteller liegen laut Analyse auf den Kauflisten jeweils unterhalb der Vier-Prozent-Marke.

So wünschen beispielsweise nur 3,8 Prozent der Kunden PCs von HP oder SNI. Tandon erregt gerade noch bei 3,7 Prozent Kaufgelüste. Alle anderen sind kaum gefragt, ermittelte die Research-Gruppe.

Interessantes erbrachte die Studie auch in bezug auf Betriebssysteme: OS/2 verzeichnet in der Gunst der Käufer einen Zuwachs von rund zwei Prozent und würde demnach in deutschen Konzernen auf einen Anteil von sieben bis neun Prozent kommen. Unix für PCs spielt in den befragten Großunternehmen so gut wie keine Rolle. Den Löwenanteil hält also nach wie vor MS-DOS mit weit über 80 Prozent.

Der Wunsch nach PC-LANs scheint in Großunternehmen weitaus weniger ausgeprägt zu sein als angenommen. Nur 45 bis 47 Prozent der deutschen Großunternehmen sind bereits mit lokalen PC-Netzen ausgerüstet. 20 Prozent der Befragten planen eine Erst-Implementierung, neun Prozent prüfen noch, ob sich eine solche Investition lohnt, und 25 Prozent bauen ihr Netz aus. Fast die Hälfte - nämlich 46 Prozent - hegen in diesem Jahr allerdings keine LAN-Pläne.

Prognose: 50 Prozent Marktanteil für 386er

Die Hersteller- und Händlerbefragungen von IDC Deutschland und Dataquest Europe kommen zu anderen Ergebnissen. Sie unterscheiden sich jedoch nicht nur von der Analyse der Strategic Ressource & Information, sondern divergieren auch untereinander. Während Dataquest zwischen der Anzahl der insgesamt ausgelieferten Rechner und der Menge der für den professionellen Einsatz vorgesehenen PCs unterscheidet, hat IDC die Differenzierung zwischen Heim- und Profi-Markt aufgehoben. Begründung: Die früher eindeutige Grenze verschwinde zunehmend.

Beide Institute weisen auch deshalb andere Marktanteile der Hersteller aus, weil sie von unterschiedlich hohen Auslieferungen ausgehen. Während IDC die Grundgesamtheit der 1990 abgesetzten PCs mit 1,84 (1989: 1,44) Millionen angibt, sind es bei Dataquest 330000 weniger.

Interessant ist vor allem der Vergleich nach Wert (bei Dataquest nur für den professionellen Sektor angegeben): Für 19087 Millionen ausgelieferte Profi-Systeme weist die Dun-&-Bradstreet-Tochter einen Wert von 8,36 Milliarden Mark aus. IDC hingegen gibt den Wert aller 1,84 Millionen abgesetzten Maschinen Mit nur rund 7,5 Milliarden Mark an. Gleichwohl kommen beide Augurengruppen auf den gleichen wertmäßigen Zuwachs von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Laut IDC-Mengenstatistik erreichte Commodore mit 29,3 Prozent (540000 Stück) den größten Marktanteil, Atari folgt weit abgeschlagen mit 8,7 Prozent (160000 Stück) auf Platz zwei. Erst auf dem dritten Rang findet sich IBM mit einem Anteil von 7,9 Prozent, gefolgt von Vobis mit 6,5, SNI mit 4,8, Schneider mit 3,8, Apple mit 3,2, Tandon mit 3,0 und Compaq mit 3,0 Prozent am Gesamt-PC-Markt.

Nach dem Wert sieht die Rangfolge allerdings anders aus: Hier belegt IBM mit 12,7 Prozent Platz eins; gefolgt von SNI mit 10,3, Apple mit 6,9, Compaq mit 5,5 und Commodore mit 5,2 Prozent.

Zwar belegt der mit dem C-64 berühmt gewordene Hersteller auch in der Dataquest-Statistik den ersten Rang, allerdings ist der Marktanteil mit 18,6 Prozent bei 280 000 Stück weitaus niedriger. Anders als bei IDC glänzt IBM mit 160 000 abgesetzten PCs, die Big Blue einen Mengen-Anteil von 10,6 Prozent bringen. Dann folgen Atari mit 8,2, Vobis mit 5,9, Schneider mit 4,9 Prozent. Compaq schneidet mit 4,4 Prozent fast anderthalb Prozentpunkte besser ab als in der Konkurrenzanalyse. SNI verliert bei Dataquest dagegen fast ein Prozent Marktanteil. Apple kommt auf 3,8, Tandon auf 3,7 Prozent Marktanteil. Nach Wert gerechnet (für den Profi-Bereich), ergattert IBM 18, Compaq neun, SNI 8,1, Apple 5,7 und Tandon fünf Prozent des gesamten PC-Marktes.

Wie sich die 1990 abgesetzten Maschinen auf die verschiedenen Prozessortypen aufteilen, weist Dataquest in den bisherigen Veröffentlichungen nur für Westeuropa insgesamt aus: In 34,3 Prozent der 7,48 Millionen ausgelieferten Maschinen geben immer noch Intels 80286-Prozessoren den Takt an. Allerdings kommen 80386- (13,4) und 80386SX (16,7) basierte Maschinen zusammen bereits auf rund 30 Prozent. 8088/8086 Maschinen sind dagegen mit einem Anteil von nur 13,8 Prozent weiter rückläufig. Die Prozessoren der 68xxx-Reihe von Motorola gehört ebenfalls zu den Verlierern im Kampf um Marktanteile. Sie bringen es nur noch auf 20 Prozent. RISC-Chips in PCs waren den Auguren zufolge 1990 eine Rarität: In nur 0,9 Prozent aller ausgelieferten Rechner befand sich ein solcher Mikroprozessor.

Keine Überraschung bergen die Prognosen: So sollen 386-Maschinen bereits in diesem Jahr einen Marktanteil von etwa 50 und bis 1994 von rund 70 Prozent für sich in Anspruch nehmen können. PCs mit Intels 80486-Prozessor werden erst ab 1992 signifikante Marktanteile erringen und bis 1994 auf rund 20 Prozent kommen.

Ebenfalls steigen - aber im Vergleich zu Desktops moderater als erwartet - wird der Absatz von Laptops in Europa. Zwar verbuchten Tischgeräte auch 1990 noch einen Anteil von 89,8 Prozent, aber die Portablen konnten um knapp drei auf 10,2 Prozent zulegen. In drei Jahren sollen sie einen Anteil von 21,8 Prozent haben.