Nicht immer ansprechbar sein

Fünf Übungen, um Burnout vorzubeugen

25.05.2014
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Informatiker sind stärker gestresst als andere Berufsgruppen. Das beobachtet Karin Probst, Coach und Trainerin. Sie empfiehlt fünf tägliche Übungen gegen Burnout.

"Zur Arbeit ist kein Bub geschaffen, das Lernen findet er nicht schön. Er möchte träumen, möchte gaffen, und Vogelnester suchen gehn." Ausgerechnet von einem der fleißigsten deutschen Dichter stammen diese Zeilen, von Wilhelm Busch nämlich. Ob er angesichts seines umfangreichen Werks Stress empfunden hat, sei dahingestellt - belegt ist, dass die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz heutzutage rund 60 Prozent der Fehlzeiten auf beruflichen Stress zurückführt.

Dabei bietet "Träumen, Gaffen, Vogelnester suchen gehn" durchaus Potenzial, Burnout vorzubeugen. Das würde jedenfalls Karin Probst unterschreiben, Business-Coach und Trainerin aus Ulm. Einer ihrer Tipps zur Prävention von Burnout lautet denn auch: fünf Minuten lang einfach mal nichts machen.

Auszeiten beugen Burnout vor - diese sollte man bewusst in seine Arbeitswoche einplanen.
Auszeiten beugen Burnout vor - diese sollte man bewusst in seine Arbeitswoche einplanen.
Foto: Bergringfoto - Fotolia.com

Probst begleitet Mitarbeiter internationaler Unternehmen in Sachen Stress-Prävention. Dabei hat sie mit unterschiedlichsten Berufsgruppen und Funktionen zu tun. Ihre Erfahrung: Informatiker sind überdurchschnittlich stark gestresst. "IT-ler sind häufig Trouble-Shooter", erklärt Probst gegenüber computerwoche.de. "Sie müssen oft Negatives kommunizieren."

Denn der aus Unternehmenssicht große Nutzen der IT - Prozesse effizienter zu gestalten, Synergien zu heben - ist für die Belegschaft mit Veränderungen verbunden. "Und Change bedeutet zunächst einmal Stress und provoziert Abwehr", sagt Probst. Eine undankbare Rolle für die IT. "Hinzu kommt", so Probst weiter, "dass Informatiker Projekte aufgrund knapper Ressourcen nicht immer so umsetzen können, wie sie es selbst für sinnvoll halten. Sie müssen also eine Vorgehensweise vertreten, hinter der sie eigentlich nicht stehen."

Karin Probst, Business Coach: "IT-ler sind häufig Trouble-Shooter." Dadurch ist diese Berufsgruppe nach ihren Erfahrungen besonders stark gestresst.
Karin Probst, Business Coach: "IT-ler sind häufig Trouble-Shooter." Dadurch ist diese Berufsgruppe nach ihren Erfahrungen besonders stark gestresst.
Foto: Probst

Über solche konkreten Projekte hinaus sind gerade Informatiker weiteren Stress-Faktoren ausgesetzt: sie werden oft bei der Arbeit unterbrochen und gestört, sie müssen nach Möglichkeit alles sofort erledigen, und sie erhalten wenig Dank.

Die Business-Coach stellt außerdem fest, dass viele Unternehmen die besonderen Fähigkeiten von Informatikern überhaupt nicht zu schätzen wissen. "IT-ler verfügen oft über eine kreative Logik", beobachtet Probst. "Das heißt, sie stellen kühne Zusammenhänge her. Damit erkennen sie die kritischen Punkte im Unternehmen und benennen diese auch." Womit sie sich nicht unbedingt Freunde machen.

Andererseits vermisst Probst bei Informatikern häufig Empathie und guten Kommunikationsstil. "Wer nur mit Daten, Fakten und Zahlen argumentiert, stößt an Grenzen", sagt sie. "Hier müssen Informatiker Verständnis für menschliche Schwächen wie eben Angst vor Veränderungen entwickeln."

Man muss das System, das einen stresst, kippen

Die Trainerin umreißt ihren Ratschlag für gestresste IT-ler bildhaft mit der "Technik des Knurrens". Informatiker sollten Zeiten reservieren, in denen sie definitiv nicht ansprechbar sind. Wenn jemand ihre Unterstützung braucht, sollten sie nicht gleich springen. Tipp der Coach: "Sagen sie dem Anwender, dass er Ihnen drei konkrete Fragen stellen darf, und dass Sie ihm durchaus eigenes Problemlösungs-Potenzial zutrauen."

Probst will auf eine goldene Regel hinaus: das System, das einen stresst, sollte man nicht konsolidieren, sondern kippen. Beispielhaft berichtet sie von einer Klientin, die sich über den Dreck im Druckerraum aufregte. Schmutzige Kaffeetassen, Papiertaschentücher - zur reinsten Rumpelkammer war der Raum verkommen. Weil sie das einfach nicht sehen konnte und es ihr gegenüber Kunden auch peinlich war, räumte die Klientin auf - bis Probst ihr zum Gegenteil riet. Sie solle den Raum einmal zwei Wochen lang noch stärker verdrecken lassen. Konsequenz: endlich berief der Verantwortliche ein Meeting ein, in dem Verhaltensweisen im Druckerraum besprochen und festgelegt wurden.