Schnelle Verfügbarkeit für Anwender geplant

Fünf Euro-Carrier installieren Netz für Datenkommunikation

31.07.1992

BONN (pg) - Das Global European Network - ein Netz zur Datenkommunikation - ist beschlossene Sache. Kurz vor dem offiziellen Start des Binnenmarktes haben sich die europäischen Carrier France Telecom, British Telecom, die italienische ASST/STET, die spanische Telefonica sowie die Telekom auf diese Euro-Initiative geeinigt.

Das Netzwerk wird in der ersten Ausbaustufe in jedem der fünf Länder einen Knoten haben, die untereinander jeweils mit 16 Leitungen ß 2 Mbit verbunden sind und wiederum durch Multiplexer in 30 Kanäle mit 64 Kbit aufgesplittet werden können. Als Übertragungsmedium wollen die PTTs eigenen Angaben zufolge Glasfaserleitungen schalten. Der Startschuß für die Inbetriebnahme soll, so ein Sprecher der Telekom, im Frühjahr 1993 fallen, sobald das Network Control System im Hauptrechner in Paris installiert ist. Ein Ersatzrechner wird in London eingerichtet.

Insider sehen in GEN eine Reaktion der Europäer auf die Aktivitäten der Konkurrenz AT&T. Der größte US-Carrier gab Mitte März zur CeBIT seine Pläne bekannt, in der Alten Welt ebenfalls ein Netzwerk zu errichten, das sich zunächst über sieben Länder, später dann über 16 Staaten erstrecken soll. Auch wenn die Telekom die Konkurrenzsituation mit AT&T herunterspielt, ist man sich in Fachkreisen einig, daß es für europäische TK-Anbieter höchste Zeit wurde, ihren Infrastrukturvorteil noch rechtzeitig auszuspielen. Neben der starken Präsenz ist das zweite Plus, das zugunsten der Europäer spricht, deren großer, bereits existierender Stamm an Mietleitungskunden.

Gegenüber festgeschalteten Leitungen soll das GEN dem Anwender laut Telekom eine schnellere Bereitstellung der Netzkapazität, höhere Qualitäts- und Sicherheitsgarantien, eine flexiblere Netzkonfiguration sowie die Möglichkeit bieten, Ersatzleitungen rascher geschaltet zu bekommen. Zunächst werden auf dem Netz Übertragungsdienste zwischen 64 Kbit/s und 2,048 Mbit/s realisiert, mit Ausnahme von ISDN, wie aus Bonn verlautete.

Die Vereinbarung sieht Angaben der Telekom zufolge vorerst noch keine höheren Übertragungsraten vor. Im Widerspruch dazu, sagte jedoch Philippe Saint-Hilaire, Direktor für das internationale Geschäft bei France Telecom, daß Kunden, die mehr Bandbreite benötigen, bis zu 140 Mbit Leitungen erhalten können. Wahrscheinlich liegt der Grund für die Unstimmigkeit bei der Telekom, die ihre Tarife für 34- und 140-Mbit-Verbindungen noch nicht festgelegt hat und nur wenig Leitungen dieser Art besitzt.

Eine Konkurrenzsituation zu Infonet, an dem die Telekom und France Telecom beteiligt sind, besteht nach Ansicht der Bonner nicht, weil GEN im Gegensatz zu Infonet ein reines Transportnetz ist, das keine Mehrwertdienste beinhaltet. Primäres Ziel sei, dem Kunden auf Wunsch innerhalb einer Stunde, die gewünschte Leitung zu schalten. Dadurch soll eine Verbesserung gegenüber dem Status quo geschaffen werden, wo Kunden auf die Schaltung internationaler Verbindungen oft mehr als 100 Tage warten müssen.

Für den Kunden erfolgt die Abrechnung auf Tarifbasis der nationalen Carrier, wobei die Leitungen durch One-stop-Shopping bei nur einem der fünf Netzbetreiber geordert werden muß. Das Netzwerk wird nach der Aufbau und Testphase, wie die Generaldirektion der Telekom mitteilte, auch anderen Telecom-Gesellschaften in Europa vorgestellt, die dem GEN grundsätzlich beitreten können. Das Netz soll jedoch auf Europa begrenzt bleiben.