Die ersten 100 Tage sind entscheidend

Führungskraft werden - Führungskraft bleiben

03.11.2014
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Steuerung und Kontrolle sind nötig

Das "Ziele-Vereinbaren " oder "Anweisen" ist aber nur der erste Schritt im Führungsprozess. Wenn der Mitarbeiter das Ziel kennt, muss er seine Aufgaben auch erfüllen. Dieses Umsetzen beziehungsweise das Erreichen von Teilzielen sollten Sie als Führungskraft auch kontrollieren. Denn sonst können Sie irgendwann nur noch registrieren: Das Kind ist in den Brunnen gefallen - also, die Ziele wurden nicht erreicht. Ein Gegensteuern ist dann nicht mehr möglich.

Kontrollieren und Steuern lautet folglich der zweite Schritt im Führungsprozess. Die Kontrolle kann sich, je nach Mitarbeiter und Bedeutung der Aufgabe, auf das Erreichen bestimmter Teilziele oder das Durchführen der hierfür nötigen Arbeitsschritte beziehen. Was der Situation und dem Mitarbeiter angemessen ist, müssen Sie als Führungskraft jeweils neu entscheiden. Klar sollte Ihnen aber sein: Ein Mitarbeiter, den Sie an der kurzen Leine führen müssen, verursacht Ihnen Mehrarbeit - ganz gleich, warum. Deshalb ist seine Arbeit weniger wert. Das sollten Sie ihm, sofern nötig, auch sagen.

Auf die Kontrolle folgt im Regelkreis des Führens das Anerkennen oder Kritisieren der Leistung des Mitarbeiters. Doch wie erkenne ich als Führungskraft die Leistung von Mitarbeitern angemessen an? Soll ich sie für alles Erreichte oder Getane loben? Die Antwort lautet: jein. Zwischen Lob und Anerkennung sollte man unterscheiden, ebenso zwischen Tadel und Kritik. Lob ist, ebenso wie Tadel, immer persönlich und pauschal. Anerkennung und Kritik hingegen beziehen sich auf eine bestimmte Leistung. Deshalb sollte sie sachlich und konkret sein. Anerkennung und Kritik sollten Führungskräfte in der Regel unter vier Augen äußern.

Weitgehend tabu sollten für Sie als Führungskraft auch solche Sprüche sein wie "So etwas passiert doch immer nur ihnen" oder "... dem Huber". Eine solche Bemerkung können Sie in Ausnahmefällen zwar mal fallen lassen, wenn Sie mit Gleichrangigen, also zum Beispiel anderen Abteilungs- oder Bereichsleitern, zusammen sitzen. In Mitarbeiterbesprechungen sollten solche Äußerungen für Sie aber tabu sein - und zwar nicht nur, wenn der Angesprochene anwesend ist.

Hüten Sie sich vor Übereifer

Ein letzter Tipp für angehende Führungskräfte: Beim Gestalten des Führungsalltags führen viele Wege zum Erfolg. Nur einer meist nicht: Von Anfang an alles anders machen zu wollen als der Vorgänger. Dies produziert in der Regel Widerstand. Außerdem fehlt Ihnen hierfür als Neuer in der Abteilung meist die erforderliche Information.

Deshalb mein Tipp nicht nur für angehende Führungskräfte: Treffen Sie, wenn Sie eine neue Führungsposition antreten, in den ersten zwei Wochen keine wegweisenden Entscheidungen. Bemühen Sie sich vielmehr zunächst darum, die Arbeitsweise und die Handlungsabläufe in Ihrer neuen Abteilung kennenzulernen. Und sagen Sie dies auch Ihren neuen Mitarbeitern in den ersten Gesprächen, die Sie mit ihnen führen - selbst wenn diese Sie mit noch so vielen Anfragen wie "Chef, wie geht es weiter" bestürmen. Manch Führungskraft schaufelte sich schon das eigene Grab, weil sie in der Startphase vorschnell weitreichende Entscheidungen traf und ihren Mitarbeitern irgendwelche Versprechen gab. (oe)

Kontakt:

Der Autor Stefan Bald ist Co-Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Tel.: 07251 989034, E-Mail: stefan.bald@kraus-und-partner.de, Internet: www.kraus-und-partner.de