Die ersten 100 Tage sind entscheidend

Führungskraft werden - Führungskraft bleiben

04.11.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Weniger Fachaufgaben erledigen

Der neue Leiter der Abteilung Kundenmanagement beging noch einen Fehler: Er verwendete (oder verschwendete) die meiste Energie für Fachaufgaben. Solche Aufgaben sollten Sie als Führungskraft nur erledigen, wenn dies außer Ihnen niemand tun kann. Sonst fehlt Ihnen schnell die erforderliche Zeit für Ihre Führungs- und Steuerungsaufgaben. Hierzu zählen unter anderem alle Gespräche, die Sie als Führungskraft mit Ihren Mitarbeitern führen müssen, damit diese ihren Beitrag zum Erreichen der Bereichs-/Unternehmensziele leisten (können). Die hierfür benötigte Zeit wird von Führungskräften oft unterschätzt.

Foto: Fotolia, Herbie

Bei den meisten Führungskräften entspricht die Zeit, die sie für Fach-, Steuerungs- und Führungsaufgaben verwenden, nicht deren Bedeutung für ihren Erfolg als Führungskraft. Umfragen zeigen: Die meisten Führungskräfte verbringen 80 Prozent ihrer Zeit mit Fachaufgaben; nur zu jeweils 10 Prozent sind sie mit Steuerungs- und Führungsaufgaben beschäftigt. Dabei sollte das Verhältnis nahezu umgekehrt sein. Als Kompass für den Führungserfolg gilt: Führungskräfte sollten höchstens 20 Prozent ihrer Zeit für Fachaufgaben verwenden, 40 Prozent jeweils für Steuerungs- und Führungsaufgaben. Denn Führungskräfte werden nicht dafür bezahlt, Fachaufgaben zu erfüllen.

Die Leistung der Mitarbeiter "erzeugen"

Was ist der Job einer Führungskraft? Sie muss dafür sorgen, dass jeder Mitarbeiter seinen Beitrag dazu leistet, dass der Bereich beziehungsweise das Unternehmen seine Ziele erreicht. Doch wie lässt sich die hierfür nötige Leistung bei den Mitarbeitern erzeugen? Das wissen viele junge Führungskräfte nicht. Unabdingbar hierfür ist, dass Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern regelmäßig über ihre Erwartungen an sie sprechen. Vor diesen Gesprächen sollten sich Führungskräfte überlegen: Wie kann ich dem Mitarbeiter die Ziele, die er bei seiner Arbeit erreichen soll, so vermitteln, dass er deren Wichtigkeit erkennt?

Des Weiteren: Wie motiviere ich ihn dazu, dass die für das Erreichen der Ziele nötigen Dinge auch wirklich tut? Dabei sollten Führungskräfte folgende Regel beherzigen: Diskutieren Sie im Gespräch mit dem Mitarbeiter nie über das Ziel, das es zu erreichen gilt. Dieses ist nicht diskutabel! Reden Sie mit ihm nur über den Weg, wie er dieses Ziel erreichen möchte. Denn wenn ein Mitarbeiter mitentscheiden darf, wie er beim Erreichen der gesteckten Ziele vorgeht, ist er in der Regel motivierter, als wenn Sie ihm jeden Arbeitsschritt vorschreiben. Außerdem entlasten Sie sich selbst als Führungskraft, wenn Sie die Entscheidung über das "Wie" weitgehend Ihren Mitarbeitern überlassen.

Selbstverständlich gibt es auch Situationen, in denen Arbeitsanweisungen sinnvoller als Zielvorgaben sind - zum Beispiel bei extremem Zeitdruck. Wenn ein Schiff sinkt, kann der Kapitän nicht mit der Mannschaft darüber diskutieren, ob die Rettungsboote ins Wasser gelassen werden sollten. Er muss knappe und präzise Befehle erteilen. Intelligente Mitarbeiter akzeptieren das. Eine Führungskraft sollte daher ihr Führungsverhalten stets der jeweiligen Situation anpassen. Aber auch dem jeweiligen Gegenüber! Wenn ein Mitarbeiter eigeninitiativ nicht die erforderliche Leistung bringt, dann müssen Sie ihn an der "kurzen Leine" führen - also weitgehend mittels Arbeitsanweisungen.