Pasqal sammelt 100 Millionen Dollar Investorenkapital

Startup baut Quantencomputer mit Rubidium-Atomen

24.01.2023
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Ein französisches Startup baut Quantencomputer auf Atom-Basis. Ein „Quantum business advantage“ soll 2024 erreicht werden.
Das französische Startup Pasqal geht neue Wege beim Quantum Computing. Es baut Quantencomputer auf Atom-Basis.
Das französische Startup Pasqal geht neue Wege beim Quantum Computing. Es baut Quantencomputer auf Atom-Basis.
Foto: Pasqal

Neue Wege beim Bau von Quantencomputern geht das 2019 gegründete französische Startup Pasqal. Während andere wie beispielsweise IBM auf supraleitende Quantencomputer oder Rechner auf Basis von gefangenen Ionen - etwa IonQ - setzen, schlagen die Franzosen einen anderen Weg ein. Sie wollen Quantenprozessoren (QPUs) mit Hilfe von neutralen Rubidium-Atomen bauen, die von einem Laser als eine Art optische Pinzette festgehalten werden. Mit von der Partie bei Pasqal ist Alain Aspect, der 2022 den Nobelpreis in Physik für seine Arbeit über die Quantenverschränkung erhielt. In einer kürzlich abgeschlossenen Finanzierungsrunde konnten die Franzosen 100 Millionen Dollar an Investorengeldern einsammeln, um weiter expandieren zu können.

So funktioniert der französische Quantencomputer

Technisch muss man sich das Prinzip des Atom-Quantencomputers so vorstellen, dass Atome mit einem Laser in einer sogenannten Falle gehalten werden. Gelingt es nun, mehrere Hundert Atome in eine solchen Falle zu halten, so kann man eine dichte Matrix von Qubits erschaffen. Diese Matrix kann dann mit holografischen Methoden im 3D-Raum je nach Bedarf für einen bestimmten Algorithmus neu angeordnet werden. Allerdings ist der Prozess der Atom-Falle alles andere als trivial, wie ein Pasqal-Whitepaper zeigt. Die Technik besitzt jedoch einen Riesenvorteil gegenüber dem von IBM gewählten Ansatz der supraleitenden Quantencomputer: Sie erfordert keine Kühlung auf den nahezu absoluten Nullpunkt, sondern funktioniert bei Raumtemperatur. Damit sind diese Maschinen eher mit Field-Programmable Gate Arrays (FPGAs) vergleichbar als mit herkömmlichen Quantenprozessoren. Laut Georges-Olivier Reymond, CEO von Pasqal und einer der Mitgründer neben Alain Aspect, hat das Unternehmen bereits nachgewiesen, dass es mehr als 300 Atome gleichzeitig kontrollieren kann.

Pasqal versus IBM

Derzeit bauen und verkaufen die Franzosen bereits Quantencomputer mit 100 Qbits. Einer davon ging beispielsweise letztes Jahr an das Forschungszentrum Jülich. Bereits 2024 will das Unternehmen seinen Kunden Rechner offerieren, die ein "Quantum business advantage" offerieren. Reymond glaubt, dass hierzu Systeme mit 200 bis 300 Qubits erforderlich sind. Zum Vergleich: IBM hat im November 2022 mit Qpsrey bereits eine QPU mit 433 Qubits vorgestellt. Und noch in diesem Jahr soll der Condor-Prozessor mit 1.121 Qubits rechnen.

Sind die Franzosen also schon abgehängt? Mitnichten, glaubt Reymond. Er hält dagegen, dass es eine Menge rechnerischer Herausforderungen gebe, die man in Form eines Graphen neu formulieren kann. "Und mit Atomen können wir die Form dieses Graphen darstellen und die Komplexität des Algorithmus in diese Geometrie einbetten", so der CEO weiter, "Anstatt Tausende von Quantengattern zu verwenden, reicht es aus, ein paar von ihnen zu implementieren, um den Algorithmus laufen zu lassen, und schon ist man unempfindlich gegen Fehler." Und gerade diese Fehlerkorrektur ist eine Herausforderung bei dem von IBM gewählten Ansatz.

1.000-Qubits-Rechner in Planung

Mit dem Kapital aus der jüngsten Finanzierungsrunde plant Pasqal, die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des Unternehmens zu beschleunigen, um kurzfristig einen Quantencomputer mit 1.000 Qubits zu entwickeln. Langfristig stehen zudem fehlertolerante Architekturen auf der Agenda. Darüber hinaus plant das Unternehmen, die Produktion seiner Quantensysteme für On-Premises-Installationen zu erhöhen. Ferner soll die Entwicklung eigener Algorithmen für Kunden in wichtigen Branchen wie Energie, Chemie, Automobil, Mobilität, Gesundheitswesen, Unternehmenstechnologie, Finanzen und Behörden erweitert werden.

Globale Expansion

Darüber hinaus will Pasqalsseine globale Präsenz ausbauen. Noch in diesem Jahr sollen Niederlassungen im Nahen Osten und in Asien eröffnet werden. Zusätzlich ist der Ausbau derbestehenden Niederlassungen in Europa und Nordamerika geplant. Ferner will man das derzeitige Team von 100 Mitarbeitern in diesem Jahr verdoppeln.