Erste Ergebnisse einer INA- Untersuchung

Frustrierte 8870-Anwender liebäugeln mit Unix-Einstieg

02.11.1990

KÖLN (hv) - Etwa die Hälfte aller Anwender der Nixdorf-Systeme 8870 denken nach einer Erhebung der Anwender. Vereinigung INA über den Umstieg in eine andere Systemumgebung nach. Als Alternative geben die meisten befragten Unternehmen den langfristigen Einstieg in die Unix-Welt an.

Max Pfefferle, der Vorsitzende des Interessensverbandes der Nixdorf-DV-Anwender (INA), schätzt, daß in Deutschland noch immer mindestens 35000 bis 40000 Anwender mit den mittleren Rechnersystemen der 8870-Serie arbeiten. Der ehemalige Nixdorf-Konzern ist laut INA nach wie vor "Marktführer in diesem Preissegment".

Von dieser Gruppe hat der INA im letzten Monat 5000 Unternehmen nach Hard- und Softwareproblemen sowie nach Mängeln im Servicebereich gefragt. Außerdem wollte die Vereinigung wissen, ob die 8870 beziehungsweise das Quattro-System auch in Zukunft weiter eingesetzt werden soll. Bei einem erwarteten Rücklauf von zehn bis 15 Prozent aller ausgegebenen Fragebögen geht die INA davon aus, schon im Dezember detaillierte Aussagen machen zu können.

Vorweggnommene Auswertungen, in deren Mittelpunkt die M45-Systeme der 8870-Reihe stehen, zeigen aber bereits Trends, von denen der INA annimmt, daß sie sich mit zunehmendem Rücklauf der Fragebögen weiter bestätigen werden.

Während die hardwareseitige Zusammenarbeit im gesamten Bundesgebiet weitgehend zufriedenstellend funktioniert - Anwender geben im Durchschnitt die Note 2,5 - läßt die Software-Unterstützung offensichtlich zu wünschen übrig.

"Beim Software-Support liegen die Noten durchweg um zwei bis drei Noten schlechter", führt Rolf Schmitt von der Aktive Medien Verlags GmbH in Donaueschingen aus. Sein Unternehmen ist von der INA mit der Befragung beauftragt worden. Nicht nur die Reaktionszeiten werden negativ beurteilt, auch die Mitarbeiterqualifikation gibt nach Einschätzung der Anwender Anlaß zur Sorge - vor allem dann, wenn es um differenzierte Probleme geht.

Auch von Kundenfreundlichkeit kann nach ersten Ergebnissen der Befragung keine Rede sein: Rolf Schmitt macht dafür "die seit zwei Jahren andauernden Wirren im Hause Nixdorf" verantwortlich.

Als besonders schwerwiegendes Problem bewerten 8870-Anwender das Kompetenz-Wirrwarr in den Geschäftsstellen. Weil sich niemand für bestimmte Probleme zuständig fühle, seien die Reaktionszeiten extrem lang. Hinzu komme der anhaltende Mangel an Informationen: Über die Zukunftsausrichtung des Unternehmens sei von den Siemens-Nixdorf-Geschäftsstellen kaum etwas zu erfahren. Schmitt schließt nicht aus, daß es hier eine Art "Maulkorberlaß" gegeben haben könnte.

Nicht nur im Umgang mit den Siemens-Nixdorf-Mitarbeitern, sondern auch mit den Rechnern selbst haben die Anwender große Schwierigkeiten: "Es gab unter den Befragten bisher niemanden, der keine Probleme mit der M45 hatte" - erst 55 Fragebögen von M45-Anwendern sind ausgewertet, doch Rolf Schmitt glaubt, schon jetzt ein Fazit ziehen zu können.

Probleme bei den Verarbeitungs- und Druckgeschwindigkeiten und jede Menge Systemausfälle seien zu beklagen. "Bei einigen Anwendern standen die Anlagen bis zu vier Tagen still", ergänzt der INA-Vorsitzende Max Pfefferle.

Auf die Frage, ob es bei 8870-Anwendern den Trend gibt, der Siemens-Nixdorf-Welt endgültig den Rücken zu kehren, antwortet Schmitt mit einem zögernden ja". Viele Anwender wüßten aber noch nicht, welche Systemumgebung sie wählen sollten. Aus Gründen des Investitionsschutzes hätten außerdem viele Unternehmen Probleme damit, sich von den alten Comet-Anwendungen zu trennen.