Technikfolgen-Abschätzung wird institutionalisiert:

Frühwarnsystem für Risiken aufbauen

28.10.1988

BONN (ih) - Chancen neuer Techniken nutzen - Risiken erkennen und beherrschen: Technologiefolgenabschätzung gewinnt an politischem Gewicht. Unter diesem Motto stand die Fachtagung des BMFT, die gemeinsam mit dem Office of Technology Assessment (OTA) durchgeführt wurde.

Vor den Teilnehmern der zweitägigen deutsch-amerikanischen Konferenz zur Technikfolgen-Abschätzung (TA) betonte Jürgen Rüttgers, Vorsitzender der zuständigen Enquete-Kommission und Mitglied des Deutschen Bundestags, es sei Aufgabe der Politiker, im Spannungsfeld zwischen Technikfaszination und Fortschrittsglaube auf der einen Seite und Ernüchterung über die Folgen des technischen Wandels auf der anderen aufklärerisch tätig zu sein.

Die Enquete-Kommission solle einen bescheideneren Ansatz in der Frage der Institutionalisierung suchen, empfahl Rüttgers. Ein laut Vorschlag der alten Enquete-Kommission ständiger wissenschaftlicher Stab beim Bundestag löse seiner Ansicht nach die Grundprobleme der Politikberatung nicht. Die Zukunft der wissenschaftlichen Beratung bei der politischen Bewertung von Technikfolgen liege in den gesellschaftlichen Kapazitäten. Dieses Potential müsse als wissenschaftliches Netzwerk der TA für die Belange der Politik genutzt werden.

Seit 1982 ist die TA Bestandteil der Förderprogramme des Bundesforschungsministeriums, für das 1987 rund 100 Millionen (1982: 200 000) Mark eingesetzt wurden. Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber sprach sich dafür aus, daß die TA als unverzichtbares Instrument für politische Entscheidungen noch stärkeres Gewicht erhalten müsse. Auf der Basis der bisherigen Erfahrungen werden im Ministerium derzeit die TA-Arbeiten neu strukturiert, wozu auch der Aufbau von neuen Forschungskapazitäten in der Systemanalyse, Prognose und TA in den Großforschungseinrichtungen gehören.

Grundzüge und thematische Ausrichtung dieses neuen Konzeptes wird Riesenhuber in Kürze mit Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften erörtern. In einem ersten Schritt wurde dazu ein Sachverständigenkreis einberufen, der im November seine Arbeit aufnehmen wird. Durch einen engen Informations- und Erfahrungsaustausch mit den USA sollte es laut Riesenhuber möglich sein, ein "Frühwarnsystem" zur Identifizierung von Risiken aufzubauen.