VDRZ als Feuerwerker:

Fröhlich tickt die Bombe weiter

25.02.1977

MÜNCHEN/HANNOVER (CW) - "Es gibt keinen schwelenden Konflikt innerhalb der RZ-Branche, der sich zuspitzt", beschönigt die Geschäftsführung des VDRZ (Verband Deutscher Rechenzentren), Hannover, in einer Replik auf den CW-Bericht "Eine Bombe könnte platzen" zur Verfassungsbeschwerde der Aktionsgemeinschaft der Buchhalter und EDV-Betriebe e.V. (AGB) gegen Steuerberater-Privilegien, - VDRZ-Geschäftsführer Peter Lange-Hellwig räumt jedoch ein, daß die im Jahre 1975 auf Anregung des VDRZ ins Leben gerufene AGB und der Rechenzentrums-Verband "unterschiedliche Auffassungen über die Vorgehensweise im Hinblick auf die Marktsituation für Buchhaltungsarbeiten trennen".

Daß allerdings der Anspruch - "innerhalb der RZ-Branche" gebe es keinen Konflikt - hoch gegriffen ist, erhellt die Tatsache, daß im VDRZ zwar 110 Firmen mit 220 Rechenzentren organisiert sind - dies sind jedoch nur 60 Prozent der Rechenzentren und auch nur 75 Prozent des bundesdeutschen RZ-Branchenumsatzes. Warum der VDRZ die Branche nicht geschlossen repräsentiert, erklärt Lange-Hellwig damit, daß "die Mehrzahl der in der AGB organisierten natürlichen und juristischen Personen nicht die Zugangsvoraussetzungen der Mitgliedschaft im VDRZ erfüllt".

Indes ist nicht mehr zu überhören, daß zwischen der AGB und dem VDRZ Krieg herrscht. Streng berichtigt Lange-Hellwig die Aussagen des AGB-Vorsitzenden Andreas Mayer:

- Es ist unzutreffend, daß die Mehrzahl der Service-Rechenzentren kontiert. Sie würde sich damit außerhalb geltenden Rechtes stellen. Richtig ist vielmehr, daß die im VDRZ zusammengeschlossenen Service-Rechenzentren ausschließlich nach vorkontierten Urbelegen oder Belegen in maschinenlesbarer Schrift (Datenträger) arbeiten.

- Es ist unzutreffend, daß das Dritte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes den Rechenzentren jegliche Werbung untersagt. Keineswegs sind die Datenverarbeitungsunternehmen daran gehindert, ihre Dienste anzubieten. Das Werbeverbot des ° 8 Abs. 1 StBerG bezieht sich nicht auf Tätigkeiten, zu deren Ausübung es einer Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht bedarf. Da ° 6 Abs. 3 StBerG die Durchführung mechanischer (systemimmanenter) Buchführungsarbeiten von der erlaubnispflichtigen Tätigkeit ausdrücklich ausnimmt, ist auch das Werbeverbot hierauf nicht anzuwenden. Allerdings darf die Werbung nicht weitergehen, als die Befugnis reicht.

- Es ist unzutreffend, daß "rund die Hälfte der zum Verband gehörenden Betriebe steuerberaterabhängig" ist. Richtig ist vielmehr, daß die Verbandsmitglieder ihre Leistungen ohne Ansehen der Person zu gleichen Konditionen allen Unternehmen unterschiedlicher Struktur andienen, auch den Vertretern der steuerberatenden Berufe. Als bekannt darf weiterhin vorausgesetzt werden, daß die Mitgliedsfirma DATEV eG eine Selbsthilfeorganisation dieser Branche ist.

- Unzutreffend ist, daß anläßlich des Hearings zur Abgabenordnung das derzeitige Beiratsmitglied, Dipl.-Kfm. Kurt Rupprecht, der heute Vorstandsvorsitzer des VDRZ ist, das Buchführungsprivileg befürwortet hat. Richtig ist vielmehr, daß der VDRZ durch sein Auftreten beim Hearing großen Anteil daran hatte, daß die Erlaubnispflicht nicht auch auf die Datenerfassung - das war das Ziel der steuerberatenden Berufe - ausgedehnt wurde.

Trocken erinnert der VDRZ daran, daß bei der Begründung zu Paragraph 40 Abgabenordnung, der in das Dritte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes integriert wurde (° 6 Abs. 3 StBerG) ausgeführt wird: "Hiermit soll der Entwicklung auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung Rechnung getragen werden", zitiert Lange-Hellwig.

Nach der Herausnahme der mechanischen (systemimmanenten) Arbeitsgänge aus den genehmigungspflichtigen Tätigkeiten ist das "Buchführungsprivileg" zu einem "Kontierungs- und Abschlußprivileg" zusammengeschrumpft.

Ziel der Angriffe gegen die Buchführungsregelung ist deshalb nicht das (nicht mehr vorhandene) "Buchführungsprivileg", sondern das (verbliebene) "Kontierungsprivileg".

Der Rechenzentren-Verband legt den Inhalt der neuen Vorschriften des ° 6 Abs. 3 StBerG eindeutig aus "als eine gesetzliche Festschreibung der bisherigen Verwaltungspraxis und der vom BGH bestätigten Abgrenzung zwischen der erlaubnisfreien Ausführung mechanischer Buchführungsarbeiten und der genehmigungspflichtigen Buchführungshilfe. In ihrer Auswirkung stärken sie die Rechtsposition der Datenverarbeitungsunternehmen einschließlich der Datenerfassungsbetriebe, indem sie die zuvor jeweils nur im Wege der Auslegung und nur für den Einzelfall anerkannte Abgrenzung nunmehr gesetzlich und generell festlegen."

Der VDRZ wehrt sich, wie seine Geschäftsführung formuliert, entschieden gegen Auswüchse in der Interessenvertretung einzelner Steuerberaterkammern, deren Vertreter offensichtlich immer noch ein generelles Werbeverbot - auch für die von der Erlaubnispflicht nicht betroffenen Buchhaltungstätigkeiten der Service-Rechenzentren - in den geltenden Gesetzeswortlaut hineininterpretieren.