Fritz Box 7170: flexibles TK-Talent

27.04.2006
Von 
Eric Tierling, Master in Information Systems Security Management (Professional), blickt auf über 25 Jahre Erfahrung im IT-Bereich zurück. Neben Hunderten an Fachbeiträgen hat er über 50 Bücher veröffentlicht. Er ist Spezialist für Themen rund um die Informationssicherheit sowie einer der bekanntesten Experten Deutschland für Windows Server und Microsoft-basierte Infrastrukturen.
Mit dem Modell "7170" baut AVM seine erfolgreiche "Fritz-Box-Fon"-Reihe nach oben aus. Der Test zeigt, was in dem kleinen Kästchen steckt.

Nach dem Test des kleineren Schwestermodells "Fritz Box Fon WLAN" in der computerwoche 8/2005, Seite 28/29, stand diesmal das größere Modell 7170 auf dem Prüfstand. Erneut handelt es sich um eine All-in-One-Lösung: Ein integrierter DSL-Router zeichnet für die Internet-Anbindung der in LAN und WLAN befindlichen Geräte verantwortlich. Gleichzeitig agiert der Proband als Analog- und ISDN-TK-Anlage, die Gespräche auf Wunsch kostengünstig per VoIP (Voice-over-IP) abwickelt.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/

554072: AVM Fritz Box Fon WLAN im Test;

571445: Fritz Box als Least-Cost-Router;

570912: Neues Topmodell von AVM.

Besonderheit Stick&Surf

Das von AVM entwickelte Stick&Surf ist nicht kompatibel zu der Einrichtungsautomatik des "Drahtlosnetzwerkinstallations-Assistenten" den Windows XP mit dem Service-Pack 2 enthält. Auffälligster Unterschied: Das von den Berlinern benutzte Verfahren initiiert die sichere Funknetzkonfiguration vom WLAN-Access-Point aus, wie auch die unter www.avm.de/de/Extern/stick_and_surf/stick_and_surf_red.html abrufbare Flash-Demo veranschaulicht.

Der Drahtlosnetzwerkinstallations-Assistent von Windows XP Service Pack 2 hingegen basiert auf dem von Microsoft favorisierten "Windows Connect Now" (Details hierzu sind unter www.microsoft.com/ whdc/device/netattach/WCN.mspx zu finden).

Diese Technik, die auch Windows Vista kennt, verwendet als Ausgangspunkt einen PC mit modernem Windows-Betriebssystem. Dort kreiert eine Software wie der Drahtlosnetzwerkinstallations-Assistent bei Windows XP Service-Pack 2 die Konfigurationsdaten und überträgt diese auf einen USB-Speicher-Stick, von wo aus sie den Weg auf andere Windows-Connect-Now-fähige Geräte finden. Hierfür eignen sich nicht nur PCs, sondern beispielsweise auch mit einem USB-Port versehene Access Points, Funk-Webcams und WLAN-Print-Server - sofern diese die Microsoft-Konfigurationsautomatik verstehen. Bislang ist dies jedoch nur bei sehr wenigen Geräten der Fall: Die Stick&Surf-fähigen WLAN-DSL-Router von AVM verzichten wie viele andere mit USB-Port versehene Geräte von anderen Herstellern auf die Unterstützung von Windows Connect Now.

Plus Minus

-- All-in-One-Kommunikationspaket für kleinere Büros und Außenstellen;

- großer Funktionsumfang;

- flexible Konfigurations- optionen;

- ADSL2+-fähig;

- TAPI- und LAN-Fax-Unterstützung.

- Internes DSL-Modem nicht abschaltbar;

- Benutzer berichten von Problemen mit dem DSL-Modem bei schlechten Leitungen.

Steckbrief

Hier lesen Sie …

Einen Filmbeitrag zur Fritz Box Fon WLAN 7170 finden Sie auch im computerwoche-tv unter:

http://www.computerwoche. de/index.cfm?pid=700& videonr=183

ISDN lernt VoIP

Gegenüber dem damals getesteten Kandidaten hat AVM bei seinem 7170er Modell in einigen Bereichen nachgelegt und zudem frühere Kritikpunkte beseitigt. So lassen sich jetzt bis zu drei analoge Endgeräte wie Schnurlostelefon, Anrufbeantworter oder Fax gleichzeitig an die Box anschließen. Da es aber auf der Geräterückseite langsam eng wird und der dortige Platz für mehrere Telefonbuchsen nebeneinander nicht mehr ausreicht, legt AVM einen Adapterstecker bei, der drei TAE-Buchsen hinausführt. Des Weiteren gibt es eine S0-Buchse, die den direkten Anschluss von bis zu acht ISDN-Telefonen oder einer vorhandenen ISDN-Telefonanlage erlaubt. Dabei profitiert das Equipment auch von den VoIP-Funktionen der 7170: Gespräche mit einem ISDN-Telefon beziehungsweise einer -Telefonanlage lassen sich auf Wunsch per Internet über das AVM-Gerät abwickeln, das dann als VoIP-Gateway fungiert.

Fortschritte gegenüber der im letzten Jahr evaluierten Box sind auch bei den Netzwerkfunktionen zu verzeichnen. Der USB-Port der 7170 ist nun Host-fähig und damit für den Anschluss von gemeinsam im LAN nutzbaren Druckern, Festplatten und USB-Speichersticks geeignet. Die rückwärtigen RJ45-Buchsen gestatten die direkte Verbindung von bis zu vier Ethernet-Geräten, die Daten mit 10 oder 100 Mbit/s übertragen. In vielen Fällen ist somit ein separater Hub nicht mehr erforderlich - zumal die 7170 einen Access Point zur Anbindung von WLAN-Geräten beherbergt. Dieser funkt standardkonform gemäß 802.11b/802.11g mit 11 beziehungsweise 54 Mbit/s. Das alternative 802.11g++, über das die Fritz Box verfügt, beruht dagegen auf einem proprietären 125-Mbit/s-Modus. Ein auf der Gehäuserückseite befindlicher Taster ermöglicht es, das Funknetzwerk direkt an der Box ein- und auszuschalten, ohne dafür einen PC und die Web-Konfiguration zu bemühen. Eine Leuchtdiode zeigt an, ob die WLAN-Funktion gerade aktiv ist.

WLAN-Sicherheitsautomatik

Im Vergleich zu vielen anderen Herstellern sind die Sicherheitseinstellungen für das WLAN vorbildlich. Wie von AVM gewohnt, ist die WEP-Verschlüsselung werksseitig aktiviert, so dass zumindest ein grundlegender Abhörschutz besteht. Ferner unterstützt die 7170 die WPA-Verschlüsselung sowie das besonders sichere WPA2, das nach dem Advanced Encryption Standard (AES) arbeitet.

Darüber hinaus hat AVM seinem Produkt eine auf den Namen "Stick&Surf" getaufte Konfigurationsautomatik spendiert. Diese entbindet den Anwender von der Notwendigkeit, die WLAN-Einrichtung auf einem Client über die "Drahtlosnetzwerkkonfiguration" von Windows XP manuell vorzunehmen und dort den WLAN-Schlüssel mühsam per Hand einzutippen. Vielmehr reicht es dank Stick&Surf aus, einen von AVM separat offerierten "Fritz WLAN USB Stick" in die rückseitige USB-Buchse der 7170 einzustecken. Ein paar Sekunden später sind die Konfigurationsdaten des Funknetzwerks auf den USB-WLAN-Adapter transferiert.

Nach der Verbindung des Sticks mit einem Windows XP-PC "lernt" dieser automatisch die Funknetzkonfiguration. Die auf dem Client laufende AVM-Software stellt daraufhin eine verschlüsselte Verbindung zum 7170 her. Leider hat Stick&Surf einen Schönheitsfehler: Dieses an sich recht praktische Verfahren zur automatischen und sicheren WLAN-Client-Konfiguration funktioniert nur zusammen mit dem AVM-Stick, nicht aber mit den WLAN-Adaptern anderer Hersteller. Besitzer von Notebooks mit eingebauter WLAN-Karte müssen deshalb auf diesen Komfort verzichten.

Anschlussfragen

Der Kommunikationsanschluss der 7170 präsentiert sich in ungewöhnlicher Form. Signale von DSL-Splitter, ISDN-NTBA oder analogem Telefonanschluss gelangen über einen einzigen, gemeinsamen RJ45-Stecker in die Box. Am anderen Ende weist das dazu erforderliche Spezialkabel eine Y-Verzweigung für DSL und Telefon auf. Wer bereits getrennte Kabel für beides fest verlegt hat, muss sich also mit separaten Steckeradaptern (Buchse-auf-Buchse) aus dem Zubehörhandel behelfen und quasi die Y-Enden des AVM-Spezialkabels mit seinen vorhandenen Kabeln verlängern.

Das DSL-Modem der 7170 kommt bereits mit ADSL2+ für den schnellen Internet-Zugang mit derzeit bis zu 16 Mbit/s zurecht. Im Gegensatz zu anderen Modellen der Fritz Box-Reihe ließ sich das DSL-Modem unseres 7170-Testgeräts aber nicht mehr abschalten. Anwender, die ein externes DSL-Modem für die Internet-Anbindung verwenden möchten (oder aus anbietertechnischen Gründen müssen), haben derzeit also schlechte Karten oder sind auf Tipps angewiesen, die in einschlägigen Internet-Foren kursieren. Der Hersteller plant zwar, diese Funk- tion per Firmware-Update nachzureichen, mochte auf Nachfrage jedoch nicht ausschließen, dass dies erst ab einer bestimmten Hardwareversion der Box und somit nicht bei allen bisherigen Käufern funktioniert. Weder in der aktuellen noch in der für diesen Test ebenfalls herangezogenen Betaversion der Firmware war diese Option zu finden.

Neue Firmware

Dafür wartet die Betafassung der neuen Firmware mit anderen Funktionen auf. Über FTP erlaubt die Box nun per Internet den Zugang auf einen an den USB-Port angeschlossenen Massenspeicher (wie Festplatte, USB-Stick), was sich zum schnellen Datenabruf und - austausch von unterwegs als hilfreich erweist. Die Port-Freigabe führt jetzt auch Einträge auf, die von UPnP (Universal Plug-and-Play) -Anwendungen freigeschaltet worden sind. Mehr Komfort gibt es bei der Internet-Telefonie: Mit der Schnellwahlfunktion erkennt die 7170 zuvor bereits angerufene und erfolgreich vermittelte Telefonnummern, was die Wartezeit von der Eingabe der letzten Ziffer bis zum Ertönen des Klingelsignals verkürzt. Generell präsentiert sich die Web-Oberfläche nach dem Aufspielen des Firmware-Updates mit einer moderneren Optik.

Besonders interessant in Verbindung mit der neuen Firmware ist die "Wireless Distribution System" (WDS) -Option, um die Abdeckung des Funknetzwerks mit weiteren WLAN-Access-Points zu vergrößern. Wahlweise agiert die 7170 dabei als Master für als Repeater arbeitende WLAN-Access-Points. Die Fritz Box lässt sich aber auch als Repeater-Slave betreiben. AVM-Angaben zufolge unterstützt die 7170 bei der WDS-Repeater-Anbindung auch den besonders sicheren WLAN-Verschlüsselungsstandard WPA2. Zudem beglückt die neue Firmware den Anwender mit einer offiziell von AVM unterstützten TAPI-Schnittstelle (Telephony Application Programming Interface). Diese reicht die Telefonnummern eingehender Anrufe per LAN/WLAN weiter und gestattet den im lokalen Netzwerk existierenden PCs das bequeme Wählen aus TAPI-konformen Anwendungen heraus.

Outlook-Integration

Zusätzlich schafft die TAPI-Unterstützung der neuen Firmware die Voraussetzung zum Faxen im LAN/WLAN über die 7170, ohne dafür die PCs im Netzwerk eigens mit analogen Faxmodems oder ISDN-Adaptern auszustatten. Die passende LAN-Fax-Client-Software "Fritz Fax for Fritz Box" steht auf der AVM-Website unter ftp.avm.de/fritz. box/tools/fax4box gebührenfrei zum Download bereit. Gemeinsam planen AVM und Microsoft, noch im Mai eine kostenlose TAPI-Zusatzsoftware nachzureichen, die den "Business Contact Manager" von Outlook 2003 um eine grundlegende CTI-Funktionalität (Computer Telephony Integration) ergänzt.

Fazit

Mit der Fritz Box Fon 7170 hat AVM ein überzeugendes Kommunikationspaket geschnürt, das sich ideal für kleinere Büros und Außenstellen eignet. Der- zeit gibt es keine andere Lösung, die eine derartige Funktions- vielfalt und Flexibilität zum Listenpreis von 249 Euro bietet. Einen positiven Eindruck hinterlässt auch die Produktpflege: Während sich manch anderer Hersteller in diesem Segement nicht gerade mit Ruhm bekleckert, zeigt AVM unter anderem mit seinem Firmware-Update, wie viel guter Kundenservice auch in Zeiten knapper Margen wert ist. (hi)