Dank guter Auftragslage

Freiberufler fordern höhere Honorare

02.09.2008
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Sie sind gefragt, und sie wissen es. Freiberufliche IT-Spezialisten verlangen durchschnittlich 71 Euro die Stunde, SAP-Berater mit Spezialwissen 110 Euro und mehr.

Die Nachfrage stimmt, also soll es auch der Preis tun. Seit drei Jahren schrauben selbständige IT-Profis ihre Honorarforderungen immer höher: von durchschnittlich 64 Euro im August 2004 auf mittlerweile 71 Euro. Das ergab eine aktuelle Auswertung des Projektportals Gulp, das die Stundensatzforderung von mehr als 65 000 Freiberuflern einbezog. Auffällig dabei: Es gibt immer weniger Freiberufler, die mit weniger als 70 Euro in der Stunde zufrieden sind. Zugleich setzen immer mehr IT-Spezialisten für sich einen Stundensatz von 110 Euro und mehr an. "Dazu gehören SAP-Berater mit Spezialwissen und entsprechender Erfahrung oder Projektleiter und -Manager", erläutert Stefan Symanek von Gulp. So sei das SAP-Modul Financial New GL sehr gefragt, darauf spezialisierte Berater würden hoch bezahlt.

Zurück zu alten Höhen: IT-Freiberufler werden wieder selbstbewusster und erhöhen ihre Preiswünsche.
Zurück zu alten Höhen: IT-Freiberufler werden wieder selbstbewusster und erhöhen ihre Preiswünsche.
Foto: Gulp

Aber auch die freien Softwareentwickler scheinen sich ihres Wertes neu bewusst zu sein. Laut Gulp forderten die Entwickler, die die größte Gruppe unter den Freiberuflern stellen, in den Jahren 2004 und 2005 konstant 60 Euro die Stunde. Dann erhöhten sie ihre Forderungen kontinuierlich, binnen der vergangenen sechs Monate sogar um drei Euro auf durchschnittlich 66 Euro. Damit nähern sie sich den IT-Trainern (68 Euro) an und vergrößern den Abstand zu den IT-Administratoren (56 Euro), die traditionell das Schlusslicht bilden. Am meisten können immer noch IT-Berater (75 Euro) und IT-Projektleiter (78 Euro) verlangen.

Projektanbieter bevorzugen ältere IT-Profis

Die Preisvorstellungen der Freiberufler sind jedoch nur die Basis für die Verhandlung mit den Projektanbietern, "die später tatsächlich vereinbarten Sätze variieren durchaus", sagt Symanek. Die Studie, die auch die Anfragen der Projektanbieter auswertet, zeigt, dass sich Freiberufler und Projektanbieter in ihren Preisvorstellungen annähern. Der Gulp-Manager: " Die Spanne wird immer geringer. Die Projektanbieter sind preisbewusst und kontaktieren nicht mehr so häufig teure Freiberufler, wie sie es früher getan haben." Dies gelte insbesondere dann, wenn die Relation zwischen Berufserfahrung und Preis nicht stimmt. So sind Projektanbieter nicht mehr bereit, Freiberuflern unter 30 Jahren und mit weniger als fünf Jahren Berufserfahrung Stundensätze von 60 Euro und mehr zu bezahlen. Dabei haben gerade die jüngeren Freiberufler zuletzt ihre Honorarwünsche deutlich erhöht: Die unter 30-Jährigen sehen sich bei durchschnittlich 58 Euro in der Stunde, was einem Plus von 3,6 Prozent im Vergleich zum Februar entspricht. Gleichzeitig richten sich immer weniger der Projektanfragen an junge Freiberufler, zwei Drittel der Angebote gehen an IT-Profis, die 40 Jahre und älter sind.

Kleine Preise im Osten

Außer Kenntnissen und Erfahrung entscheidet vor allem die Region über die Verdienstchancen eines Freiberuflers. Wer im Osten der Republik wohnt, muss sich mit wenig Projektanfragen und kleinen Preisen begnügen. In Leipzig und Dresden setzen selbständige IT-Profis durchschnittlich 63 Euro in der Stunde an, in Frankfurt am Main elf Euro mehr. Dazu Symanek: "München und Frankfurt am Main bleiben die Hochburgen. Hier sitzen die meisten Kunden und auch die meisten Freiberufler." Da die Projekte oft die Präsenz des Freiberuflers beim Kunden erfordern, sind diejenigen, die in der Nähe der Kunden wohnen, im Vorteil. Ausnahmen gibt es aber durchaus. Ein Spezialist für Embedded Systems könne auch ohne Vor-Ort-Einbindung in das Team zu Hause entwickeln. Noch mehr können sich Freiberufler bei den deutschsprachigen Nachbarn erhoffen: In Österreich liegt der durchschnittliche Stundensatz bei 73 Euro, in der Schweiz bei 86 Euro.