Franz Pixelbauer und seine Welt: Ohne Peilung in der Internet-Ökonomie?

09.03.2001

Franz Pixelbauer, Informatikstudent im vierten Semester, ist verwirrt. Noch vor wenigen Monaten war das Internet die Erfolgsstory schlechthin, und heute scheint nichts mehr davon übrig zu sein. War es das schon, oder hat die Internet-Ökonomie doch noch Zukunft? Soll er sich beruflich noch in diese Richtung orientieren? In seinem Job als Werkstudent in seiner Firma wurde er auch schon von älteren Kollegen nach der Zukunft der Internet-Ökonomie gefragt. Er sei doch auf der Uni, da habe man doch mehr Zeit, über solche Fragen nachzudenken.

Geplatzte Träume

Franz erinnert sich, dass vor einem halben Jahr in einem Seminar darüber diskutiert wurde, woran sich zukunftsträchtige Innovationen erkennen lassen: Ein Kommilitone vertrat damals vehement die Auffassung, dass aussichtsreiche Technikentwicklungen gute Börsenkursen nach sich zögen. Ein anderer meinte, man müsse nur die Bücher der amerikanischen Management-Gurus lesen, dann habe man jedenfalls für einige Zeit die richtige Peilung. Ein Dritter war davon überzeugt, dass man die Investitionspläne der großen globalen Unternehmen im Wirtschaftsteil der Zeitungen verfolgen müsse. Die internationalen Firmen könnten sich Fehlschläge nicht leisten und würden durch ihre Marktmacht auch die technologischen Entwicklungspfade bestimmen.

Orientierungslos im Web

Das mit der Orientierung durch gute Börsenkurse hat sich zwischenzeitlich wohl erledigt: Viele Hochgelobte sind tief gefallen. Den Management-Gurus steht Franz auch skeptisch gegenüber: "Die Autoren zeichnen doch nur auf den ersten Blick plausible, aber in der Alltagspraxis kaum umsetzbare Idealbilder." Überzeugender fand er das Argument mit den Investitionsplanungen globaler Firmen. Da sieht es mit der Internet-Ökonomie gar nicht so schlecht aus.

Die Alten wachen auf

In der Zeitung hat er gelesen, dass Siemens zwei Milliarden Mark in eine Internet-Initiative investieren will. So möchte der Konzern elektronische Marktplätze aufbauen, das Internet zum Vertrieb und zur Pflege der Kundenbeziehungen nutzen und alle DV-Anwendungen mit dem Internet verknüpfen. Insgesamt verspreche man sich davon bis zu fünf Prozent Einsparungen auf den Gesamtumsatz. Offensichtlich kann zumindest bei den globalen Unternehmen vom Tod der Internet-Ökonomie durchaus nicht die Rede sein. Vielmehr scheinen jetzt die großen unbeweglichen Tanker die Technologie zu nutzen, um transparenter und schneller in ihren Abläufen zu werden und Leute an Bord zu bringen.

Das ist die eine Schiene. Eine zweite findet Franz noch aufregender: In der Uni gibt es eine Gruppe von Internet-Freaks, die sich fragen, ob das Netz nicht das Potenzial hat, so manche Regeln der Marktwirtschaft auszuhebeln. Beispielsweise Napster, das ja bislang den freien Austausch von Musikstücken ermöglichte.

Tauschen als höchstes Glück

Auch wenn Napster-Kunden nach dem jüngsten Gerichtsurteil keinen Zugang mehr zu urheberrechtlich geschütztem Material haben dürfen, glauben die Internet-Freaks nicht ans Ende der Tauschbörsen: "Danach kommen Bearshare oder Gnutella oder wie sie sonst heißen werden." Entscheidend sei doch, dass sich durch das Internet das alte Prinzip der Tauschwirtschaft in Windeseile weltweit ausbreiten könne. Mithilfe moderner Software fragen Menschen im Netz nicht nur nach, sondern bieten selbst etwas an. Diese Peer-to-peer-Revolution, manche übersetzen das mit Tausch von Kumpel zu Kumpel, bedeutet kostenloses Herunterladen von CDs, Software, bald auch von Filmen und elektronischen Büchern. Manche sprechen auch von globaler Raubwirtschaft, weil auf diese Weise Urheberrechte ausgehebelt und keine Steuern bezahlt werden.

Franz glaubt, dass das Internet uns noch lange und intensiv beschäftigen wird. Wenn auch vielleicht anders als bisher gedacht. Er meint auch, man müsste im Studium mehr über Innovationen und Strategien lernen und wie sich das Internet auf Beruf, Arbeit und Wirtschaft auswirkt. Solches Wissen über Innovationen und Technikfolgen könnte einem über manche unvorhersehbaren Entwicklungen, über Moden und so manchen Aktien-Crash hinweghelfen.