Franz Pixelbauer und seine Welt: Die PC-Geschenkaktion oder wenn Mitarbeiter zu Kunden werden

23.03.2001

Franz Pixelbauer, Informatikstudent im vierten Semester, hat in der Zeitung gelesen, dass der Automobilhersteller Ford allen Mitarbeitern einen Computer schenkt. Das ist eine tolle Idee. Endlich überlegt ein großes Unternehmen und handelt. Dies ist auch toll für die Kinder der Beschäftigten. Auf diese Weise haben auch Kinder von Eltern etwas davon, die sich sonst keinen PC leisten könnten.

Nah am MitarbeiterFranz spricht mittags in der Mensa mit Max über die Aktion. Der hat von anderen großen Firmen gehört, die Ähnliches vorhaben. Sie erhoffen sich von dieser Aktion einige Vorteile. Sie wollen dadurch eine engere Bindung zu den Mitarbeitern herstellen. Auch lernen die Mitarbeiter in ihrer Freizeit besser mit dem Computer umzugehen. Das entlastet die betriebliche Weiterbildung. Alles in allem haben ja beide etwas davon, die Firma und die Mitarbeiter.

Am Nachmittag im Proseminar sind sie zufällig wieder auf dieses Thema gekommen. Eigentlich ging es um Internet-Portale. Eine Studentin hatte die Notiz über die Ford-Aktion ebenfalls gelesen. Sie meinte, das Argument mit der Mitarbeiterbindung sei Quatsch, Ford wolle abbauen, die Mitarbeiter hätten Angst um ihren Arbeitsplatz. Da brauche man doch keine Geschenke zu verteilen.

HomeworkingEs wurde heftig diskutiert, das Seminar nahm zunächst einen völlig ungeplanten Verlauf. Einig war man sich, dass die Mitarbeiter und ihre Kinder etwas von Gratis-PC haben. Das war aber auch schon alles. Max kam mit dem Argument, die Firmen bereiteten auf diese Weise Telearbeit vor. So hofften sie, die teuren Büromieten und Büroausstattung in Zukunft einzusparen. Das ist für Ford nicht ganz so überzeugend, denn hier geht es ja vor allem um Produktionsarbeiter, die in der Montagehalle stehen. Für Banken und andere Büros mag das seine Berechtigung haben.

Einkauf nach LadenschlussSchließlich kam die Diskussion doch noch auf das angesetzte Thema Internet-Portale zurück. Das Wort Portal ist mittlerweile zu einem Schlagwort geworden. Fast jedes Unternehmen ist dabei, ein Portal aufzubauen. Gemeint ist damit, dass die Firma sich nicht nur auf einer Website präsentiert, sondern dass die Kunden durch dieses Portal in das Unternehmen virtuell eintreten, dann stöbern, navigieren, sich schnell zu Hause fühlen und kaufen können, was angeboten wird.

Es wird viel dafür getan, dass in solchen Portals ein Wohlgefühl entsteht, so werden so genannte Communities eingerichtet, wo sich Gemeinschaften bilden und regelmäßig treffen sollen. Dafür gibt es auch schon einen neuen Beruf, den Community-Manager. Er ist quasi der DJ im Internet, er betreut Chats, veranstaltet Gewinnspiele und versorgt die Gemeinde mit Neuigkeiten.

Rückfluss des GeldesMax kam schließlich auf die Idee, eine Verbindung zwischen der PC-Geschenkaktion und Internet-Portalen herzustellen. Er meinte, das mit den Internet-Portalen sei doch eine riesige Chance für Ford. Die zigtausend Ford-Mitarbeiter dürfe man schließlich nicht nur als Beschäftigte sehen, sondern auch als Konsumenten und Verbraucher, die das verdiente Geld wieder ausgeben wollen. Wenn Ford die PCs verschenkt und seine Mitarbeiter zugleich ans eigene Portal binden kann, so könne ein guter Teil der Löhne der Mitarbeiter als Konsumausgaben wieder zurückfließen. Schließlich ist Ford heute schon eine Organisation, die aus vielen funktionierenden Gemeinschaften besteht.

Natürlich setzt das voraus, dass Ford mit anderen Handelsunternehmen und Herstellern Provisionsabsprachen trifft und Links zu ihnen setzt. In Zukunft vermittelt Ford dann seinen Mitarbeitern auch den Jahresurlaub nach Teneriffa. Ein Teil der Provision kann ja auch den Beschäftigten wieder zugute kommen. In jedem Fall ist eine derartige PC-Geschenkaktion eine gute Chance, ein solches Internet-Portal erfolgreich aufzubauen.

Franz Pixelbauer wundert sich, welche Wende die Diskussion um die PC-Aktion genommen hat. Vieles erscheint ihm plausibel. Wenn das mit den Portalen aber so ist, wie Max vermutet, und viele große Firmen in ihren Mitarbeitern auch ihre potenziellen Konsumenten sehen, dann würde sich ja die Einzelhandelsstruktur völlig verändern. Nicht nur die preiswerten Aldi-Computer würden darunter leiden. Die großen Handelsketten müssten sich wie der kleine Händler an der Ecke warm anziehen.

Franz Pixelbauers Alter Ego

Arno Rolf arbeitet als Informatikprofessor an der Universität Hamburg. Seine Schwerpunkte sind Wirtschafts- und Umweltinformatik sowie Technikfolgenbewertung. Seine Erfahrungen und Erlebnisse mit den Studenten und seinen beiden Söhnen, die im Alter der Internet-Generation sind, hat er in der Kunstfigur des Franz Pixelbauer gebündelt. Dieser ist zwar begeistert von seinem Informatikstudium, stellt sich aber immer wieder Fragen, die über eine rein technische Sicht der Dinge hinausgehen. Alle zwei Wochen kann der Leser Franz Pixelbauer auf seinen Gedankengängen begleiten.