Franz C. Bürger Mitarbeiter im Bereich Marketing der Datev eG, Nürnberg, wechselt demnächst in das Benutzerservice-Zentrum eines großen deutschen Chemieunternehmens. Kommunikations-Service - künftig eine Pflichtübung Den Problemen bei der Anwendung von H

15.09.1988

Franz C. Bürger

Mitarbeiter im Bereich Marketing der Datev eG, Nürnberg, wechselt demnächst in das Benutzerservice-Zentrum eines großen deutschen Chemieunternehmens.

Kommunikations-Service - künftig eine Pflichtübung

Den Problemen bei der Anwendung von Hard- und Software im Zuge einer verteilten Datenverarbeitung in größeren Unternehmen und Organisationen wird mit dem sogenannten "Benutzer- oder Anwender-Service" begegnet. Dies ist eine notwendige Einrichtung, wurde doch schon vor einiger Zeit erkannt, daß es mit der Entwicklung und Implementierung von Applikationen bei weitem nicht getan ist. Dem DV-Service-Komplex, wie immer man ihn speziell auch nennen will, wird in Zukunft eine noch entscheidendere Rolle zukommen müssen.

Im Bereich der Systemware haben sich mittlerweile professionelle Dienstleister neben den Hardware-Herstellern etabliert, die mit dem abscheulichen Namen "Third-Party-Maintenance (TPM)" tituliert werden. An und für sich nichts Neues; so hat es schon lange Handwerksunternehmen gegeben, die auch/nur die Waschmaschinen anderer Hersteller reparierten, gegen Cash natür]ich. So läßt sich selbst IBM mittlerweile herab, die Großrechner anderer (mit eigennützlichen Hintergedanken wahrscheinlich) zu warten (vgl. COMPUTERWOCHE Nr.33 vom 12.8.88, S.1).

"End-User-Service" im Unternehmen oder für Kunden (User-Maintenance also) liegt bislang weitgehend im Bereich der ersten beiden "Parties", den Vertragspartnern Käufer/Anwender und Verkäufer/Hersteller von Hard- und Software, den Schulungsbereich zu einem Teil mal ausgenommen. So muß es auch bleiben, kennen doch Dritte die Besonderheiten und Probleme betrieblicher Einsatz- und Anwendungsformen kaum, auch pflegt man ja in größeren Unternehmen Lösungen selbst zu stricken, zu denen eben auch der Service gehört.

Nicht nur begrifflich kommt man dabei mit "End-User" fragend ins Stocken. User oder Anwender, Be-/Abnutzer vielleicht auch, ist ja begrifflich weitgehend verständlich. Man kann sich als solcher durchaus zeigen, weiß man doch aus längst vergangener Zeit: Gibt es diese Anwender von Hard- und Software nicht (der Bedarf), gäbe es auch die anzuwendenden Produkte nicht (Ausnahmen bestätigen die Regel). Aber das "End" stößt auf. Man steht demzufolge, als doch offensichtlich wichtige Person, am Ende, wo immer das sein mag. Wer will das?

Wenn ich IBM-Text4 anwende, bin ich nun das Ende, ein Fall für den End-User-Service, der mir dann zunächst beibringt, daß man das Gerät vor Anwendung tunlichst einzuschalten hat und erklärt, wie man Textbausteine anlegt? Oder gibt es da noch was anderes? Wie zum Beispiel steht es mit der elektronischen Kommunikation in lokalen und vor allem öffentlichen Netzen? Hier ist jeder User am Ende und auch nicht - es gibt streng genommen kein Ende. Ein Begriff, der ohnehin nichts taugt, verliert zunehmend seine Bedeutung. Nochmal: Ist nun die Besatzung eines Krankenwagens End-User oder Third-Party-Maintenance der Firma Porsche? Die Frage ist nicht leicht zu klären.

Kehren wir von unglücklichen Begriffen zum unternehmerischen Alltag zurück, es lauern auch hier Gefahren. System-Wartung wirkt in den Rechenzentren und somit in Nischen der DV-Abteilungen. User-Maintenance oder das Aufrichten der am Boden zerstörten Vormals-User zu wieder End-Usern ist ein schwieriges Unterfangen, das sich ebenfalls in den unternehmerischen DV-Abteilungen abspielt oder abspielen sollte (teilweise ist es ihnen schon in die Fachabteilungen entglitten). Man hat es als DV-Verant-wortlicher wahrhaft nicht leicht: Wartung wo man hinblickt.

Benutzer-Service, als Begriff zwar zumindest halbdeutsch, ist aber genauso wenig aussagekräftig wie das X-Party-Maintenance-Gerede, jedoch von der Zielsetzung her genauso wichtig, wie der Krankenwagen im oben genannten Beispiel, wer wollte das leugnen. Dieser DV-Service wird in naher Zukunft noch durch eine zusätzliche und äußerst wichtige Komponente angereichert werden müssen, dem Informations- und Kommunikations-Management (oder -Service).

Die Implikation dieses Begriffes ist wichtig, das heißt zum Beispiel allgemein: die Lösung der Probleme mit Hard- und Software beim Einsatz dieser Güter als betriebliches Informations-, Steuerungs- und Verarbeitungsinstrument.

Schon alleine daraus wächst heute eine Pyramide an komplexen Aufgaben die ad hoc aus einer Bezeichnung wie "Benutzer-Service" noch gar nicht erkennbar sind. Der erste Bestandteil dieser End-User-Troika, das Informationsinstrument, macht uns servicemäßig zu schaffen und wird es in naher Zukunft mit zunehmender Vehemenz tun. Beherzte End-User sind da verlangt und nicht minder problemlösungskompetente Benutzer-Servants.

Konzeptionell ist ja ISDN ein guter Gedanke - wer kann heute schon etwas gegen Integration haben. Auch ist ein verfügbarer Zuwachs an neuen Mitteln zur Kommunikation und Informationsgewinnung am Arbeitsplatz durchhaus wünscheswert. Das Problem mit ISDN bis zu den 90er Jahren werden nicht die derzeit nur vereinzelt verfügbaren Endgeräte (das wird der Markt schon lösen), sondern wiederum der servicegestreßte End-User sein. Eine Kommunikations-Dose liefert alles! Gleichsam ein Geländewagen, der Porsche jagen kann und mit dem man auch mal die Donau überqueren kann. Was mach ich nur, will ich von München nach Frankfurt? Nehm ich den Kanal, fahre ich off-road durch den Spessart oder jage ich bis Würzburg Porsches? Ein Desaster, warlich.

Welchen Dienst nehme ich denn aus der Steckdose, dem ISDN-Bus, will ich zum Beispiel meiner externen Partner eine Nachricht zukommen lassen? Soll es bitteschön per Telefax gehen, klopfe ich die Nachricht in Teletex oder Btx, sende ich per Telex in die Welt

oder soll ich den Datex-P-Knoten etwa belasten? "Gelber" Brief ohnehin "Nein Danke"! Kommunikations-Service will ich diesen DV-Teilbereich mal nennen.

Da scheint eine Szenarientechnik, wie sie zum Beispiel von der Unternehmensberatung Arthur D. Litlle in Wiesbaden angeboten wird für die präludiale Auseinandersetzung mir ISDN vernünftig. Man kann dies natürlich auch selbst machen. Von Bedeutung ist für Unternehmen fast jeder Größe die analystiche und möglichst baldige Bestellung der ISDN-Felder durch die Umsetzung der richtigen Anwendungsformen des integrierenden Netzangebots der Deutschen Bundespost, aber nicht aller möglichen. Am wichtigsten scheinen mir die Bereiche Bürokommunikation im Hause und die Rechner-Rechner-Kommunikation beziehungsweise Inter-Network-Communication über die öffentliche Infrastruktur ISDN zu sein (sobald sie mal existiert, Flächendeckung!).

Neben dem Leistungsgewinn von ISDN (Digitalisierung als Grundlage) ist vor allem die Diensteintegration zu einem potentiellen Dienst-Pool innerhalb eines einzigen Netzes für die Verarbeitung und gezielte Nutzung von internen und externen Mehwertdiensten (VANS) eine anzunehmende Herausforderung. Der jüngst oftmals gehegte und publizierte Traum von umfangreich multifunktionalen ISDN-Endgeräten, die von Teletex/Telefax über Telefon zu Datenübertragung alles abdecken, ist die theoretische Darlegung von technischen Möglichkeiten, die zudem noch keineswegs ausgereift sind (zum Beispiel ständige (Druck-)Bereitschaft bei Textkommunikation). Es ist ja oftmals schon schwer, nur einen Dienst organisatorich effizient eizusetzen. Um bei der Auto-Allegorie zu bleiben: Ein für mehrere Autos auwechselbares Nummernschild ist durchaus wünschenswert, doch kann es im Alltag zu Entscheidungskonflikten führen. Tendenziell benutzt man das Vehikel, woran es (das Nummernschild) hängt und läuft dadurch Gefahr, verkehrt transportiert zu werden, das Ziel nicht oder nicht zur rechten Zeit, vielleicht auch unpassend zu erreichen.

Der sogenannte End-User von DV-Lösungen will und braucht zum Status quo Verbesserungen in den Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten, aber keinen großen Suppentopf, aus dem er alleine auswählen kann und muß. Gerade mit ISDN wird eine Differenzierung und gezielte Anwendungsberatung beim Einsatz von Kommunikationsdiensten durch ein Service-Zentrum dringend notwendig. Das ökonomische Prizip sollte auch in der zukünftigen "Quer-Beet-Kommunikation" Gültigkeit haben: Time is money but some time can be more money.