Vom Tintenfaß zum Computer:

Frankreichs Schulen setzen auf Mikros

24.05.1985

PARIS (CW) - Mit computergestützter Aus- und Weiterbildung will das französische Kultusministerium das Bildungswesen durch neue Techniken ergänzen. Dieses aufwendige Programm erstreckt sich über Grund- und Mittelschulen bis zu allgemeinbildenden und fachbezogenen Lehreinrichtungen. Ziel ist das gesamte Bildungssystem zu erfassen.

Der wirtschaftliche Aspekt dieses Vorhabens, das 1981 anlief, ist nach Angaben des Französischen Informationszentrums für Industrie und Technik (FIZIT) in Frankfurt/Main nicht zu unterschätzen. Immerhin sehe dieses Programm bis 1988 den Kauf von 100 000 Mikrocomputern vor. Mit ihnen sollen die Grund- und weiterbildenden Schulen ausgestattet werden.

Die ersten Aufträge wurden bereits an Firmen wie Bull, Matra, Logabax, Leanord, SMT-Goupil und Thomson erteilt.

Von der Angebotspalette marktgängiger Rechner konzentrierten sich die Verantwortlichen des französischen Kultusministeriums auf zwei Computertypen: den Homecomputer, der über einen RAM-Speicher von 20 KB verfügt und mit einem ROM-Speicher-gekoppelten, grafikfähigen Display versehen ist. Diese kleinen Maschinen, deren Anschaffungskosten sich auf 5000 bis 7000 Francs belaufen, werden von Thomson und Matra geliefert. Favorisiert wird weiter der Mikrocomputer zwischen 30 000 und 40 000 Francs, etwa der Goupil III von SMT oder der Micral 90-20 von Bull. Ihre Speicherkapazität reicht von 64 bis 256 KB RAM. Dazu kommt ein grafikfähiges Terminal mit zwei 3?-Zoll-Diskettenlaufwerken.

Bis Ende dieses Jahres will das französische Kultusministerium 10 000 Homecomputer und 12 000 Mikrocomputer erwerben. Die Einkaufszahlen des vergangenen Jahres beliefen sich auf 3000 und 8000 Geräte. Das entsprechende Anschaffungsbudget für das Jahr 1984 betrug rund 259 Millionen Francs.

Seit 1981 bezogen die Verantwortlichen im Kultusministerium auch die Ausbildung der Lehrkräfte in ihre Überlegungen ein. Um diesem Problem Herr zu werden, wurden vergangenes Jahr 200 Millionen Francs zur Verfügung gestellt. Die Ausbildung wird in eigens dafür ins Leben gerufenen Zentren unter Mithilfe der Universitäten durchgeführt. Bisher gibt es 25 dieser Ausbildungszentren. Der Lehrkörper setzt sich aus einem diplomierten Informatiker und mehreren Pädagogen zusammen.

An diesen auf freiwilliger Basis ausgelegten Fortbildungslehrgängen nehmen Lehrkräfte - etwa 30 je Kurs - aus Grund-, weiterführenden und verschiedensten Fachschulen teil. Während der Dauer des Kurses beziehen sie ihr volles Gehalt und werden vom Unterricht freigestellt. Das Ziel der Lehrgänge besteht darin, den Teilnehmern umfassende Kenntnisse im Erstellen von Programmen und eine Fertigkeit im Umgang mit Hard- und Softwareprodukten zu vermitteln. Nach Absolvierung dieser Spezialkurse bilden sie ein Team, das seinerseits die erworbenen Kenntnisse an weitere freiwillige Lehrkräfte von mit Computern ausgestatteten Bildungsanstalten weitergibt.

Die Entscheidung, welche Schulen mit Computern ausgerüstet werden liegt beim Rektorat der verschiedenen Schulaufsichtsbezirke.

Der 100 Unterrichtsstunden umfassende Fortbildungslehrgang erstreckt sich auf ein ganzes Schuljahr, wobei sowohl Unterrichtseinheiten als auch Freizeit geopfert werden. Im Schnitt melden sich etwa 40 Lehrer für die Teilnahme an diesen Kursen an. Jedes Jahr werden somit 20 000 Lehrkräfte im Umgang mit Computern ausgebildet.

Bis 1988 sollen 100 000 Lehrer gute Informatikkenntnisse erworben haben.