Public-Cloud-Anbieter in Deutschland

Frankfurt - Hochburg der Cloud-Rechenzentren

11.08.2015
Von 


René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.

Public-Cloud-Provider & ihre Rechenzentren

Ein Blick auf die derzeit wichtigsten Public-Cloud-Anbieter für den deutschen und europäischen Markt zeigt, dass sich bereits die Hälfte für Frankfurt als Rechenzentrumsstandort entschieden hat. Dass sich ein deutsches Rechenzentrum auszahlt, zeigt insbesondere Amazon Web Services (AWS). Die Cloud-Region in Frankfurt (bestehend aus zwei Rechenzentren), die AWS im Oktober 2014 eröffnet hat, ist nach Angaben von Geschäftsführer Martin Geier die international am schnellsten wachsende AWS Region aller Zeiten. Weiterhin lässt sich festhalten, dass die deutsche AWS-Region den deutschen Cloud-Markt beflügelt hat. Auf der einen Seite begrüßen AWS-Kunden die Möglichkeit, ihre Daten physisch im eigenen Land zu speichern. Auf der anderen Seite helfen die Anstrengungen von Amazon Web Services ebenfalls lokalen Anbietern wie ProfitBricks, die davon indirekt - aber spürbar - in Form eines konstanten Kundenzuwaches profitieren.

• Als stärkster Verfolger der Amazon Web Services hat es Microsoft bisher immer noch nicht geschafft, mit einem Rechenzentrum nach Deutschland zu kommen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund unverständlich, dass Microsoft seit vielen Jahren auf dem deutschen Markt präsent ist und die Bedenken und Anforderungen deutscher Unternehmenskunden kennen müsste. Microsofts Anstrengungen in der Cloud sind groß und zeigen eine klare Linie. Allerdings wird Microsoft seine deutschen Kunden nur mit einem lokalen Rechenzentrum endgültig überzeugen und damit deren Anforderungen bedienen können. Gerüchten zufolge wird Microsoft im zweiten Quartal Pläne für ein Rechenzentrum in Deutschland verwirklichen. Eine Strategie könnte dann darin bestehen mit einem großen lokalen Partner zu arbeiten, wie es auch Salesforce mit T-Systems praktiziert. Derzeit setzt Microsoft auf Technologie-Partnerschaften (Cloud OS Partner Networks) mit lokalen Managed-Services-Providern, die anhand von Azure Pack eigene Azure-basierte Cloud-Umgebungen aufbauen.

• Im Rahmen der CeBIT hat VMware die GA (General Availability) seines deutschen Rechenzentrums offiziell vorgestellt. Die Vorzeichen stehen prinzipiell gut für den Anbieter. Zum einen ist auf der Anwenderseite ein Großteil der On-Premise-Infrastrukturen mit VMware-Technologien virtualisiert. Zum anderen suchen Kunden Mittel und Wege, um ihre bestehenden Workloads (Anwendungen, Systeme) ohne großen Aufwand und Anpassungen auf eine Cloud-Umgebung zu migrieren. Allerdings, auch wenn VMwares eigenes Public-Cloud-Angebot sich auf standardisierte Workloads konzentriert, begibt sich das Unternehmen damit in direkten Wettbewerb zu seinen zahlreichen Partnern (Cloud-Hoster, Managed-Services-Provider), die Angebote auf Basis von VMware-Technologien aufgebaut haben.

Public-Cloud-Anbieter und ihre Rechenzentren in Deutschland und Europa in der Übersicht.
Public-Cloud-Anbieter und ihre Rechenzentren in Deutschland und Europa in der Übersicht.
Foto: Crisp Research AG

• Der amerikanische Anbieter Digital Ocean ist seit April 2015 mit einem eigenen Rechenzentrum in Deutschland (Frankfurt) vor Ort. Digital Ocean ist als ein Nischenanbieter zu betrachten und konzentriert sich auf Entwickler und weniger auf Unternehmenskunden. Außerdem: wenn Digital Ocean ernsthaft gegen Amazon Web Services in den Ring steigen will, sollte das Unternehmen anfangen seinen Kunden mehr zu bieten als nur langweilige SSD-Cloud-Server und ein paar Applikationen.

Rackspace ist noch nicht mit einem lokalen Rechenzentrum auf dem deutschen Markt vertreten, weitet sein Geschäft jedoch weiter auf den DACH-Markt aus, wobei Deutschland ein strategisch wichtiger Markt ist. Ein lokales Rechenzentrum sollte das Commitment unterstreichen. Als Managed-Cloud-Services-Provider könnte Rackspace gute Karten haben, da der Großteil der deutschen Unternehmen sich mit Managed-Cloud-Services beschäftigt.

• Aufgrund der Partnerschaft mit T-Systems wird sich Salesforce voraussichtlich in Frankfurt niederlassen. Das Rechenzentrum ist für August 2015 angekündigt.

• Aktuell ist von Google kein deutsches Rechenzentrum zu erwarten. Das spricht für Googles Grundeinstellung, sich überwiegend auf sich zu konzentrieren und die Regeln bestimmen zu wollen, anstatt auf die Bedürfnisse, Anforderungen und Sorgen seiner Kunden einzugehen. Das spiegelt sich ebenfalls im Google-Cloud-Platform-Portfolio wider. Anforderungen von Unternehmenskunden werden von Google bisher nicht berücksichtigt.

Managed Service Provider in Public-Cloud-Umgebung

Ferner ist zu beobachten, dass der Kosten- und Innovationsdruck der Public-Cloud-Anbieter auf deutsche Managed Service Provider mit eigenen Rechenzentren stetig zunimmt. Das veranlasst die Anbieter dazu, ihre Strategie zu ändern und zu einem Managed Services Provider auf Public-Cloud-Umgebungen zu werden, um dort Infrastrukturen zu betreiben. Das bedeutet, dass sie die Applikationen und Systeme ihrer Kunden auf Cloud-Infrastrukturen wie denen von AWS betreiben. Nur bestimmte, kritische Workloads verbleiben in den eigenen Rechenzentren.

In Deutschland - aber auch Europa - ist Frankfurt am Main im Hinblick auf die Dichte an Rechenzentren sowie die Anbindung an die zentralen Internetknoten führend. Die kontinuierliche Verlagerung von Daten und Applikationen auf die Cloud-Infrastrukturen externer Provider hat Frankfurt zu einer Hochburg des Cloud Computing in Europa werden lassen. Strategische Investitionen von Colocation-Anbietern wie Equinix und Interxion in den Standort unterstreichen dessen Bedeutung.

Nachdem das Who-is-Who der relevanten Public-Cloud-Anbieter seinen Platz in Frankfurt gefunden hat, sieht Crisp Research einen wichtigen Trend darin, dass immer mehr internationale Anbieter in den kommenden zwei bis drei Jahren ihre Public-Cloud-Plattformen in Frankfurt aufbauen beziehungsweise weiter ausbauen werden. (fm)