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France Télécom schnappt sich Global One

27.01.2000
Deutsche Telekom zieht den Kürzeren

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die France Télécom wird das internationale Telecom-Joint-Venture Global One komplett übernehmen und die Anteile seiner Partner - Deutsche Telekom und Sprint - aufkaufen. Außerdem wollen die Franzosen die aufgehäuften Schulden übernehmen. Damit scheitert die vor drei Jahren gegründete Partnerschaft, die mit großen Ambitionen ins weltweite Sprach- und Datennetzgeschäft gestartet war. Das stets defizitäre Gemeinschaftsunternehmen war einst auf einen Marktwert von zehn Milliarden Dollar geschätzt worden.

Als der US-Konzern MCI Worldcom im vergangenen Jahr die Übernahme von Sprint bekannt gab, war klar, dass sich der Carrier langfristig aus Global One zurückziehen würde, um kartellrechtlichen Schwierigkeiten zu entgehen. Da das Verhältnis zwischen der France Télécom und der Deutschen Telekom seit letztem Jahr getrübt ist, schien ein Fortbestehen des Gemeinschaftsprojekts unmöglich. Die Vereinbarung sihet vor, dass die Franzosen sämtliche Global-One-Anteile von Sprint und der Deutschen Telekom zu einem Preis von insgesamt 3,88 Milliarden Dollar übernehmen. Einschließlich der Verbindlichkeiten, die France Télécom ebenfalls aufgehalst bekommt, liegt der Gesamtwert des Deals bei 5,39 Milliarden Dollar. Der Deutschen Telekom fließen aus dem handel 2,76 Milliarden Dollar zu.

Die ehemaligen Partner sind darin übereingekommen, ihren Kunden für mindestens noch zwei Jahre Global-One-Dienste anzubieten. Zudem werden sich die Deutschen und Franzosen aus dem Aufsichtsrat von Sprint zurückziehen, wenn dessen Aktionäre der Übernahme durch MCI Worldcom zustimmen sollten.

Damit trennen sich die Wege der einstigen Partner France Télécom und Deutsche Telekom. Das Verhältnis zwischen den beiden Unternehmen war bereits seit langem belastet. Der deutsche Ex-Monopolist verprellte den französischen Freund im vergangenen Jahr durch seinen versuchten Alleingang bei der Übernahme der Telecom Italia. Die Franzosen bemängelten, sie seien zu spät von den Akquisitionsplänen der Deutschen informiert worden und forderten Schadensersatzzahlungen (CW Infonet berichtete). Da die Carrier derzeit noch jeweils mit zwei Prozent aneinander beteiligt sind, wurde der Alleingang von Ron Sommer von seinem französischen Kollegen Michel Bon als Verrat empfunden. Auch das Wind-Konsortium, an dem die Deutschen zusammen mit der France Télécom und dem italienischen Energiebetreiber Enel beteiligt sind, zeigte sich verschnupft und forderte Schadensersatz (CW Infonet berichtete).

Mit der Aufgabe des Global-One-Konsortiums gehen die Ex-Partner nun sehr deutlich auf Distanz zueinander. Die Franzosen können sich mit der alleinigen Kontrolle von Global One, nun zu einem bedeutenden europäischen Carrier und zu einem Mitspieler im weltweiten TK-Markt mausern. Frankreich wird sich jedoch weiter nach einem Engagement im deutschen Markt umsehen müssen, da unlängst die versuchte Übernahme von E-Plus scheiterte. Buchstäblich in letzter Minute durchkreuzten der US-Carrier Bellsouth und die holländische KPN die schon unter Dach und Fach geglaubte Akquisition und schnappte der France Télécom den deutschen Mobilfunkanbieter vor der Nase weg (CW Infonet berichtete).

Die Deutsche Telekom zieht sich aus dem Global-One-Desaster mit einem finanziellen Trostpflaster zurück. Sie erhält nicht nur Geld für ihren Anteil, sondern wird zudem ihre zehnprozentige Minderheitsbeteiligung an Sprint und ihren Zwei-Prozent-Anteil an der France Télécom veräußern. Auch der Börsengang der Internet-Einheit T-Online wird im April weiteres Geld in die Kassen des Ex-Monopolisten spülen. Telekom-Chef Ron Sommer erklärte breits, die 2,76 Milliarden Dollar aus dem Verkauf der Beteiligung an Global One soll in die internationale Expansion gesteckt werden. Vermutet wird nun, dass die Telekom für das Internet-Geschäft von Sprint mitbieten könnte, das der US-Carrier voraussichtlich aufgrund der Fusion mit MCI Worldcom verkaufen muss. Des weiteren könnten sich die Deutschen für eine Übernahme der britischen Cable & Wireless Plc. interessieren. Weitere Spekulationen ranken sich um globale Netzanbieter wie Equant oder Global Crossing. Mit diesen Carriern könnten die Deutschen das Loch im internationalen Netz stopfen.