Forscherglück

18.04.1980

Glück muß man schon haben, wenn man die Weissagungen der berufsmäßigen DV-Prognostiker richtig deuten will; besser ist es allerdings - und in vielen Unternehmen längst üblich -, einen festangestellten Prognosen-Interpreter mit der Auslegung der jeweils "neuesten Untersuchung" zu betrauen. CW meldete letzte Woche (Seite 1), der Markt der westeuropäischen Software- und Servicebranche werde 1983 den US-amerikanischen vom Volumen her eingeholt haben. Quelle: Ein Bericht der Londoner Quantum Science Corporation, verfaßt für die European Computer - Services Association (ECSA) und erhältlich bei ihrem Mitgliedsverband VDRZ (Verband Deutscher Rechenzentren).

CW meldet in dieser Ausgabe (Seite 2), im Jahre 1982 werde der US-Markt für Standardsoftware den dreifachen Umfang des westeuropäischen erreicht haben. Quelle: Die Eurocast-Studie "Software and Services Western Europe 1978-1982" der International Data Corporation (IDC), München.

Rund 130 "Organisationen", führend am europäischen Services- und Softwaremarkt, hat IDC angeblich befragt, dazu über 200 "Anwenderorganisationen oder -gruppen". Danach, berichtet IDC, wurde gewichtet, verglichen - mit den USA - und in die Zukunft projiziert.

Über die Arbeitsweise von Quantum Sciences vermerkt Auftraggeber Horst Görtz, ECSA- und VDRZ-Vorstandsmitglied sowie Geschäftsführer des Frankfurter Rhein-Main-Rechenzentrums, die Marktforscher hätten einen wesentlichen Teil der Studie "aus ihrer Datenbank beigesteuert", und diese werde "gefüllt aus allem möglichen": Quantum spreche mit allen Mitgliedern der Branche, mit Behörden, Banken und der Industrie ebenso wie mit Service-Anbietern und Hardware-Herstellern.

Unterschiede in der Vorgehensweise kann, wer will, zwischen Quantum und IDC ausmachen. Der Wahrheit näher kommt der, der die Freiheit des "Report-Designs", der Abgrenzung und Definition von Begriffen und Märkten ins Kalkül zieht. Es ist das Berufsrisiko der Prognostiker, Abnehmer für ihre Zukunftsvisionen zu finden. Und wer als Marktteilnehmer besser über das Bescheid wissen will, was kommt, um damit der Konkurrenz voraus zu sein, muß jede Prognose aus seriösem Hause zunächst einmal ernst nehmen. Forscherglück.