4 Problemfelder

Forresters Abgesang auf die bimodale IT

29.04.2016
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Forrester empfiehlt keinen zweigleisigen, sondern einen ganzheitlichen Ansatz. Die IT müsse ein homogenes Team bilden, das in einer - möglichst hohen - Geschwindigkeit agiere und den Kunden in den Mittelpunkt seiner Bemühungen stelle. Wichtig dabei sei eine strategische Business-Technologie-Agenda, die laufend mit CEO und Vorstand abgestimmt und von dort mitgetragen werde. Laut Forrester gehört dazu, dass sich auch die Topentscheider selbst mit Technologie beschäftigen. Philips etwa habe ein Digital Accelerator Lab eröffnet, wo sich Executives Prototypen ansehen und ausprobieren könnten.

Die Business-Verantwortlichen, so die Analysten, müssen die Verantwortung übernehmen. Die Zeiten, in denen Fachabteilungen ihre Anforderungen über den Zaun werfen und die IT sechs Monate daran arbeiten lassen konnten, seien endgültig vorbei. Das Business müsse die E-Commerce-, Field-Service- oder auch Produktentwicklungsmannschaften führen. Es gehe darum, Kundenanforderungen und -feedback kontinuierlich in die Produkt- und Service-Entwicklung einfließen zu lassen. Gleichzeitig müssten die Produktverantwortlichen modulare Architekturen implementieren, die eine kontinuierliche und iterative Entwicklung von Produkten und Services ermöglichten.

Kompromisslos kundenzentrischer Ansatz

Der Hebel, um vom traditionellen Ansatz wegzukommen und die digitale Herausforderung anzunehmen ist den Analysten zufolge ein kompromissloser Fokus auf den Kunden, im B2B- wie im B2C-Geschäft. Wie lassen sich kontinuierlich Werte für ihn erzeugen? Empfohlen wird eine Design-Thinking-Methode, die die Customer Journey des Kunden und auch ethnografische Details aus dem Customer Research mit agilen und DevOps-Konzepten verbindet.

Außerdem sollten Unternehmen "Insights-driven" sein, sich also um Analytics bemühen und möglichst alles über ihre Kunden erfahren wollen. Forrester nennt das Beispiel des Versicherungskonzerns USAA, der über Sensoren und Apps an 579 Touchpoints Signale vom Kunden auffange und auswerte, um ihm individualisierte Produkte anbieten zu können. Immer mehr ­Unternehmen schaffen zu diesem Zweck Analytics- und Data-Science-Organisationen innerhalb ihrer Fachbereiche und Abteilungen.

Supply-Chains neu organisieren

Auch müssen die Unternehmen schneller werden, wollen sie ihre von Amazon, eBay und anderen Online-Retailern verwöhnten Kunden nicht verlieren. Gleichzeitig sei es wichtig, eine durchgängige Multichannel- Erfahrung zu bieten, weshalb die operativen Supply-Chain-Systeme und -Prozesse, etwa Auftragsbearbeitung und Bestandsführung, oftmals neu organisiert werden müssten.

Es gehe um mehr Geschwindigkeit über alle Systeme und Menschen hinweg - dazu sei eine radikale Vereinfachung notwendig. Für den GE-Konzern führte diese Anforderung dazu, dass der Konzern seine traditionellen Anwendungen zu 90 Prozent in ein SaaS-Modell überführte, um die Komplexität zu reduzieren und schneller zu werden. Von jüngeren Unternehmen wie Netflix ist bekannt, dass sie ihr ganzes Geschäftsmodell auf Public-Cloud-Kapazitäten von Amazon aufgebaut haben.

Wertschöpfung entsteht künftig in Netzwerken

Ein letzter wichtiger Punkt ist die Offenheit der IT. Die Digitalisierung führt dazu, dass traditionelle Wertschöpfungsquellen versiegen, sich aber gleichzeitig neue Chancen durch Partnerschaften mit anderen Unternehmen auftun. So entstehen neue "Ecosystems of value", wie Forrester meint. Um solche Partnerschaften schnell und systematisch eingehen zu können, helfe eine Cloud-first-Strategie und eine API-basierende Integration. Die IT-Architektur müsse einerseits aus locker verknüpften Bauteilen bestehen, andererseits müssten sich diese eng an die Systeme und Geschäftsprozesse von Partnern mit anderen IT-Landschaften andocken lassen.