Mobile Devices/Arvika: Blick in die Zukunft der Wearable Computer

Forcierte Forschung und Entwicklung

08.09.2000
MÜNCHEN (CW) - Einen Blick in die Zukunft der industriellen Anwendungen wagt das Projekt Arvika, das seit gut einem Jahr unter Federführung von Siemens läuft und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

Wearable Computer sind kleine, leichte Rechner, die körpernah, beispielsweise am Gürtel getragen werden. Mit neuen Einsatzbereichen beschäftigt sich das Arvika-Konsortium; außerdem entwickelt es solche "Rechenzwerge". Das Konsortium setzt sich zusammen aus

- Unternehmen der Automobil- und Flugzeugindustrie (Daimler-Chrysler, VW, Audi und Ford),

- Gesellschaften des Maschinen- und Anlagenbaus (DS Technologie, Gühring, Hüller-Hille, Index-Werke und Ex-Cell-O),

- Systemintegratoren (Deutsche Telekom, Quali Sys, UID und VR Com) und

- Forschungseinrichtungen (Fraunhofer-Institut für graphische DV, Zentrum für graphische Datenverarbeitung, Technische Universität München, Werkzeugmaschinenlabor und Institut für Arbeitswissenschaften der RWTH Aachen).

AR-Technologien erlauben, durch visuelle Überlagerung realer Objekte mit rechnergenerierten virtuellen Objekten situationsgerecht in realen Arbeitsumgebungen zu agieren. Voraussetzung für die industrielle Augmentierung ist, dass der Techniker die Hände frei hat und sofort Montage- oder Wartungsarbeiten durchführen kann. Informationen gibt er nicht, wie herkömmlich, mit Eingabehilfen wie Maus, Tastatur oder Stift ein, sondern über die normale Sprache. Ziel des Projektes ist die Unterstützung von Arbeitsprozessen in Entwicklung, Produktion und Service.

Problematisch ist derzeit noch die Umsetzung der erforderlichen hohen Rechenleistung in den Wearable Computer, vor allem zu einem annehmbaren Preis. Da man im Entwicklungsbereich der Automobil- oder Flugzeugbranche ohnehin von einer Million Mark Entwicklungskosten pro Tag ausgeht und der Preis für die kleinen Rechenkünstler deshalb nur eine untergeordnete Rolle spielt, liegt das größere Problem in der Fertigung und im Service. Hier sind mehrere 100000 Monteure, Techniker und Serviceverantwortliche mit entsprechendem Equipment auszustatten. Der Preis für die handlichen Rechner darf daher die Größenordnung von 10000 Mark nicht überschreiten.

Techniker mussten vom Nutzen überzeugt werdenIm ersten Projektjahr von Arvika standen Gespräche mit potenziellen künftigen Endanwendern auf der Tagesordnung. "Die größte Schwierigkeit bestand darin, die Möglichkeiten dieser Technologie den tatsächlichen Nutzern wie Monteuren, Servicetechnikern und Wartungsingenieuren nahe zu bringen", erläutert Wolfgang Friedrich, der dem Konsortium vorsteht. "Mit Software-Mock-ups, das sind digitale Modelle von Maschinen oder deren Komponenten, haben wir versucht, die Techniker für unser Projekt zu begeistern." Bei den Demos trägt der Techniker eine Datenbrille und sieht zum Beispiel eine Werkzeugmaschine auf einer Leinwand. Über die integrierte Kamera wird die Maschine identifiziert. Gibt der Techniker dann über die Sprache das Kommando "Spindel wechseln" ein, erhält er die zu diesem Spindeltyp passenden Hinweise in sein Sichtfeld eingeblendet.

Die Informationen dazu liegen irgendwo im WWW, am besten beim Hersteller der Maschine. Alle Anwender können praktisch von überall her auf die topaktuellen Daten zugreifen. Montagehinweise und Serviceanleitungen in Papierform werden damit weitgehend überflüssig.

Ziel ist, möglichst wenig Software auf dem Wearable Computer abzulegen und die Hauptlast auf Servern zu belassen. Unabdingbar sind allerdings Bildverarbeitung, Spracherkennung und Tracking.