DV-Verträge aus der Praxis für die Praxis

Folge 43

31.08.1979

Von Dr. Cristoph Zahrnt Rechtsanwalt Neckargemünd

Beschreibung des gewünschten Produkts: Daß der Kunde seine Anforderungen niederzulegen hat, versteht sich in fast allen Fällen von selbst. Soweit der Anstoß zur Beschaffung von der betrieblichen Seite her kommt, liegt häufig ein (detailliertes) Pflichtenheft vor. Soweit der Anstoß zur Beschaffung vom Markt her kommt, sollte der Kunde zumindest eine Kurzbeschreibung seiner Anforderungen erstellen und zwar in einer Form, die er auch den Anbietern aushändigen kann. Er kann sich desselben Formblattes für die Kurzbeschreibung bedienen, wie es E DIN 66230 für den Anbieter vorsieht.

Der Kunde sollte in seiner Kurzbeschreibung auch die gewünschten Nebenleistungen und seine Wünsche zu den wichtigsten Vertragsbedingungen aufführen.

Marktdurchleuchtung: Es gab und gibt verschiedene Versuche, Standards für Kurzbeschreibungen zu schaffen, damit der Kunde schnell entscheiden kann, ob das Produkt überhaupt für ihn in Betracht kommt. Faktischer Standard ist heute das Muster des ISIS-Software-Reports. E DIN 66230 (Januar I 979) enthält als Anlage B ein Formblatt für die Kurzbeschreibung ("Programmkenndaten").

Die Vorauswahl soll diejenigen Angebote ausscheiden, die mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht in Betracht kommen

- wegen technischer Hindernisse (Bedarf an Betriebsmitteln),

- wegen Nichterfüllung wesentlicher Anwendungsanforderungen.

Die Vorauswahl kann zusammen mit der Marktdurchleuchtung durchgeführt werden. Der Informationsgehalt der Kurzbeschreibungen sollt danach ausgeschöpft sein.

Grobauswahl: Die Produkte werden auf der Stufe von Informationsbroschüren bewertet.

Innerhalb der Grobauswahl stellt sich die gern behandelte Frage des "Selbermachens" oder "Kaufens" (Make or buy). Das Selbermachen sollte als eigenes Angebot behandelt und mit den anderen verglichen werden. Dabei ergeben sich Schwierigkeiten hinsichtlich der Vergleichsmaßstäbe (vorhandenes, sofort lieferbares Programm zu festem Preis gegen geplantes Programm mit oft unsicherer Kalkulation ).

Bei der Feinauswahl werden zusätzlich allgemeine Teile der Programmdokumentation ausgewertet. In geeigneten Fällen werden Testinstallationen durchgeführt. Dies kann aber auch nach vorläufigem Vertragsschluß erfolgen. Es geht um einen detaillierten Vergleich der Anwenderforderungen mit dem Produkt.

Der Kunde sollte die Vertragsverhandlungen in dieser Phase führen, um dies aus einer Position der Stärke tun zu können (Rabatt bei Mehrfachnutzung!). Wenn nur noch wenige Produkte zur Auswahl stehen, kann diese Phase auch damit beginnen, die wichtigsten Vertragspunkte festzulegen. Schließlich sind solche Fragen wesentlicher Teil der Leistung (zum Beispiel Gewährleistung, Pflege) und sollten mitbewertet werden.

Anzupassende Programme

Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei Programmen, die vom AN auf die anwendungsbezogenen Anforderungen des Kunden hin individualisiert werden müssen. Der Ausdruck

soll darauf hinweisen, daß es um eine solche Ausrichtung eines Programms an die Kundenanforderungen geht, die in ihm bereits angelegt ist (generalisiertes Programm). Der AN liefert hier Branchware. Dieser kundenindividuelle Leistungsanteil (Erfassen der Anforderungen, Individualisieren, Unterstützung bei der Einsatzvorbereitung, Schulung) kann leicht teurer werden als der Preis für die Überlassung des generalisierten Programms, insbesondere wenn doch noch Programmierung notwendig ist.

Der Beschaffungsprozeß sollte hier nach der Grobauswahl in den Beschaffungsprozeß für zu erstellende Programme übergehen (siehe 1. Teil II).

Wenn bei solchen Leistungen oft von Anpassen der Standardprogramme die Rede ist, so weist das darauf hin, daß häufig Programmieren nötig ist (Ändern/Ergänzen).

Anmerkungen zum Muster

Das Muster geht von den BVB für die Überlassung von DV-Programmen aus (siehe dazu auch unter II. 3. am Anfang). Es sieht wie diese zwei Ausgestaltungen der Installationsphase vor:

(a) Von vornherein wird ein verbindlicher Vertrag geschlossen. Der Kunde unterzieht die Leistung einer Abnahmeprüfung. Ist sie erfolgreich, muß er das Programm behalten (und wird das in der Regel auch wollen); ist sie es nicht, kann der Kunde zurücktreten. Diese Ausgestaltung eignet sich für solche Fälle, in denen der AN erhebliche Vorleistungen erbringen muß, die er bei deren Ordnungsmöglichkeit bezahlt haben will. In den Vertragsbedingungen ist das in ° 8 a geregelt. Die LB wird in der Regel umfangreich sein.

(b) Das Programm wird für eine Testinstallation überlassen. Hier wird ein Vertrag von vornherein geschlossen, um die Pflichten beider Seiten für die Testinstallation festzulegen (zum Beispiel die Pflicht des Kunden zur Programmsicherung). Der Kunde kann nach Belieben den Vertrag nach Ende der Laufzeit fortsetzen oder ihn beenden. Im ersten Fall läuft der Vertrag dann ganz normal weiter.