Informationsanalyse statt Organisations -Strukturuntersuchung

Folge 18

06.03.1981

Die Grundsätze des operativen Berichtswesens

Das Berichtswesen soll ein zuverlässiges Instrument der Unternehmens- oder Verwaltungsleitung sein. Es ist daher führungsorientiert aufzubauen. Die Berichte dienen zur Kontrolle der Regelung von Verwaltungsprozessen, auch wenn diese Produktionen steuern und von deren Ergebnissen wesentlich bestimmt werden. Angaben über den Zielerreichungsgrad sind sicherlich nützlich. Das trifft insbesondere für Plan-/Ist-Vergleiche zu.

Das Berichtswesen soll den Benutzer in seinen Aufgabenerfüllungen unterstützen und ist auf die Aufgaben und Funktionen der Benutzer auszurichten. Grundsätzlich sollten diejenigen Stellen, die die Informationen zuerst verläßlich erfassen, auch die Meldefunktion übernehmen. Falls mehrere Berichtswege eingeschlagen werden, ist zur Vermeidung von unabgestimmten Mehrfachinformationen

zum gleichen Sachverhalt die Informationskonkurrenz zu klären. Hierbei wird man diejenige Quelle für die Weitergabe bevorzugen, die aktuell und verläßlich ist.

Berichte und Rapporte in eigener Sache sollten nicht der Apologie dienen. Weitschweifige Texte, die fremdes Fehlverhalten anprangern und eigenes entschuldigen, sind als Führungsinformation ungeeignet, allein schon aus Gründen der dabei oft vermißten Möglichkeit zur Verdichtung auf logische Entscheidungen. Wesentlich für den Wert, den eine Information für das Entscheidungsverhalten des Empfängers hat, ist der zugrunde liegende Vergleichsmaßstab. Das sollte für alle operativen Berichte gelten. (Bei sensiblen Personalinformationen sind dagegen - außer in Tarif- und Arbeitszeitfragen - Vergleiche zu unterlassen.) Der einmal gewählte Vergleichsmaßstab (zum Beispiel Vorperioden, Planziffern und ähnliches) sollte nicht ohne Not aufgegeben werden; das heißt keine Planänderungen, um das Ergebnis optisch aufzubessern. Das berührt die Forderung nach der Transparenz des Berichtswesens. Ein Rückgriff auf die Basisdaten muß stets möglich sein! Nur so können eventuelle Störgrößen erkannt und auf Beeinflußbarkeit durch die Verantwortlichen geprüft werden.

Die Verständlichkeit der Berichte hat Vorrang vor der Standardisierung, die oft zu Lasten der Übersicht geht. Soweit es dem Zweck und der Aktualität dient und der Bericht zur Routine werden soll, ist die Standardisierung anzustreben. Ist dagegen die Verständlichkeit nicht gewährleistet, kann eine ungeübte Kraft das Fachchinesisch kaum in ein Formblatt übertragen. Die Standardisierung darf außerdem nicht zu einer Starrheit des Berichtswesens führen; denn es muß sich erstens stets veränderten Aufgabenstellungen anpassen und zweitens auf moderne Ablaufverfahren der Informationsverarbeitung umstellungsfähig sein. Die Komplexität der Mehrebenen-Berichterstattung ist außerordentlich schwer allgemein aufzulösen, denn neue Verfahren gehen zu Lasten der Verständlichkeit oder der Gewohnheit.

Buchhaltungs- und Kostenrechnungs-Komplexe erfordern sehr viel Fachverstand und ganze Kommissionen für eine DV-Anpassung. Für die Betriebswirte und Buchhalter mag die erzwungene Aktualität zu Lasten der eigenen Beweglichkeit noch angängig sein. Für die Benutzer ist die Mechanisierung formalisierter Routineberichte oft nur scheinbar ein Gewinn an Transparenz. So wurde zum Beispiel mit einem "Ruhrkohle-einheitlichen Ablaufsystem" ein "999-Zeilen-Betriebsabrechnungsbogen" geschaffen. Daraus wurde ein "65-Zeilen-BAB" extrahiert und manuell von der Kostenstelle noch einmal 13 bis 19 Zeilen, zur besseren Übersicht. Wo den Verwaltungsstellen anfangs die gewaltigen Rechenwerke vorgelegt worden sind, tauchten prompt die Fragen nach der ungewollten Selektion auf. Demgegenüber stand der Wunsch nach der totalen Information, die für den einzelnen Verantwortlichen unnütz und überfordernd ausfallen mußte. Kleine Berichte genügen in der Regel der Forderung nach weitestgehender Verständlichkeit eher als komplexe Großberichte.

Im Rechnungswesen wird es immer Schwierigkeiten mit Abgrenzungsposten geben. Die unteren operativen Ebenen sind mit deren Offenlegung glatt überfordert. Die tiefsinnigen Unterschiede zwischen den buchmäßigen und kalkulatorischen Ergebnissen/Abschreibungen, Kosten wie Zinsen sind für die Leute vor Ort bis zu ihrer Werksleitung uninteressant und fesseln lediglich die Abgrenzungsstrategen in der Führungsebene des Konzerns. Die Vorstandsmitglieder im Konzern erhielten eine "Führungsinformationsmappe" mit über 10 000Zahlen, zusätzlich dazu "Bereichsmappen" mit 380 Seiten und 30 000 Zahlen. Solch ein Zahlenangebot überfordert offensichtlich die Empfänger, auch wenn sich bei ihnen beim Lesen inzwischen eine gewisse Routine eingestellt haben mag. Ohne Substanzverlust konnte in diesem Falle das Gesamtvolumen um zirka 60 Prozent reduziert werden; auch ohne eine Inforimationsanalyse, die aber wahrscheinlich durch gezieltere Reduktion weitere Einsparungen erbracht hätte.